Auf fremdem Land - Roman
Cashewnüsse. Aber wo sollte er das herkriegen? Wie konnte man so leben?
Die Zweifel
Abend senkte sich über den Hügel. Autos fuhren am Torposten des Stützpunkts vorbei, die Fahrer kehrten von ihrem Routinetag zurück, Studieren, Lehren und städtischer Baumarkt, winkten dem lächelnden Joni grüßend zu, parkten neben ihren Häusern und holten die Tüten hinten heraus. Der Wind verstärkte sich, während das Licht abnahm, in perfekter Übereinstimmung. Zu dieser Jahreszeit konnte der Wind ein echter, vehementer Quälgeist sein – rüttelte an den Wohnwagen, an den Schaukeln im Mamelstein-Spielgarten, an der Donald-Duck-Wippe in Gabis Hof, fauchte unter den Böden hindurch, durch die nicht mehr vorhandenen Fenster des ausgeschlachteten Peugeots 104, ließ das Kreisverkehrsschild neben der Synagoge wackeln, die Plastikfolien des Pilzgewächshauses von Otniel knattern, trug das einsame, zornige Gebell von Beilin und Kondi und das Weinen der hungrigen oder müden Babys mit sich. Der Wind ließ Ronis Haut erschauern, der mitten in dem Telefongespräch im T-Shirt aus dem Haus gegangen war, und fing sich in Gittits schönem Haar. Er wehte Sandkörner und Staub auf, erzeugte kleine Wirbel in der Ferne und verschob Wolken am Himmel, führte bisweilen ein paar nasse Zufallströpfchen mit.
Mütter und große Schwestern spielten mit den Kleinen und lasen ihnen Geschichten vor, begannen sie gemeinsam oder einzeln zu waschen, die Männer warfen die Zeitung auf den Stuhl und saßen für einen Augenblick da, umarmten irgendein Kind, das gerade gesprungen kam, tranken ein Glas Tee. Diejenigen, die mit ihren Händen und ihrem Körper arbeiteten, spülten die Plackerei des Tages und den Schmutz von sich ab. Andere hoben die Finger von Tastaturen und rieben sich die Augen.
Auf dem Weg zum Abendgebet in der Synagoge umarmten sie ihre Gebetsbücher und sich selbst, gebeugt und redlich. Ein Teil betete noch schnell mincha , bevor das Licht ganz verschwand, und dann gingen sie hinaus zu einer Zigarettenpause auf der Holzbank, die kürzlich aus Jerusalem eingetroffen war, erkundigten sich nach den Planierraupen, verifizierten Gerüchte. Sie hoben die Stimme und duckten den Kopf im Wind, hielten ihre Kipas fest und gingen schnell wieder hinein, und nach dem letzten Gebet kehrten sie zurück und gesellten sich zu den Frauen und Kindern in ihren Häusern.
Nechama Jisraeli bereitete Omeletts für ihren Ehemann Chilik und ihre Söhne zu, den vierjährigen Boaz und den zweijährigen Schneur. Chilik hatte versprochen, ihr mehr zu helfen, wenn die Geburt näher rückte, vor allem beim Abendessen – sie hatte die Idee gehabt, eine zweiwöchentliche Thorastunde für die Frauen am Hügel zu organisieren, und er hatte sie unterstützt und erklärt, er würde sich um die Söhne kümmern. Doch er war stark beschäftigt mit der drohenden Evakuierung, der Eingliederung der Gottliebs und alledem, und er fuhr auch noch ein paar Mal zur Universität, in dem Gefühl, dass er mit seiner festgefahrenen Forschungsarbeit vorwärtskommen müsse. Er hatte mit der Lektüre eines hervorragenden Buches begonnen, »Diebe in der Nacht« von Arthur Koestler, das die Atmosphäre der Kollektivsiedlung und die Erlösung des Landes im Galil Ende der Dreißigerjahre wunderbar schilderte: die Beziehungen mit den Arabern, der Landerwerb des Jüdischen Nationalfonds, die Methoden der Aneignung.
So kam es also, dass Nechama, im neunten Monat schwanger, nach einem Kindergartentag mit sieben Kleinkindern in der Küche stand und Eier zu einem Omelett verquirlte. Alles liegt in der Hand des Herrn, lächelte sie müde, und dachte daran, wie die Kinder am Morgen versucht hatten, das Schabbatlied Lecha dodi zu singen, dirigiert von ihrem Boaz und Emuna Asis. Chilik kehrte vom Gebet zurück und sagte: »Bloß zwei Minuten, das brauch ich.« Er streckte sich auf dem Sessel aus, und seine Söhne stürzten sich auf ihn.
»Lass dir Zeit, erhol dich in aller Ruhe«, erwiderte sie. »Kinder, erzählt Papa, was ihr heute im Kindergarten gemacht habt.« Sie erzählten. Er äußerte Bewunderung. Nach dem Abendessen, nachdem sie die Kinder ins Bett gebracht hatte, räumte sie das Schlachtfeld in der Küche und im Wohnzimmer auf, und um neun Uhr streckte sie sich im Bett aus. »Ich bin tot«, sagte sie zu ihrem Mann, wenige Sekunden bevor sie die Bande des Schlafs umfingen. Er klappte seine Brille zusammen und legte sie auf das Regal, nahm die Kipa ab, faltete sie und streckte sich neben
Weitere Kostenlose Bücher