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Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel von Treppen
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gläubigen Neokatholiken gemacht. Es war abzuwarten, was der Kontakt mit den Aborigines bringen würde. Die Wirkung der Aborigines sollte sich von der eines Wespenstichs unterscheiden. Nach Kontakt mit diesen Wesen blieb die Verwirrung, die Geisteskrankheit bestehen, es sollte aber keineswegs so langwierig sein. Wussten die Aborigines über ihre Wirkung auf uns? Was war das, was von ihnen ausging? Eine Art Waffe, ein Schutz oder war es nur ein dummer kosmischer Zufall, dass wir in ihrer Nähe keinen klaren Gedanken fassen konnten. Waren diese Wesen telepathisch begabt oder war es ein Stoff, dem sie absonderten, ein Aerosol oder eine für uns nicht wahrnehmbare akustische Schwingung, die für den Wahnsinn, der bei einem Kontakt drohte, verantwortlich war? Alles sprach für Telepathie; für Physiker wie Paul völlig unerklärlich. Ich machte mir darüber keinen größeren Kopf. Wenn es Telepathie war, mochte dahinter ein unbekanntes physikalisches Phänomen stecken. Das genau nahm Paul nicht an; er glaubte ja auch an eine unsterbliche Seele, etwas jenseits der Materie und ihren Gesetzen. Wenn Gott sprach, machte er es wohl wie die Aborigines. Obgleich die Theokratie und ihre wissenschaftlichen Lehrstühle Ähnliches annahmen, hatten sie sich ein wissenschaftliches Experiment ausgedacht, dass mit ein bisschen Materie, mit ein bisschen Chemie, - unser Drogencocktail -, den Seelenwahn verhindern sollte. „Genau das wird nicht funktionieren, sagte Paul in unseren Gesprächen immer wieder. „Aber vielleicht haben wir dabei weniger Angst“, entgegnete ich ihm meist. Immerhin musste er sich darüber bewusst sein, dass der Cocktail, den wir einnahmen, persönlichkeitsverändernde Auswirkungen hatte. Ich wollte in den Diskussionen nicht soweit gehen, dass das Zeug unsere Seelen beeinflussen konnte. Die Bischöfe wollten Macht über unsere Seelen; sie wollten so sein wie die Aborigines, Telepathie begabt, um über ihre Schäfchen besser wachen zu können. Auf die Frage hin, warum er an Projekt Epsilon teilnehme, wenn er davon ausging, dass die Medikamentation nichts brächte, sagte er lakonisch: „Ich bin halt neugierig.“ Ich wusste, dass es ihn reizte, in fremde, ungewöhnliche Bewusstseinszustände zu gelangen, zu bereitwillig war er gewesen, an unseren im Verborgenen stattgefundenen Haschischnächten teilzunehmen; und er war gern besoffen. Ich wusste allerdings nicht, ob religiöse Menschen wie Paul Gott näher waren, wenn sie besoffen waren. Für mich war der Genuss alkoholischer Getränke im Übermaß eine recht weltliche Angelegenheit.
    Wir waren nun schon sechs Tage unterwegs, bei heftigerem Seegang wurde mir schnell übel und ich hatte dieses Meer, das ich eigentlich so sehr liebte, öfters verflucht. Ich verspätete mich regelmäßig zur gemeinsamen Abendandacht, die von so einer Art Laienpriester abgehalten wurde, der gleichzeitig zum Team gehörte, das uns psychologisch betreute. Ich war offensichtlich nicht motiviert genug, da bei diesen Andachten keine Messdienerinnen partizipierten. Sollte ich einmal wiedergeboren werden, würde ich mir Mühe geben, Priester zu werden, um an diesem Quell von Freuden stärker teilhaben zu können. Chef an Bord war der Kapitän, der gewöhnlich die Routen zu den Küstenstädten von New Havanna fuhr. Ich wettete, dass er und seine kleine Besatzung ein paar Flaschen Schnaps mit hier an Bord hatten. Der Kapitän war schon älter, weit über fünfzig und an sich hätte ich gerne mit ihm über die Frauen New Havannas geredet. Es ergab sich dafür aber keine Gelegenheit. In seinem Leben war er irgendwann mit Aborigines in Berührung gekommen. Er hatte welche gesehen, mit dem Feldstecher, mehr als drei Kilometer von der Küste entfernt. Wie er sagte, musste es dabei sehr in seinem Hirn gespukt haben. Er und die damalige Besatzung waren dem Wahnsinn nahe, auf drei Kilometer Abstand konnte aber noch eine gewisse Kontrolle über sich und das Schiff gewahrt bleiben. Ein Abstand von mehr als sechs Kilometer galt als sicher, wobei es womöglich auch noch auf die Anzahl, die Konzentration der Aborigines, auf die man traf, ankam. Auf die Seelenkonzentration. Erstaunlicherweise wirkte der Wahn in der Vertikalen erheblich weiter als in der Horizontalen, sodass es praktisch unmöglich war, mit einem Flugzeug die Kontinente der Aborigines zu überfliegen. Wie hatten unsere Vorfahren die beiden Inseln gefunden? Die Psychologen und die Besatzung nahmen natürlich keinen Drogencocktail; die

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