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Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel von Treppen
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Augen im Zentrum des Zyklons, im schwarzen Loch Kopftuchträgerinnen zu entdecken, nackte Kopftuchträgerinnen, aber alles, was ich sah, war Gott. Er schaute mit einem Auge aus dem Malstrom. Sah er mich? Bemerkte er, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben bereit war, mich ihm zu unterwerfen? Ich wertete diesen Gedanken nicht als erstes Zeichen von Schwachsinn. Würde er mir aus Dank schöne hellhäutige Messdienerinnen mit wunderschönen, großen Titten entgegen schicken oder würde er mich, nachdem er meinen Kniefall bemerkt hatte, mich für mein früheres Leben bestrafen? Gott guckte mich an, der Blick war nur schwer interpretierbar, weil sein Gesicht im Wirbel nicht erkennbar war, aber er schien mich offensichtlich zu ignorieren. Der langsam pulsierende Schmerz war so gut wie verschwunden, mit ihm jeder Realitätsbezug. Es gab schöne Momente, wenn unerklärlicherweise die Angst sich verflüchtigt hatte, wenn ein unglaublicher Friede als Gefühlszustand vorherrschte, der Gottesantlitz zu einem Motiv einer Art Hintergrundtapete wandelte. Ich wartete, wartete auf Messdienerinnen, aber das Zentrum des Universums schien keine ausspucken zu wollen. Da ich nicht die Wirklichkeit betrachtete, sondern Bilder, die originär von mir stammten, hatte ich gehofft, Einfluss darauf nehmen zu können, aber das schien nicht zu gelingen. Ich hoffte, besonders Schönes zu sehen, schöne Augen, schönes Haar, schöne Kopftücher zumindest, schöne Lippen, schöne Brüste, hoffte auf Aufreizendes. Gott löste sich langsam auf, zerfloss in seiner surrealistischen Weise, wie er es von der Welt gelernt hatte, verschwand tatsächlich und es entstand Geometrie. Meine Augen wurden durch exakt symmetrische Strukturen bombardiert.
    Der schwarze Hintergrund entwarf Strahlen, die seinen Raum durchschnitten. Ich konnte regelmäßige Körper sehen, Augen schlichen sich ein, und ich fragte mich, ob Gott die Welt wieder gefunden hatte, ob die unzähligen Augen in Dreiecken, Pyramiden zu demselben Gott führten, ob es Inkarnationen ein und desselben Auges waren. Die Augen begannen Tränen abzusondern, die in einen spiegelglatten See fielen und Tröpfchenkronen bildeten. Ich versuchte die Tröpfchen zu zählen, musste aber feststellen, dass meine Zahlenbegriffe dafür nicht reichten. Die Tröpfchen wurden zu Wolken. Auch diese versuchte ich zu zählen, aber ich schlief nicht ein, sondern träumte weiter. Die Wolken bildeten ein Gesicht, was gutmütig wirkte, obgleich aus seinem Auge schleimige Schlangen krochen. Ich beschloss, die Augen zu öffnen. Die Wände atmeten gleichmäßig und schwitzten nur wenig Blut. Ich schwitzte Blutstropfen, die bei näherem Betrachten ihre Farbe verloren. Ich begann wieder zu zittern. Mein Schüttelfrost durchdrang mein kleines Universum, in dem es keine Geborgenheit geben konnte. Ich versuchte mich zu erinnern, wer ich war - ein kleines Licht, das begonnen hatte zu flackern. Es würde mit den Flammen gehen, die die Welt zu verzehren suchten. Wenn die Angst zurückkam, wusste ich nicht, was ich dagegen tun konnte. Ich versuchte mich daran zu erinnern, dass ich sicher war, auch wenn ich mehrere Tode sterben würde. Wenn ich Angst hatte, hatte ich keine Hoffnung, hatte ich keine Hoffnung, etwas Schönes zu sehen, aber das es Schönes gab, hatte ich dann vergessen.      
     
     
     
    Schmerz bot mir die Verbindung zur Realität. Der Schmerz nahm eine andere Qualität an. Die Wellen von unerträglichem Schmerz wichen einem aushaltbaren Dauerschmerz, den ich versuchte, mit Schmerzmitteln zu bekämpfen, was ich damit verband, Wasser zu trinken. Meine Wohnung wirkte dauerhaft befremdlich, ohne aber die Angst zu vermitteln, dass der Himmel mir auf den Kopf fallen würde. Ich versuchte mich an die fremde Wohnung zu gewöhnen, deren Wände Säfte aussonderten, die mich verdauen wollten. Der Boden schwankte unentwegt, so als befände ich mich auf hoher See. Die Visionen hatten an Intensität nachgelassen, doch hatten sie das Potenzial weiter zu schrecken. Hier war ich sicher, wo sonst. Das Gemurmel um mich herum gewann immer mehr an Bedeutung. Ich verstand nicht. Über mir, unter mir, von den Wänden links und rechts Gemurmel. Die Stimmen wurden manchmal lauter, realer, bedrohlicher. Ich versuchte zu verstehen, was hinter den atmenden Wänden lag. Manchmal hörte ich Frauenstimmen, die mich zwar auslachten, mich aber aufgeilten und ich schloss öfters die Augen, um sie besser zu sehen. Ich war Gegenstand einer

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