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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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»Verstanden. Gut, ich werde drüber nachdenken, ob ich jemanden kenne.«
    »Egal, zuerst müssen wir sehen, was wir mit diesem glatt koscher machen«, erwiderte Neta. Und dann lächelte sie einladend. »Ich war in der Mikve heute. Was hältst du davon, wenn wir meinen Eltern, statt ihnen noch einen Schwiegersohn zu bringen, einen Enkel bescheren?« Jean-Marc lächelte, doch als sie sich umdrehte und ins Schlafzimmer ging, erlosch sein Lächeln. Sie versuchten es, seit sie geheiratet hatten, vor über einem Jahr, und nicht nur war der Akt an sich mechanisch und zweckbestimmt geworden, ohne Zärtlichkeit und Intimität, sondern Neta wurde auch zunehmend verunsichert, verlor ihre Gemütsruhe. Sie wollte so unbedingt Kinder, und je mehr Tage ins Land gingen, desto mehr wurde ihr Wunsch zur Obsession, besetzte sie ganz und gar, und manchmal ließ sie Dampf ab – mit Tiraden gegen Jean-Marc, wütenden Widerworten gegen unverschämte Linke, indem sie Soldaten oder sonstige ärgerliche Staatsvertreter anschrie, die zum Hügel kamen –, und andere Male, meist an dem Tag, an dem ihre Monatsblutung hartnäckig eintrat, ein unerwünschter Gast, den kein Mensch geladen hatte, verfiel sie in Schweigen, zog sich in sich selbst zurück, stornierte kosmetische Behandlungen, die sie mit Kunden vereinbart hatte, machte alle Fensterläden dicht und igelte sich im Bett ein.
    Jetzt aber, an die Arbeit.
    Raja Gottlieb saß auf einem Plastikstuhl in der Ecke des Raums und konnte ihre Tränen nicht zurückhalten. »Für das hier haben wir unser Zuhause verlassen, Nachi?«, fragte sie ihren Mann. Sie hatten gerade die Kinder zu Bett gebracht. Nachum lag halb aufgestützt auf der Matratze in ihrem nackten Wohnzimmer, wollte positiv sein, doch die Wahrheit war, dass er keine gute Antwort darauf wusste. Die Problemliste ihres »neuen« Wohnwagens war endlos: Die fehlende Tür der Duschkabine verursachte Überschwemmungen im Duschraum, ganz zu schweigen von der mangelnden Züchtigkeit. Es gab keinen Kopf an der Brause, weshalb der Wasserstrahl unangenehm war und die Überflutung noch schlimmer. Am Spülbecken in der Küche gab es keinen Warmwasserhahn, und Raja spülte nur mit kaltem ab. Im Kinderzimmer fehlten Rollläden, und Nachum hatte die aus dem Elternzimmer hinübergebracht, so dass es bei ihnen nun jeden Morgen um sechs Uhr blendend hell war. Vielleicht am niederschmetterndsten war das viereckige Loch, das im Linoleumboden der Küche gähnte. Wem konnte es einfallen, ein Stück Linoleum verschwinden zu lassen? Nachi Gottlieb starrte auf das leere Viereck, an dessen Kleberändern sich bereits der Schmutz angesammelt hatte. Eine unglaubliche Frechheit.
    Ihr Hab und Gut transportierten sie häppchenweise mit Nachums Auto, denn Otniel hatte sie gebeten, nicht mit großen Lastwagen angefahren zu kommen, damit ihr Einzug nicht augenfällig würde und in einer heiklen Phase wie dieser alle möglichen Leute aus ihrer Ruhe hochschreckte – den Regimentskommandeur oder den Kommandeur des Sektors, die hier viel herumstrichen, außerdem würden die Soldaten am Torposten über einen Transportlastwagen Meldung erstatten, ganz zu schweigen von den linken Organisationen, den Inspektoren der Verwaltung sowie – Otniel hielt inne, schaute sich um und senkte dann die Stimme –, »es kann sein, dass es in unserer Mitte einen Stinker gibt, der über unsere Aktivitäten Bericht erstattet, und um die Wahrheit zu sagen, auch die Nachbarn in Giv’at Jeschua würden sich nicht freuen zu hören, dass eine Familie in den Wohnwagen eingezogen ist, der für sie bestimmt war und auf die Transportgenehmigung vom Sicherheitsministerium wartet.« Daher sei es vorzuziehen, erklärte Otniel, sich in diesem Stadium bedeckt zu halten. Also fuhr Nachum zwischen Schiloh und dem Hügel hin und her, büßte Arbeitstage ein, lud den Wagen so voll wie möglich, doch es gab Dinge, die in den Nissan Winner nicht hineinpassten, wie zum Beispiel die Waschmaschine. Also wusch Neta die Wäsche im Spülbecken ohne heißes Wasser oder bei Freunden in Ma’aleh Chermesch 2, doch es war ihr bereits peinlich, denn zwei Kinder füllten täglich eine Waschmaschine. Auch der Kühlschrank und der Herd waren noch nicht da, daher versuchten sie, sich mit einer Minikühlbox und Elektroplatten zu behelfen, die jeden Abend dem Generator Schluckauf bescherten.
    »Aber die Leute sind wirklich nett, sie haben Kuchen und Spiele für die Kinder gebracht, und du hast gesehen, dass sie im

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