Auf fremdem Land - Roman
Küche, um den Köchen zu sagen, sie könnten das Essen zubereiten. Die Köche waren nicht da, und die Küche war abgesperrt. Der Kommandeur und die Soldaten gingen zum Quartier der Köche, klopften an die Türen, fingen an zu rufen, schrien, bettelten um Essen. Die Köche, die rauchend in ein Backgammonspiel vertieft waren, lachten.
»Zu spät«, sagten sie. »Keiner geht um diese Zeit noch in die Küche. Ihr seid nicht rechtzeitig gekommen, euer Problem.« Sie waren nicht einmal bereit, den Schlüssel herauszurücken. Der zuständige Stabsfeldwebel befand sich nicht im Lager, er war nach Be’er Scheva gefahren, um sich zu amüsieren.
»Vergesst es«, sagte einer von ihnen.
»Das wird euch lehren, euch nicht zu verlaufen«, sagte ein Zweiter.
»So ist das eben in der Rekrutenzeit«, sagte der Erste, und alle brachen in schallendes Gelächter aus und spielten weiter. Der Kommandeur, ungeduldig und hungrig, wie er war, packte den ersten Koch und versuchte, ihn mit Gewalt am Hemdkragen hinauszuzerren. Die übrigen Köche stürzten sich auf den Kommandeur, prügelten auf ihn ein, warfen ihn zu Boden und traten ihn in die Rippen, und einer von ihnen versetzte ihm sogar einen Fausthieb auf den Kopf. Gabi und der zweite Soldat sahen am Rand zu und wagten nicht, sich einzumischen. Gabi war hungrig und müde. An diesem ganzen langen Tag hatte er nur eine Kampfration gegessen, und die hatte er sich mit zwei weiteren Soldaten geteilt.
Der Kommandeur kam mit Mühe auf die Beine und versprach den Köchen, das würde sie ihren Kopf kosten, doch das beunruhigte sie nicht weiter. Er und die Soldaten kehrten mit den schlechten Nachrichten zur Kompanie zurück, teilten die übrig gebliebenen Kampfrationen unter den Soldaten auf und entließen sie zum Duschen und Schlafen mit dem Versprechen auf gutes Essen am nächsten Tag.
Nach der Dusche, nach dem widerlichen Pressfleisch aus der Ration, nachdem sich mein Bauch ein paar Mal im Kreis gedreht hatte, vergegenwärtige ich mir wieder die Tritte, die der Kommandeur abgekriegt hatte, auch wenn ich ihn nicht besonders mochte, aber die Köche waren Tiere, und sie hatten nicht recht, sie waren keine Menschen, einfach keine Menschen. Dieser ganze beschissene Tag kreiselte mir beim Duschen im Kopf herum, die Kampfration und die Sonne und der schwachsinnige Marsch mit den verschissenen Landkarten, und als wir schon fertig waren und im Bus saßen, wieder zurück und die Blödmänner suchen, die sich verlaufen hatten, und weiter warten und weiter gehen, wie Tiere. Keine Menschen. Ich konnte nicht schlafen. Es war schon zwei, ich machte den Spind von Misch’ali auf und holte die Schockgranaten heraus, die er, wie ich wusste, noch aus Gaza aufgehoben hatte, um sie mit nach Hause zu nehmen, glatte, große Granaten, braun-violett wie Auberginen. Misch’ali hatte noch mehr, aber ich nahm bloß zwei und kehrte zum Wohncontainer der Köche zurück. Ich wusste, wo der erste Koch schlief, denn ich hatte es vorher gesehen. Keine Menschen. Es war ganz still, nur rhythmisch sägendes Schnarchen aus einem der Zimmer. Ich erkannte das Zimmer und zog leise eine große, schwere Holzbank heran, um die Tür damit zu verbarrikadieren. Dann ging ich außen herum, fand das Fenster, und es gelang mir, es zu bewegen und zu öffnen. Ich entfernte die Sicherungen der zwei Granaten und blockierte den Mechanismus mit der Hand. Dann streckte ich beide Hände ins Innere des Raums, ließ die Granaten los, machte das Fenster zu und schoss wie der Blitz in mein warmes Bett, wobei ich auf dem Weg die gewaltige Detonation hörte, die den ganzen Wohncontainer erschütterte. Mit einem Lächeln im Gesicht fiel ich in den Schlaf.
Diesmal waren es wenigstens Feinde, die verletzt wurden, und nicht er selbst, so wie es mit dem Tränengas passiert war. Die furchterregende Explosion schreckte die Köche in die Höhe, machte sie taub, jagte ihnen Angst ein, löste den Schließmuskel bei einem von ihnen und den Blasenverschluss bei seinem Kameraden. In ihrer Panik gelang es ihnen nicht, aus dem Zimmer zu flüchten, bis ihre etwas weniger verstörten Nachbarn die Bank beseitigten, die die Tür blockierte. Sie wurden in die Notaufnahme des Soroka-Krankenhauses nach Be’er Scheva zur Behandlung des Schocks und des Ohrensausens geschickt. Abgesehen von den physischen Beschädigungen kehrten sie auch noch gedemütigt zurück. Darauf war Gabi stolz; er hatte Wiedergutmachung geübt. Seine Kompaniekameraden – die Untersuchung und
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