Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf Tour mit Bob Marley

Auf Tour mit Bob Marley

Titel: Auf Tour mit Bob Marley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Miller
Vom Netzwerk:
zu würgen. Ich glaube, spätestens jetzt erkannten alle, dass es Tränengas war, und flohen in verschiedene Richtungen von der Bühne. Als alle davonrannten, sah ich Ziggy Marley, der damals etwa acht Jahre alt war, allein mitten auf der Bühne stehen. Dem Jungen rollten Tränen über die Wangen. Ich rannte zu ihm, nahm ihn auf den Arm, und wir verließen die Bühne. Ich sah ihn einige Jahre später wieder, und obwohl wir nur Hallo sagten, spürten wir beide eine tiefe Sympathie füreinander.
    Das Gas verzog sich schnell und wir kehrten auf die Bühne zurück. Gleich darauf erschien Prince Charles in einem Rolls Royce-Landaulet, drehte eine Runde auf der Aschenbahn und war wieder weg. Man sagte uns, die Polizei habe gegen die Menge vor dem Stadion Tränengas eingesetzt und das Gas sei wohl ins Stadion »getrieben«. Ich persönlich glaube, dass Prince Charles keine Lust mehr zu warten hatte.
    Wenn ich mich nicht irre, gab Bob am 19. April für all seine Fans in Harare noch ein Gratiskonzert im Rufaro-Stadium. Dann flogen wir, glaube ich, nach Miami zurück, um uns auf die fast pausenlose Europatournee von 1980 vorzubereiten.
    Sie war die größte Tournee der Wailers, nicht nur in Bezug auf die Einnahmen, sondern auch in Bezug auf die Menge von Menschen, die Bob erreichte. Die Tournee begann am 30. Mai im Hallenstadion in Zürich. Schon bei unserer Ankunft war das eindrucksvolle Gebäude von Tausenden Fans umlagert, die in das Konzert wollten. In den folgenden sechs Wochen tourten wir kreuz und quer durch Europa. Wir traten im hohen Norden in Skandinavien auf, kamen wieder herunter nach Deutschland, spielten in den Niederlanden, in Frankreich, in Italien und Spanien. Bob gewann mit jedem Auftritt an Kraft und Intensität. Als wir am 27. Juni im Stadio Giuseppe Mezza in Mailand spielten, kamen mehr Leute zu Bob Marley als zum Papst, der erst kurz davor am selben Ort aufgetreten war. Ich weiß noch, dass sich auf den Straßen die Menschen drängten und unser Bus Begleitschutz brauchte. Wir kamen in den vollen Straßen nur langsam voran. An diesem Abend wurden etwa 200 000 Menschen von Bob Marleys Magie in den Bann geschlagen. Ein spektakulärer Gig folgte auf den anderen. Wir traten hauptsächlich in Stadien wie dem Stadio Communale in Turin oder der Plaza del Toros in Barceolona auf (ich kann mich noch gut an den Stiergeruch erinnern), aber zum Beispiel auch auf dem Flughafen Le Bourget in Paris. Die Shows wurden von Mal zu Mal besser, die Zuschauer waren außer sich vor Begeisterung. Es war unglaublich: Das alles war einem einfachen Mann aus Trenchtown zu verdanken…
    Nach dem Konzert in Paris flogen wir nach Dublin. Wir kamen an einem typischen irischen Tag an, mit heftigem Regen aus einem trübgrauen Himmel. Jedes Mal, wenn ich wieder nach Irland komme, muss ich daran denken, wie wir mit dem Tourbus vom Flughafen ins Hotel fuhren, während der Regen gegen die Scheiben klatschte. Schon am folgenden Tag ging es weiter nach London. Wir sollten in der Crystal Palace Bowl in einer der grünen Vorstädte Londons ein Extrakonzert geben. Alex Leslie und Mick Cater, die die ganze Tournee organisiert hatten, hatten Bob den Zusatzauftritt in der Bowl verschafft. Am 7. Juni 1980 betraten die Wailers an einem sehr sonnigen Nachmittag dort die Bühne, und die Menge jubelte so laut, dass man es wahrscheinlich in ganz London hören konnte. Wir trugen alle rot-grün-goldene Samtjacketts, die wir von Alex und Mick bekommen hatten, und das Publikum verzieh uns, dass das Konzert mit Verspätung begann. Nun endlich übernahmen die Wailers das Ruder und machten mit dem Publikum eine Reise, die es wahrscheinlich noch nie zuvor erlebt hat. Bob verstand es, sein Publikum in den Bann zu schlagen und auf eine höhere Ebene zu führen. Seine Musik schlug ein, wie es seit den Beatles keine Band mehr geschafft hatte. Er hatte das überwiegend englische Publikum in der Bowl völlig in der Hand.
    Wenn ich mich recht erinnere, mussten wir nach dem Konzert in der Crystal Palace Bowl aus irgendeinem Grund sehr schnell nach Deutschland. Kann gut sein, dass ich mich irre, aber vielleicht können mir Alec Leslie oder Mick Carter, wenn sie das lesen, sagen, ob meine Erinnerung richtig ist. Meiner Erinnerung nach flogen wir jedenfalls mit einem Privatflugzeug nach Deutschland [1] , und als wir landeten, war alles voller Polizisten mit Maschinenpistolen. Wahrscheinlich waren die Deutschen nicht daran gewöhnt, dass mitten in der Nacht ein Privatflugzeug

Weitere Kostenlose Bücher