Auf Schreckenstein geht's lustig zu
kann die beiden holen und ihr entschuldigt euch, mehr geht nicht!“
„Hör mal zu, Sonja“, versuchte es Stephan wieder, „wir wollen uns nicht entschuldigen, wir wollen, dass die Strafe aufgehoben wird.“
Doch so war ihr nicht beizukommen.
„Ihr habt meinem Vater versprochen, gleich wieder zurückzurudern — das habt ihr nicht getan und deswegen soll ich jetzt mit hineingezogen werden? Nein.“
Sie drehte sich um und schaute zum Fenster hinaus. Ottokar zuckte die Achseln. Da stand Stephan auf und ging zu ihr hin. Langsam und wohlüberlegt sagte er: „Schau, Sonja, du weißt doch, wie wir drüben denken. Wenn einer etwas angestellt hat, soll er auch dafür einstehen. Du denkst doch auch so?“ Sonja nickte, ohne sich umzudrehen.
Stephan fuhr fort: „Wir haben den Streich gemacht, und du bist zu spät heimgekommen. Und dafür müssen wir jetzt gerade stehen, wir alle drei!“
Ottokar, der schräg hinter Stephan saß, hob den Zeigefinger und rollte die Augen, als wollte er sagen: „Sehr überzeugend!“ Es dauerte eine Weile, bis sie antwortete.
„Eigentlich hast du recht“, begann sie und drehte sich wieder um, „entschuldige, dass ich nicht gleich darauf kam.“
Dann wurde beratschlagt, wie man es der Direktorin am besten beibringen könne. Sonja war wie ausgewechselt. Jetzt wollte sie sogar mitkommen, was natürlich eine große Erleichterung bedeutete.
Und ehe sie sich noch darüber geeinigt hatten, wer als erster sprechen sollte, standen sie schon vor einer Tür mit dem Schild: „ Doktor Adele Horn “.
Stephan fuhr sich noch einmal mit der Hand durch die Haare, Ottokar stopfte sein Hemd in die Hose, Sonja holte tief Luft und — klopfte. „Herein“, schnarrte drinnen eine scharfe Stimme.
Sonja führte das Wort. Zuerst murmelte sie eine Entschuldigung für das unerwartete Eindringen und stellte dann die beiden vor. Ein mageres, ältliches Fräulein mit einem Habichtkopf maß die Jungen aus strengen, grünen Augen.
Sieht aus wie Mauersäges Schwester, dachte Stephan unwillkürlich. Und dann sah er sich um. Die Wände waren voller Bücher. Für weitere Betrachtungen blieb ihm jedoch keine Zeit, denn jetzt wandte sich die Heimleiterin an ihn: „So, vom Schreckenstein kommt ihr? Dann habt ihr bestimmt etwas angestellt!“ sagte sie schneidend.
Na, dann hinein, dachte Stephan und gab sich einen Ruck. Wie immer, wenn er eine Schwierigkeit oder Gefahr vor Augen sah, wurde er plötzlich ganz ruhig: „Ja, Frau Doktor“, begann er, „wir haben die Klassenzimmer verrammelt und wollen...“
„Ihr habt hier gar nichts verloren!“ unterbrach ihn die Direktorin.
Stephan suchte nach einem neuen Anfang, doch Sonja kam ihm zuvor: „Die beiden haben mich herübergerudert, nach dem Geburtstag meines Vaters... der letzte Omnibus war schon...“ Auch sie kam nicht weiter. „Gerudert? Nachts? Wer hat euch das erlaubt?“ „Es war, es war die beste Notlösung!“ flötete Ottokar behutsam dazwischen.
Doch da ging die Heimleiterin schon hoch wie eine Rakete: „Notlösung! Notlösung! Das ist eure ganze moderne Erziehung da drüben!“
Sie schimpfte so schnell, dass man gar nicht folgen konnte. Jedenfalls schien das, was sie sagte, für den Rex nicht gerade schmeichelhaft zu sein. Die drei standen da, als hätte sie ein Sommergewitter auf freiem Feld überrascht. Stephan hörte gar nicht mehr zu. Er dachte an ein Buch über Kriegskunst, das er einmal gelesen hatte. Darin stand, dass es klug sei, den Gegner zuerst angreifen und sich austoben zu lassen, um dann, wenn er verschnaufen muss, zum Gegenschlag auszuholen.
Als sie geendet hatte und Atem holte, legte er los: „Wir wissen, dass wir für das, was wir getan haben, bestraft werden. Davor wollen wir uns auch gar nicht drücken. Wir sind nur gekommen, weil wir gehört haben, dass zwei Unschuldige für unsere Tat büßen müssen, und das wollen wir nicht.“
So viel Offenheit hatte Adele Horn nicht erwartet. Mit aufgerissenen Augen starrte sie erst Sonja an, dann Stephan und schließlich Ottokar, der sich dadurch bemüßigt fühlte, Stephans Rede mit einem „Ja, so ist es“ zu unterstreichen.
„Holen Sie die beiden!“ sagte die Heimleiterin nach einer Weile, und während Sonja hinausging, um den Auftrag auszuführen, umkreiste sie Stephan und Ottokar wie ein Sechstage-Fahrer die Bahn, wobei sie fortwährend halblaut vor sich hinsprach. Endlich kehrte Sonja mit den Mädchen zurück.
Die größere, ein blonder Wuschelkopf, kam Stephan
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