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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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tranken aus ihren Tassen. Jean-Marc biss in ein Röllchen und sagte: »Mmm … Aprikose!«
    Roni begriff, dass der Termin beendet war, und erhob sich. »Gut, ich geh dann mal, ja? Außer es gäbe noch was?«
    Otniel stand auf und legte seine breite Hand auf Ronis Schulter.
    »Wir sind fertig, chabub , mein Lieber, zieh deines Weges. Gute Nacht, grüß uns Gavriel. Und Chilik«, er wandte sich an seinen Freund, »vielleicht lohnt es sich wirklich, dass du dir von Roni bei deiner Doktorarbeit über die Kibbuzniks helfen lässt?«
    »Ich wäre froh drum«, erklärte Chilik. »Ich werde sicher mehr Zeit haben, nachdem Nechama niedergekommen ist.«
    Als der Verdächtige hinausging, wechselten die drei Männer einen stummen Blick.
    Roni beschloss, ein bisschen auf der Ringstraße spazieren zu gehen. Es war eine kühle Nacht, mit relativ gemäßigtem Wind, und es gelang ihm, im Schutz seiner Handflächen eine Zigarette anzuzünden.
    Auf dem Weg sah er zufällig seinen Bruder, der seine Nachtwache antrat. »Was tut sich, Bruderherz?«
    »Alles paletti.«
    »Was wollten sie?«
    »Ach, bloß so … weiß nicht. Ich hab’s nicht genau verstanden, um ehrlich zu sein.«
    »Na gut, erzähl’s mir nachher. Ich gehe ein bisschen Sprüche lesen. Darauf hab ich den ganzen Tag gewartet.«
    Roni blickte belustigt auf das Buch in der Hand seines Bruders. »Aber gern. Lass es dir gut gehen, Brüderchen.«
    Ariel rief nach ein paar Tagen an. Roni befand sich in Unterhosen im Bett, die Füße hochgelegt, Gabi, ihm gegenüber, war in eines der Bücher Rabbi Nachmans vertieft. Seine Lippen bewegten sich wispernd mit, und seine Augen sprühten, er ließ sich von keinerlei äußerem Ärgernis stören. Roni gewahrte die tiefen, zurückweichenden Ecken unter der großflächigen Kipa, der unvermeidbare Beginn von Haarausfall. Er streckte beunruhigt die Finger nach seinen Haaren aus, aber alles in Ordnung, sie gruben sich noch in ein dunkles, dickes und dichtes Gestrüpp, das bereits in einem Maße gewachsen war, dass es, hätte er an einem normalen Ort gewohnt, einen Besuch beim Friseur gerechtfertigt hätte. Ariel hatte mit einem Experten für Mahlsteine gesprochen. Er hatte Zweifel. Er hatte per E-Mail einen Link geschickt und wies Roni an, sich das anzuschauen.
    Roni trat zu dem alten Laptop in der Küche und sagte zu Ariel: »Die Verbindung hier zum Internet, allein deswegen werd ich noch zusammenbrechen und in den Staat Israel zurückkehren.« Während er auf die kreischenden Einwahltöne des Modems wartete, fiel der Strom aus, und der Computer, ohne normale Batterie zur Absicherung, erstarrte auf der Stelle. »Genuuug! Schluss! Es reicht! Ich hab die Schnauze voll von diesem verschissenen Drecksloch am Arsch der Welt! Wie kann man nur so leben? Arschwichser!!!«
    Der Strom kam einen Augenblick später zurück, und Roni setzte den Computer ein zweites Mal in Betrieb. Das Gerät ratterte, sinnierte, wurde dunkel und wieder hell, beförderte die Windows-Oberfläche auf blauem Grund zutage, spielte die Eröffnungsklänge, und dann verstrichen drei, vier Minuten, bis es sich aufgewärmt hatte, hochfuhr und bereit zur Arbeit war. Roni drückte erneut auf die Internetverbindung und wartete wieder auf den Wählton, auf das Besetztzeichen, auf das Wählzeichen und so fort, bis die eingewählte Verbindung sich in den an- und abschwellend kreischenden und pfeifenden Klauen des Netzgetriebes verhakte. Er öffnete das Mail-Programm – auch das hatte es keinesfalls eilig –, gelangte zu Ariels Mail und klickte auf den Link, der im Zeitlupentempo die Internetseite öffnete, bis er endlich im gelobten Land ankam.
    Ihm wurde schwarz vor Augen.
    »Du nimmst mich auf den Arm, oder?«, fragte er Ariel, der die ganze Zeit über am Telefon gewartet hatte. »Ich dachte, dass wir diesen Teil schon abgehakt hätten.«
    »Die Qualität von den Mahlsteinen ist weniger gut als in modernen Olivenpressen mit Zentrifugen. Mein Experte sagt, es käme nicht von ungefähr, dass sie niemand mehr benützt. Sie sind schmutzig, man braucht mehr Leute, um sie zu betreiben, sie setzen Schimmel an, und das Öl kommt oxydierter heraus und mit einem Beigeschmack, manchmal verdorben. Er sagt, dass die Araber in ihrer Tradition festgefahren sind, nicht gegen die Olivenfliege spritzen …«
    »Klar spritzen sie nicht! Das ist biologisch! Ariel, hör mir auf mit diesen Sesselfurzexperten aus Tel Aviv! Mitsamt ihren ganzen schönen Erklärungen steckt der Geschmack von Mussas Öl alle

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