Auf fremdem Land - Roman
hast meine beiden Töchter auf die Welt gebracht, Zaddika, wo musst du hin?« Sie antwortete ihm: »Nach Ma’aleh Chermesch 3.« Worauf er sagte: »Kein Problem, glückliches Gelingen.« Und er brachte sie direkt zum Haus von Nir und Scha’ulit.
»Wunderbar, eine sehr schoine Öffnung. Alles geht good voran. Wie wunderbar. Here, ein Lockenkopf, haha, eine Maksima, fantastic, sie oder er?«
»Er«, bestätigte Nir. Nach zwei phantastischen Töchtern war das ihr erster Sohn, wie sie vom Ultraschall wussten.
»Ein Maksim, mit Gottes Hilfe.«
»Gepriesen sei sein Name«, murmelte der aufgeregte Nir.
»Nir, my dear, bitte heißes Wasser her, nicht kochend, aber eine angenehme Tempratura, ja? Vielen Dank. Erst letzte Woche war ich in dem großen Ma’aleh Chermesch dort, es ist wunderbar zurückzukommen. Jetzt kommt gleich eine Wehe. Ja, mit der Wehe pressen, in sie hineinatmen, du bist great, Scha’ulit, die dritte Geburt, wie nichts, du hast alles in control, du brauchst mich nicht. Nir, ein Lappen, my dear. Ein Tropfele Wasser, sweetheart?«
Auch Tchelet, ihre zweite Tochter, die zweieinhalb Jahre alt war, hatte Schifra hier am Hügel mit auf die Welt gebracht. Amalia, die erstgeborene, die fast fünf war, war im Krankenhaus in Jerusalem, im Hadassa, geboren, bevor sie hierhergezogen waren. Ups. Stromausfall. Scha’ulit stieß ein entsetztes Wimmern aus. »Alles okay, my dear. Das macht nichts. Wir sind anyway fast fertig. Ich denke, bei der nächsten Wehe ist er schon raus, here, here, da kommt der Kopf, here.« Nir versuchte sich zu erinnern, wer Wache hatte, aufgeregt und schwitzend drückte er das Namensverzeichnis in seinem Mobiltelefon durch, wem könnte er eine SMS schicken? Wer war wach? Auf einmal kehrte der Strom zurück, anscheinend hatte der Wachposten es bemerkt und den Generator wieder in Betrieb gesetzt – »und here kommt er, here kommt er!« Schifra schwieg einen Augenblick tief bewegt zu Scha’ulits letztem Schmerzensschrei und betete zum Herrn, gelobt sei sein Name – und der Herr tat den Hebammen Gutes, und das Volk mehrte sich – und dann sagte sie mit ruhiger Stimme: »Das ist das schoinste Baby, das ich in mein Leben geseihn hab, dem Herrn sei Dank für seine Geschenke.« Scha’ulit hielt ihre Hand, und sie umarmte sie, küsste sie auf die Stirn, und dann legte sie den runzligen, dunkelrosa Säugling auf den Leib seiner keuchenden Mutter, und der stumme Nir dachte, das kam so langsam und doch so schnell, und schon bin ich dreifacher Vater.
Und die Sonne stieg auf über Moab und Edom, und das Land ward von goldenem Licht erfüllt, und ein neuer Tag brach an auf dem Hügel.
Scha’ulits Mutter, Witwe des Terroropfers, blieb im Haus, um auf die Großen aufzupassen, und Nir fuhr mit Scha’ulit und dem Säugling in die Stadt, wo sie das Neugeborene im Krankenhaus registrieren lassen wollten. Sie fuhren langsam in ihrem blauen Subaru dahin, wurden mit einem strahlend weißen Lächeln und Glückwünschen von Joni gegrüßt, und nachdem sie von Ma’aleh Chermesch auf die Hauptstraße hinausgefahren waren, sagte Scha’ulit: »Oi, ich hab vergessen, Mama zu sagen, wo die Windeln sind.« Nir fuhr mit der Hand in die Hosentasche, doch das Mobiltelefon war nicht da. Vor der Straßensperre entwickelte sich ein Stau, der besonders zähflüssig schien. Der Druck stieg: Scha’ulit wollte mit ihrer Mutter sprechen, Nir hätte sich gerne mit jemandem über die Verkehrslage beraten, das acht Stunden alte Baby mit ihnen im Auto, und sie ohne Mobiltelefon.
»Macht nichts«, sagte Scha’ulit und bat ihn, die »Live-Stimme« im Radio einzuschalten. Die Gespräche, die dort gesendet wurden, beruhigten sie und besänftigten die permanente Angst, die sich wegen des fehlenden Mobiltelefons verstärkt hatte. Endlich waren sie bis an die Sperre vorgerückt. Alte Palästinenser warfen Blicke auf das Baby. Schwangere arabische Frauen lächelten. Nir und Scha’ulit gaben ein verlegenes Lächeln zurück. Der Radiosender verstummte und ertönte von Neuem, ein süßlicher Geruch verbreitete sich im Auto. »Oi, ich hab ganz vergessen, dass das Kacki am Anfang schwarz ist«, lächelte Scha’ulit, wie es angesichts eines Bündels aus Gliedern und Knochen, das schwarzen Stuhl ausscheidet, nur eine Mutter fertigbringt.
Die Anwesenheit der Hebamme Schifra bei der Geburt stellte die Behörden nicht zufrieden. Da sie dem Gesundheitsministerium nicht bekannt und bei der Geburt kein Arzt präsent gewesen war, mussten
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