Auf Inseln (German Edition)
Untersuchung, meine Nachbarn waren Agenten der Klerikalen, Agenten Gottes, Agenten des Teufels, denen es Spaß machte, mich zu beobachten, mich zu verwirren, mich zu testen. Man las das, was von meinen Gedanken übrig geblieben war. Wer war ich? Ein Ungläubiger in der Glaubenszelle? Bevor ich starb, würde ich glauben. Ich würde glauben, wenn mein letzter Verstand von dem halluzinogenen Schwamm um mich herum aufgesogen wäre. Maden der Dummheit nisteten sich bei mir ein, vermehrten sich rasant, was ich mit einem schmerzverzerrten Lächeln kommentierte. Wenn ich die Augen schloss, kam manchmal ein Drache, der mir Angst einjagen wollte, der mich versengte. Der Schmerz konnte nicht realer sein, weckte mich aus meinem Traum und ich befand mich in einer Wohnung, dessen Wände schwitzten und atmeten. Ich konnte mich an Reales – wenn man von den Schmerzen absah – nicht erinnern. Katharinas Joint schien wie ein Kinderprogramm, was die Realität liebkoste, aber danach kam ein Insekt, dass die Offenbarung Johannes einläutete, meine individuelle Offenbarung, denn es musste für jeden von uns eine geben. Die Stimmen würden mich verurteilen, und um so dümmer ich würde, um so mehr würde ich ihnen glauben. Mein Gedächtnis hatte eine Halbwertszeit von wenigen Sekunden. Ich erinnerte mich noch, wie ich hieß. Die Stimmen fanden nicht gut, was ich dachte. Es ist nur ein Stich. Es ist nur ein Stich dachte ich und überlegte, was dies bedeuten könnte. Der Schmerz erinnerte mich an die Endlichkeit. Engel Gottes drangen in meine Wohnung ein und diskutierten, wie sie mich quälen konnten. Ich verkroch mich unter meiner Decke, die völlig durchnässt war, denn ich sonderte roten Schweiß aus, um meine Körpertemperatur realistisch zu halten. Ich wusste, sie lag bei 39 Grad, typisch für das Avignon-Wespen-Fieber. Immer wieder jagte mir eine Stimme Angst ein, aber sie konnte nur drohen, nichts weiter. An die Realität glaubte ich schon lange nicht mehr. Wieso sollte ich an die Realität von Drohungen glauben? Ich tat es trotzdem; bei alledem hatte ich keinen Hunger und kein Schlafbedürfnis. Im Gegenteil, ich hatte Angst, dort könne Schlimmes auf mich warten. Im Schlaf kennt man keine Schmerzen, aber Dämonen. Es gelang mir nicht Vertrauen in meine Wohnung zu gewinnen, aber anscheinend waren ihre Säfte wirkungslos, sie vermochten mich nicht aufzulösen. Ich konnte mich nicht mit Schönem ablenken, weil ich vergessen hatte, was schön war. Katharina? Paola? Ich konnte mich nicht erinnern, wer oder was Paola war. Keinen der Engel sah ich nackt. Manchmal bekam ich Panik, weil die Luft in meinem Zimmer stank und giftig wurde. Ich hatte das Gefühl, dass sich alles wiederholte, aber ich war mir nicht sicher. Irgendwann schlief ich ein. Es war ein tiefer, fester, traumloser Schlaf, von dem ich nicht wusste, wie lange er dauerte. Als ich aufwachte, hatte ich Schmerzen und befand mich in einem Organismus, der mich an meine Wohnung erinnerte. Stimmen versuchten erneut mich zu quälen. Dahinter stand nur eine Idee, nichts Materielles, das Schmerzen hätte auslösen können. Das musste die Hölle sein, manchmal bot sie einem Schlaf, der aber irgendwann enden musste. Das Wachsein katapultierte einen zu seinem Ausgangspunkt zurück. Ich war nicht depressiv, die depressive Hölle ist eine andere, aber sie mochte noch auf mich warten. Ich war dumm und empfänglich für Verwirrendes, nur der Fieberschmerz erinnerte mich daran, dass ich von einem Insekt gestochen worden war. Der Stachel Gottes, der zerstört und bestraft und dem nur die Gerechten entgehen. Was würde aus mir werden? Ich war im Prinzip zu dumm, die Frage wirklich zu stellen. Ich wusste nicht, wer ich war und was das war, was man Welt nannte. Ich hatte keinen Begriff davon, was man Universum nannte. Für mein Zimmer, das mich zu verdauen versuchte, hatte ich keinen Namen. Ich wusste nicht, wer sich hinter den Stimmen verbarg, die sich möglicherweise gar nicht über mich unterhielten. Manchmal war alles so undeutlich und ich konnte mir so gut wie alles einbilden, nur nicht meine Schmerzfreiheit. Alles was ich erlebte würde circa eine Woche andauern. Ein Wissen, das mich nicht mehr trösten konnte, weil ich über das Wissen nicht mehr verfügte. Ich war in einer Jetztzeit gefangen, die Zeit des Stiches und nur Gott konnte mich retten. Wer war Gott? Manchmal zeigte er sich, während die Stimmen verstummten. Sie hatten Ehrfurcht vor Gott. Manchmal dachte ich die Stimmen seien
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