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Auf fremdem Land - Roman

Auf fremdem Land - Roman

Titel: Auf fremdem Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Stirnrunzeln.
    Eine Stunde später betrat Roni den Nachbarwohnwagen der Familie Jisraeli. Nechama machte ihm Tee mit Minze und bot ihm süß gefüllte Röllchen an. Er setzte sich auf den Stuhl, auf den Chilik deutete. »Ich hab nicht verstanden, warum ihr mich herbestellt habt«, sagte er zu Chilik, Otniel und Jean-Marc Hirschson, die ihm gegenüber auf dem Sofa saßen. »Was ist los, noch mal eine Eingliederungssitzung?« Er lächelte mit Kekskrümeln in den Mundwinkeln, hoffte insgeheim, dass sie die Entscheidung hinsichtlich des neuen Wohnwagens geändert hätten und ihn auffordern würden, an Stelle der Familie Gottlieb einzuziehen.
    »Schau mal, Roni«, setzte Chilik an. Seine Augen waren auf einen Punkt knapp über Ronis Kopf gerichtet, und er kratzte sich mit einem Bleistift, nahe der Kipa, am Schädel. Otniel blickte ihm direkt in die Augen, und Jean-Marc schien von dem Krokodil auf seinem rosa Lacoste-Hemd gefesselt. »Lasst uns zur Sache kommen. Wir wissen, dass du alles, was wir jetzt zu dir sagen, weder bestätigen können noch Einzelheiten darüber erzählen wirst. Trotzdem haben wir dich eingeladen, um dir zu sagen, dass wir es wissen.«
    »Was wissen?«, fragte Roni.
    »Einen Augenblick, lass mich ausreden. Wo war ich?«
    »Es ist uns wichtig, ihm zu sagen, dass wir es wissen«, sagte Jean-Marc, ohne seinen Blick von Ronis Hemd abzuwenden.
    »Ja. Wir wollen nur, dass du weißt, dass wir es wissen. Mach mit dieser Information, was immer du willst, erzähl es deinen Vorgesetzten oder nicht, das ist ganz und gar deine Entscheidung.« Roni schenkte Chilik einen verständnislosen Blick. »Sieh mal, jetzt will ich dir noch etwas sagen. Wir schätzen euch. Sehr. Ihr macht eine schwere und segensreiche Arbeit, Tag und Nacht, um über die Staatssicherheit zu wachen. Einschließlich in den Siedlungen. Eure jüdische Brigade und das alles, ich sage ja nichts. Das heißt, die Überwachung ist ein bisschen übertrieben, trotzdem, wir – so merkwürdig sich das für euch anhören mag – sitzen wirklich nicht auf den Hügeln und planen, Regierungsoberhäupter oder Araber zu ermorden. Aber wir streiten nicht ab, dass es unerwünschte Elemente gibt. Wildwuchs. Sagen wir mal, Gesellen, die sich im Namen grundsätzlich positiver Ziele zu negativen Taten hinreißen lassen, manchmal zu Provokationen, bisweilen nicht ganz aus eigener Schuld, darauf wollen wir jetzt nicht eingehen.« Otniel nickte. »Also wir verstehen die Wichtigkeit. Und die Notwendigkeit von Leuten in den Siedlungen, die Informationen übermitteln.«
    Chilik hielt inne und nahm einen maßvollen Schluck von seinem Nescafé. Schneur rief aus seinem Zimmer nach seiner Mutter. Roni ließ einen belustigten Blick zwischen den drei Männern hin- und hergehen, die ihm gegenübersaßen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Chilik kam ihm zuvor.
    »Schau mal, die Geschichte mit der Familie Gottlieb, wir verstehen, dass du getroffen warst. Wir verstehen, dass du vorübergehend in den Wohnwagen einziehen wolltest.«
    »Ach, Unsinn. Tot und begraben«, warf Roni ein.
    »Das schafft Probleme, verstehst du«, fuhr Chilik fort, überging die Bemerkung, »es gab eine Warteliste, und wir bevorzugen junge, religiöse Familien, Menschen, auf die wir langfristig bauen können …« Er blickte seine Gefährten auf dem Sofa an und wandte sich wieder Roni zu. »Wir sagen bloß, in Ordnung, deine Arbeit ist wichtig, tu, was du tun musst, aber falls möglich, zum gegenwärtigen Zeitpunkt, warte noch eine winzige Weile, bis wir uns organisiert haben, was haben wir schon groß gemacht, einen Anschlag geplant? Ein Wohnwagen ist eingetroffen, wir haben eine Familie hineingesetzt, das ist alles. Kein Grund, um loszurennen und es aller Öffentlichkeit mitzuteilen.«
    Roni deutete verblüfft auf sich selbst, als wollte er sagen: Redest du von mir? Hab ich was gesagt? Wem kann ich denn …
    »Jedenfalls«, übernahm Otniel das Wort, »viel Erfolg, wirklich. Du weißt, Roni, dass du ein gern gesehener Gast bei uns hier bist, bei deinem Bruder, den wir sehr mögen – und von ganzem Herzen, bleib unter unserem Dach, so lange du willst, ja? Aber falls und wenn es möglich sein sollte, dann lass uns die Positionen abgleichen, eh?« Er tippte mit einem Zeigefinger auf sein Auge.
    »Wir wissen, dass du nicht ja oder nein sagen oder irgendwas zugeben kannst«, schloss Jean-Marc, »wir sagen bloß, wir wissen es, und falls du kannst, nimm Rücksicht. Das ist alles.«
    Die drei Siedler

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