Auf Inseln (German Edition)
Paola am Strand in der Nacht mit einem südlichen Nachthimmel, den zu der damaligen Jahreszeit kein Wölkchen trübte. St. Peter und St. Paul waren in unterschiedlichen Phasen blasse Zeugen unserer Liebe, aber über allem stand Helena, die den Meereswellen eine Liebesmelodie einzuflößen schien. Helena überwachte mein Glück in der Nacht. Unter ihrem Licht war das Blau der Augen von Paola, die ein sehr dunkelhäutiger Typ war, mehr als erahnbar. Ich hatte mir das komplette Arrangement einiges kosten lassen, sodass ich nicht mehr zwischen Märchen, das wie Wirklichkeit schien und Dienstleistung unterscheiden konnte. Helena unterstützte die Szenerie und war an sich gratis. Später hatte ich mir sagen lassen, dass eine Saison mit Helena am Nachthimmel teurer ist. Helena hatte ich noch häufiger gesehen, Paola natürlich nie mehr. Vielleicht hatte ich eine Chance, nach unserem Abstecher zum Aborigines-Land, nach unserem feuchtfröhlichem Wahn oder was auch immer auf uns zukommen sollte, eine kleine Chance, sie wieder zu treffen oder auf einen Klon von ihr, der von unseren Geheimnissen nichts wusste und der diese Geheimnisse erfahren konnte, eine weitere Vertraute, mit der ich Stunden von Wonne und Zärtlichkeit verbringen konnte. Ich wollte nicht wirklich für mich beantworten, wie viele Klone es von Paola gab. Wer war die Original-Paola, die vielleicht einen anderen Namen trug und womöglich inzwischen eine alte Frau war. „Die Gemütliche Ecke“ hatte mich und auch Paul um einiges Geld gebracht, besser ausgedrückt unser Leichtsinn, der aufkam, als wir trotz Pillencocktail uns mit Alkohol zuschütteten. Die Frauen taten nichts umsonst. Der zweite Mond, St. Paul, wurde sichtbar und mit ihm erschien Paul an Deck, der mich grüßte. Mit einigem Geschick zündete er sich eine Zigarette an. „Geht's dir gut?“, fragte er mich. „Ja, schon!“ - „Du bist gerne nachts hier draußen“ - „Ja, ja, meine Gedanken schweifen dann nach Südosten“ - „Warum nicht nach Athens, nach Margarete? Oder Katharina?“ Ich zögerte ein wenig mit meiner weiteren Antwort. „Das mit Paola war was völlig anderes. Das war Liebe.“ - „Aber du hast das doch auch bezahlt.“ Wir schwiegen eine Zeit lang. St. Peter und St.Paul schienen geduldig auf weitere Worte zu warten, jedenfalls verschwanden sie nicht hinter Wolken. „Ich erlebe hier manchmal großartige Momente, insbesondere auch in der Nacht. Dies ist meine erste Schiffsreise, aber das habe ich ja schon öfters gesagt. In diesen Momenten fühle ich mich der Schöpfung nah“ - „Welcher Schöpfung? Ich verstehe nicht, wie du als Physiker, ohne dazu genötigt zu werden, so einen Unsinn erzählen kannst.“ - „Was verstehst du denn schon?“ Die beginnende Diskussion erinnerte mich an Zeiten, wo wir gemeinsam gesoffen hatten. In solchen Situationen war Ähnliches gefallen. „Es passt alles zusammen und es ist großartig“ - „Wenn man mal vom Gesellschaftssystem in New Avignon absieht, die Deinen Gott hochhält und hofiert. Er hat die Moral geprägt, dass sich Priester mit Messdienerinnen vergnügen, unsereins aber nur eine kriegen, die man bezahlen muss und das ist dann noch verboten. Wir leben in einem Gottesstaat mit einer göttlichen Ordnung, in der es völlig normal ist, dass Priester mehrere Frauen ehelichen können, ein normaler Bürger aber kaum eine Chance für eine Ehe hat. Dieser triste Umstand wird zudem mit Kameras rund um die Uhr überwacht. Das ist deine göttliche Ordnung.“ Ich war mir sicher, dass unser Gespräch hier an Deck nicht abgehört wurde. Vermutlich wurde hier an Bord gar nichts abgehört und nichts mit versteckten Kameras aufgezeichnet. „Das hat alles nichts mit meiner göttlichen Ordnung zu tun. Gott ist Liebe. Gott hat das Universum mit seinen Gesetzen eingerichtet. Gott hat Leben geschaffen, dass sich weiterentwickelt hat“ - „Du glaubst, Gott hat sich seine eigenen Gläubigen geschaffen. Das ist doch völlig absurd“ - „Ich kann die Welt ohne Gott nicht erklären“ - „Aber Gott hilft dir gar nichts. Du kannst auch eine Welt mit Gott nicht erklären, weil du Gott nicht erklären kannst. Du musst für die Erklärung Gottes genau die gleichen strengen Maßstäbe annehmen wie für die Erklärung der Welt! Gott ist keine Erklärungshilfe, sondern ein zusätzliches Mysterium. Bleib bei deiner Physik, wenn sie auch womöglich unvollständig ist.“ St. Peter und St. Paul wurden Zeugen einer weiteren Gesprächspause, womöglich
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