auf Safari
Hauptstraße mit einem breiten Grünstreifen in der Mitte und modernen Geschäften auf beiden Seiten. Frauen flanierten vorbei in langen, buntfarbigen Röcken, Blusen und Turbanen, dazwischen Frauen in eleganten europäischen Kleidern und Sandaletten. Die meisten Gesichter waren schwarz, und ein Großteil der Stimmen, die sie hörte, sprachen in reizendem britischen Ton. Es war eine heitere, lärmerfüllte Szenerie voll kleiner hupender Wagen, Motorrollern, Landrovern und Fahrrädern.
Mrs. Pollifax bezahlte den Taxifahrer, der vor dem Hotel gestanden hatte, betrat die Bank und ging zum Schalter mit der Aufschrift Auskunft-Post . Der Schalterbeamte mit einem Ausdruck zugeknöpfter bürokratischer Reserviertheit auf dem schwarzen Gesicht wirkte einschüchtend. Sie räusperte sich, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. „Wird hier die Post abgeholt?“
„Ja, Madam.“ Er sah sie ausdruckslos an. „Ihr Name?“
„Ich will keine Post abholen. Ich suche nach einem Herrn, der hier seine Post abholt. Ich habe seine Privatadresse nicht“, erklärte sie, „ich komme aus Amerika und stelle fest, daß er nicht im Telefonbuch steht.“
„Das ist recht interessant“, bemerkte er höflich.
„Sein Name ist John Sebastian Farrell“, fuhr sie fort. „Ich dachte, Sie schickten seine Briefe vielleicht weiter an eine Adresse?“
Sein Blick blieb reserviert, aber nach kurzem Überlegen drehte er sich um und rief: „Jakob!“
Der strahlend lächelnde junge Mann, der daraufhin erschien, gehörte einer anderen Generation an. Seine Krawatte war feuerrot, er sah sehr entschlossen aus. Als Mrs. Pollifax ihre Frage wiederholte, antwortete er prompt: „Keine Nachsendeadresse, seine Post bekommt er nur hier.“
„Persönlich?“ fragte sein Vorgesetzter. Er schien genau verstanden zu haben, was Mrs. Pollifax wollte.
„Ich habe ihn nie gesehen“, sagte Jakob. „Ein Junge holt sie ab.“
„Immer?“ Mrs. Pollifax’ Stimme schwankte.
„Auch ich habe diesen Mann nie gesehen“, sagte der ältere Angestellte. „Es war irgend etwas Geheimnisvolles um ihn, natürlich. Auch ich habe nur einen Jungen nach Mr. Farrells Post fragen hören. Nicht oft, manchmal drei Monate lang nicht. Jedesmal ein andere Junge.“
„Oh“, sagte Mrs. Pollifax, und der Mut verließ sie. „Oh, liebe Zeit.
Sind – vielleicht dürfte ich nicht danach fragen – aber sind jetzt Briefe für ihn da, so daß vielleicht schon bald jemand seine Post abholen kommt? Ich würde dann einen Zettel hinterlassen.“
Ihre Bestürzung rührte beide und sie sahen sie mitfühlend an. Jakob sagte ernsthaft: „Es wäre bestimmt gut, wenn Sie Ihrem Freund einen Brief schrieben, aber Mr. Farrells Post ist erst vor vierzehn Tagen abgeholt worden. Ich habe sie selbst übergeben. Es war wieder ein kleiner Junge mit einem Zettel, der ihn zum Abholen berechtigte.“
„Ich verstehe“, erwiderte Mrs. Pollifax. „Ja, also ich danke Ihnen beiden sehr.“
„Sie müssen ihm schreiben“, sagte der ältere Mann.
„Ja“, meinte sie. „Ja natürlich.“
Sie trat wieder hinaus in die Sonne, überquerte die Straße bis zu der parkähnlichen Grünfläche zwischen den Fahrbahnen und setzte sich auf eine Bank unter einem Baum. Sie war den Tränen nahe, vermutlich das Ergebnis zweier halbdurchwachter Nächte, aber nicht nur deswegen und nicht nur, weil Farrell zu ihrem Auftrag gehörte.
Mit ihrem Auftrag hatte ihr Kummer überhaupt nichts zu tun. Sie war Farrell von Herzen zugetan und hatte sich so auf ein Wiedersehen gefreut.
Neben ihr auf der Bank lag eine Zeitung. Sie nahm sie zur Hand und schlug sie auf, um ihrer Tränen Herr zu werden. Es war eine Nummer der Times of Sambia , und in der vagen Hoffnung, Farrells Namen in ihr zu finden, schaute sie auf die Rückseite, entschlossen, die ganze Zeitung durchzulesen. Auf dieser Rückseite fielen ihr verschiedene Anzeigen-Rubriken auf. In einer Rubrik Persönliches las sie:
Barmherziger Samariter : Hilf Verzweifeltem und Selbstmordgefährdetem. Schreib an Postfach 1 A oder ruf an unter…
Verloren : Mercedesschlüssel auf dem Ladentisch der Nationalen Handelsbank liegengelassen, Montag 10 Uhr 30
Finder wird um Rückgabe gebeten.
Mrs. Pollifax kam eine Idee. Wagenschlüssel hatte sie nicht verloren, wohl aber Farrell. Selbstmordgefährdet war sie nicht, im Augenblick aber sah ihre Enttäuschung einer Verzweiflung sehr ähnlich. Sie
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