Auf fremdem Land - Roman
Töchtern Gittit und Debora wandern. »Moment mal«, sagte er ins Telefon, »was habt ihr denn also heute beschlossen?«
»Die vierte Möglichkeit auszuschließen«, erklärte Dov, »nämlich nichts zu tun, zu warten und zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln, und zu hoffen, dass wir eine nachträgliche Genehmigung für den Erschließungsplan der Siedlung erhalten, der mit Sicherheit schon seit einigen Monaten daliegt. Vielleicht würde gerade dieses Timing eine Gelegenheit dafür schaffen, ihn durchzubringen. Und wenn er durchgehen würde, würden wir eine Unterlassungsverfügung auf Grundlage der Genehmigung ausstellen. Capisce? «
»Verstanden«, antwortete Otniel und lächelte seinen Töchtern zu.
»Also diese Möglichkeit – keine Position zu beziehen – haben wir heute Morgen ausgeschlossen.«
»Ich bin aber schon dafür, Zeit zu schinden«, mischte sich Chilik ein und näherte seinen Mund Otniels Telefon. »Normalerweise funktioniert das. In zwei Jahren wird der Flächendemarkationsbefehl das Papier nicht mehr wert sein, auf dem er geschrieben wurde. Genau genommen in weniger als zwei Jahren.« Er blickte auf seine alte, elfenbeinfarbene Analoguhr, die neben der Drei ein kleines Kästchen mit dem ausländischen Datum aufwies, übersetzte es im Kopf in das hebräische und rechnete: »Ein Jahr und neun Monate, ungefähr.«
»Auf alle Fälle«, war Dovs Stimme wieder zu vernehmen, »müsst ihr sofort Bescheid geben, wenn sich die Planierraupen dort irgendwie bewegen, dann schicken wir Tausende von den Gusch Emunim, um sie zu stoppen. Ich werde auch versuchen, den Sicherheitsminister zu erwischen. Ich habe vorher mit Malka, seinem Assistenten für Siedlungsangelegenheiten, gesprochen. Ach ja, das erinnert mich an was. Sag mal, woher weiß eigentlich der Sicherheitsminister schon, dass ihr eine neue Familie in die Siedlung geholt habt?«
Otniel beeilte sich, den Lautsprecher auszuschalten, und entfernte sich diskret von dem Grüppchen, während er irritiert seinen Bart streichelte. »Was?«, sagte er leise ins Telefon.
»Malka hat gesagt, sie wissen, dass eine neue Familie eingetroffen ist. Nicht mal ich hab’s gewusst. Wann war das?«
»Ich glaub’s nicht. Gestern sind sie erst eingezogen, und die Entscheidung haben wir gerade mal vergangene Woche getroffen. Bist du sicher, dass er das gesagt hat?«
»Nu, es stimmt ja, oder? Jemand hat es ihnen erzählt. Tut mir einen Gefallen, versucht ein bisschen weniger offenherzig mit diesen Dingen umzugehen, auch Malka hat das gesagt. Es dient nicht euren Interessen.«
»Klar, aber sicher«, erwiderte Otniel, während in seinem Kopf die Gedanken schwirrten. »Wir werden das untersuchen.« Er drehte sich zu den Anwesenden um. »Kommt, Leute, gehen wir nachschauen, ob die Soldaten dort was wissen.«
»Äh … Otni, ich bitte darum, dass ihr hierbleibt.« Das war die weiche, aber etwas helle Stimme Jonis. »Ich habe Befehl erhalten, dass ihr euch nicht den Baggern nähern dürft …«
»Das geht in Ordnung.« Abgesehen davon, dass Otniel Asis der älteste und am längsten ansässige Mensch in Ma’aleh Chermesch 3 war, hatte er auch eine tiefe, autoritäre Stimme und einen durchdringenden Blick, gegen den man schwer ankam. Ganz sicher nicht Joni, sogar mitsamt seiner Ray-Ban. »Wir gehen nur ein bisschen spazieren. Das dürfen wir.«
»Ich bitte darum, dass ihr nicht geht«, insistierte Joni mit einem Mut, der bewunderungswürdig war. Die Siedler gingen weiter.
»Ich muss mit meinem Bauunternehmer reden, mit Kamal«, behauptete Chilik. Er sollte in den nächsten Tagen eine Containerhälfte erhalten, um sein Haus vor der bevorstehenden Geburt seiner Tochter zu einer »Caravilla« zu erweitern. Otniel hatte ihn zu überreden versucht, einen jüdischen Bauleiter und jüdische Arbeiter zu finden, doch er selbst war nicht bereit, auf Gabi zu verzichten. Jüdische Arbeiter und Bauunternehmer von außerhalb zu holen war teuer, also hatte Chilik mit Kamal aus Charmisch ausgemacht, dass er zwei Arbeiter, auf der Stelle und für fast null Geld, mitbringen würde, ohne Versicherung, Rentenansprüche, Transportkosten und die ganzen restlichen Sperenzchen der jüdischen Arbeiter.
Otniel gab nicht auf. Während sie ausschritten, sagte er zu Chilik: »Du musst den jungen Leuten ein Beispiel geben.«
»Ich hab’s versucht, Otni, glaub mir«, antwortete Chilik, »aber welche Alternative habe ich?«
Wie andere am Hügel und den umliegenden Siedlungen füllte Chilik ab und
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