Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf in den Urwald (German Edition)

Auf in den Urwald (German Edition)

Titel: Auf in den Urwald (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Waluszek
Vom Netzwerk:
mit Deckel. Deckel fliegt runter und schneidet Bandit die Pulsader an Hand auf!«
    »Nein! War der Mann tot?«
    »Weiß nicht. Ich hab nicht lange gewartet. Schnell aus Fenster gesprungen, ab in Auto und weg. Waren fünfzig Banditen in Bar und ich war ganz allein!«
    Mirja schüttelte den Kopf. Sollte sie Edek diese Geschichte glauben? Andererseits war es gar nicht so wichtig. Sie hörte ihm gerne zu, wenn er von solchen Abenteuern erzählte, ob sie nun stimmten oder nicht. »Komm, wir gehen weiter.«
    Mirja und Edek verließen die Brücke und gingen ein Stück an der Isar entlang. Der Fluss rauschte und gurgelte leise, die Lichter der Uferstraßen spiegelten sich in ihm wie zittrige Kerzenlichter.
    Edek blieb stehen. »Hier ist weit genug«, sagte er. Er griff in die Jackentasche, holte den Revolver hervor und warf ihn, so weit er konnte. Man hörte ein dumpfes Plumpsen.
    »Endlich!«, sagte Mirja.
    Edek stand da und schaute auf den Fluss.
    Mirja stand da und schaute auch auf den Fluss.
    »Gehen wir noch ein Stück?«, schlug sie vor. »Ich will noch nicht zurück, es ist so schön hier. Weiter vorne bin ich mal als Kind Boot gefahren.«
    Sie gingen los.
    »Bei uns zu Hause«, erzählte Edek, »ist ganz großer See ...«
    »Du meinst, in deinem Dorf, in Oberschlesien?«
    »Ja. Ist nachts ganz gefährlich, an Ufer spazieren zu gehen. Kommt plötzlich ein Moor, dann kommt tote Hand und zieht dich rein. Am besten, man betet laut und macht Kreuzzeichen. Aber noch besser ...«
    »Kalt hier am Fluss«, unterbrach Mirja Edek und hakte sich bei ihm unter.
    »Aber noch besser«, wiederholte Edek, »noch besser ist, wenn man, äh, wenn man ...«
    Er hatte soeben vergessen, was er sagen wollte! Er erzählte irgendetwas, er wusste gar nicht so recht, was. Er spürte nur, wie er seine Schritte anpassen musste und wie nah ihm Mirja gekommen war. Die Jacke, die sie trug, war jedenfalls ganz schön dünn. So dünn, dass er bei jedem Schritt etwas wunderschön Rundes und Weiches an seinem Arm fühlte. Das machte ihm zwar nichts aus, denn er hatte da schon ganz andere Sachen erlebt, aber ...
    Plötzlich blieben beide stehen. In der Dunkelheit vor ihnen hatte jemand laut gestöhnt.
    »Was war das?«, flüsterte Mirja erschrocken.
    Edek schluckte. An der Isar gab es kein Moor und keine toten Hände, oder?
    Sie warteten eine Weile, aber man hörte nur den Fluss leise rauschen.
    »War ein Tier oder so ...«, sagte Edek.
    »Komm, wir gehen wieder zurück«, meinte Mirja. »Das ist mir hier zu unheimlich.«
    »Wenn du willst«, sagte Edek.
    Sie machten kehrt. Jetzt drückte sich Mirja erst recht an Edek. Und ihm fiel gar nichts mehr ein, was er erzählen konnte. Es war irgendwie alles weg.
    »Es war ein Stöhnen, ich hab’s deutlich gehört«, sagte Mirja, als sie ein Stück gegangen waren. »Vielleicht wurde gerade jemand überfallen?«
    »Ich hab nichts gehört«, sagte Edek. »Und wenn ein Überfall, dann auch kein Problem.«
    Gut, dass Mirja nicht weiter nachfragte. Edek hatte nämlich gar nicht den Revolver in den Fluss geworfen, sondern einen Stein. Den hatte er auf der Kirmes schnell in die Tasche gesteckt, als Mirja zum Wohnwagen gegangen war. Sie musste schließlich nicht wissen, dass es nur ein nachgemachter Revolver mit harmlosen Platzpatronen war. Aber wenn sie jetzt jemand überfallen hätte, dann hätte ihn Edek damit kaltgestellt. Und anschließend hätte er ihn zu Brei verarbeitet, das war sicher. Was Mirja wohl dann gesagt hätte?
    Nun aber waren beide an der sicheren Brücke angekommen. Hier gab es keine Überfälle, nur jede Menge Autos und Lärm. Und leider war auch der Weg zurück sehr kurz, auf dem Hinweg war er Edek jedenfalls zehnmal länger vorgekommen.
    »Gute Nacht«, sagte Mirja, als sie vor dem Wohnwagen angekommen waren.
    »Gute Nacht«, sagte Edek.
    Mirja stand da und schaute Edek in die Augen.
    Edek stand da und schaute Mirja in die Augen.
    »Morgen früh bau ich die Führung aus«, sagte Edek.
    »Ja«, sagte Mirja. »Und jetzt schlaf gut ...«
    Sie lächelte ihm zu und ging.
    Edek blieb noch eine Weile stehen. Zugegeben – das mit der Führung war nicht gerade passend gewesen. Aber wenn er sie geküsst und an sich gedrückt hätte, hätte sie womöglich noch den Revolver entdeckt. Man musste sich eben unter Kontrolle haben, ganz einfach. Andererseits hatte sie ihm so tief in die Augen geschaut. Vielleicht hätte er es doch versuchen sollen ...?
    Während Edek sich solche und andere Gedanken durch

Weitere Kostenlose Bücher