auf Safari
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sechsundzwanzig. Hab’ sie selbst erzogen, seit ihre Mutter tot ist.
Lisa war damals drei. Als die Kinder alt genug waren, hab’ ich mir gesagt: Hände weg, wenigstens galt das bis vor zwei Jahren. Sie haben auch Kinder?“
Mrs. Pollifax nickte. „Auch einen Sohn und eine Tochter, beide erwachsen und schon selbst Eltern. Aber was ist denn vor zwei Jahren passiert?“
„Hab’ Lisa retten müssen“, sagte er und lehnte sich zurück, damit der Kellner auftragen konnte. „Fand sie im New Yorker East Village, wo sie als Sozialhelferin arbeitete; war auf sechsundneunzig Pfund abgemagert und heulte sich die Augen aus wegen eines Burschen, in den sie sich verliebt hatte.“ Er schnaubte verächtlich. „Liebte ihn, sagte sie, weil er sich für sie interessierte. Haken war nur der, daß der Bursche offenbar wahllos interessierte – hauptsächlich für Frauen, nehm’ ich an – und sich schön an der Nase herumgeführt hat.
Wenn man bedenkt, daß Lisa mit magna cum laude vom Radcliffe-College abgegangen ist, war das nicht gerade ein Intelligenzbeweis.“
„Gefühle haben mit dem Verstand nichts zu tun“, erklärte Mrs.
Pollifax. „Wie ist es denn mit Lisa weitergegangen?“
„Sie werden es sehen“, sagte er. „Warmherziges, leidenschaftliches Kind.“
„Dann ist sie natürlich immer noch so“, warf Mrs. Pollifax ein.
„Irgenwie schon, aber in den letzten beiden Jahren hat sie sich ein dickes Fell zugelegt. Dachte, die Reise würde ihr guttun. Nicht gesundheitsfördernd für uns beide, zusammen zu leben. Nervtötend.“
Mrs. Pollifax legte ihre Gabel hin und lächelte ihn an. „Gibt es irgend etwas, das Ihnen nicht den Nerv tötet?“
Er richtete seinen schläfrigen Blick auf sie und erwiderte ihr Lächeln. „Tatsächlich, ein paar Sachen schon… gutes Essen, gute Gespräche, seltene Bücher sammeln… und ein anständiges Tennisspiel, und ich bin dafür bekannt, daß ich vor Tag und Tau aufstehe, um Vögel zu beobachten.“
„Das kann man sich kaum vorstellen. Sind sie“, fragte sie streng, „sind Sie umweltbewußt?“
„Leidenschaftlich“, sagte er mit unbewegter Miene.
Mrs. Pollifax lachte und wußte im selben Augenblick: Wenn sie auch in den wenigen Stunden in Lusaka Farrells Gesellschaft hatte entbehren müssen, Cyrus Reed war kein schlechter Ersatz gewesen.
Auch hoffte sie, Mr. Reeds Melancholie möge echt sein, seine Tochter ehrlich und daß er sich nicht die häßliche Gewohnheit zugelegt hätte, in seiner Freizeit Leute zu ermorden.
„Nachtisch?“ schlug Mr. Reed vor und reichte ihr die Speisekarte.
Nach einem Blick auf ihre Uhr schüttelte sie den Kopf. „Ich kann Ihnen nur für diesen köstlichen Lunch danken“, sagte sie und griff nach ihrem Schirm. „Auf Wiedersehen demnächst in Chunga.“
Sie verabschiedeten sich, und Mrs. Pollifax ging in die Halle, wo sie sich einen Sessel mit Blick auf die Eingangstür aussuchte. Dort saß sie, betrachtete interessiert eine Gruppe dunkelhäutiger Männer mit Turbanen, und auf einmal stand Homer Kulumbala vor ihr und sagte lächelnd: „Guten Tag, sind Sie bereit für den Aufbruch nach Chunga?“
„Fix und fertig“, sagte sie.
„Ihr Gepäck?“
Sie deutete auf ihren Koffer neben der Tür, er ergriff ihn und geleitete sie hinaus.
Der VW-Bus stand zwischen Bougainvillea-Sträuchern geparkt, und die wählte den Vordersitz neben dem Fahrer. Homer ging, um weitere Mitglieder der Safari zu holen. Er erschien kurz darauf wieder in Begleitung eines schmächtigen, kleinen Mannes in langen Hosen und Buschjacke. Oh Himmel, wir sind Zwillinge, dachte Mrs.
Pollifax kläglich und ließ ihren Blick von seinen zu ihrem Anzug schweifen. „Hallo“, sagte sie, als er beim Bus ankam.
Er mochte fünfundvierzig sein und trug als einzig bemerkenswertes Kennzeichen einen rotbraunen Kinnbart. Wohl ein etwas sonderbarer Kandidat für die Safari. Er wirkte mäkelig, und ein verkniffener Zug um die Nasenlöcher erweckte den Eindruck, als strömte die Welt einen leicht ranzigen Geruch aus. Bei Mrs. Pollifax’ Anblick wurde sein Gesichtsausdruck noch ablehnender, vielleicht war er auch nur unangenehm von der Tatsache berührt, daß sie auf dem Vordersitz saß. Vorsichtig stieg er hinten zu und rief in einem Englisch mit leichtem Akzent Homer zu, er möge behutsam mit seinen Koffern umgehen. Erst dann wandte er sich Mrs. Pollifax zu und sagte griesgrämig: „Die
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