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Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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erleiden haben.«
    »Und der Polizei«, gab sie zurück.
    Er lächelte nachsichtig und nickte. »Und der Polizei, Signora. Nur mit dem Unterschied, dass wir den Täter finden wollen. Die Presse verfolgt andere Ziele.«
    Vianello setzte sich gerade und bemerkte zu Brunetti: »Signora Fontana hat bereits ein Angebot von einer Zeitschrift erhalten. Sie soll ihre Geschichte erzählen. Und die ihres Sohnes.«
    »Verstehe«, sagte Brunetti und wandte sich an die Frau: »Wie haben Sie reagiert?«
    »Das hat mir der Ispettore abgenommen«, sagte sie. »Und ihnen gesagt, ich sei nicht interessiert. Und das stimmt.« Sie presste missbilligend die Lippen zusammen, behielt aber Brunetti im Auge.
    Der nickte bereitwillig.
    »Das wird nichts an dem ändern, was sie schreiben«, schaltete Vianello sich ein, »aber wenigstens werden sie keine Familienfotos haben.«
    »Jedenfalls nicht von meiner Seite der Familie«, sagte Signora Fontana ein wenig zu schroff.
    Brunetti überhörte das geflissentlich und fragte: »Fällt Ihnen jemand ein, der es auf Ihren Sohn abgesehen haben könnte, Signora?«
    Sie schüttelte zornig den Kopf, aber nicht eine einzige Locke ihrer Dauerwellen geriet in Unordnung. »Wer sollte es auf Araldo abgesehen haben? Er war ein braver Junge. Immer brav. Sein Vater hat ihn so erzogen, und als sein Vater starb, habe ich es versucht.«
    Griffoni legte ihr eine Hand auf den Arm und sagte etwas, das Brunetti nicht hören konnte, aber es kam bei der Frau offenbar nicht an. Im Gegenteil, es schien sie noch anzuspornen. »Er war fleißig und ehrlich und hat nur für seine Arbeit gelebt. Und für mich.« Sie schlug die Hände vors Gesicht, ihre Schultern bebten heftig, aber aus irgendeinem Grund war Brunetti erst von der Aufrichtigkeit ihrer Trauer überzeugt, als sie die Hände vom Gesicht nahm und er ihre Tränen bemerkte. Wie der heilige Thomas glaubte er nur, was er sah, auch wenn ihm die Art, wie sie ihre Trauer zeigte, immer noch unangenehm war – als steure ihr durchtriebener Blick die Mimik auf ihrem runden Gesicht.
    Als sie zu weinen aufhörte und nur noch ihr Taschentuch mit der linken Hand umklammert hielt, fragte Brunetti: »Signora, war es ungewöhnlich, dass Ihr Sohn abends nicht nach Hause kam?«
    Sie sah ihn gekränkt an. Vermochten ihre Tränen sie nicht vor der Beantwortung solcher Fragen zu schützen? »Ich habe nie gewusst, wann er nach Hause kam, Signore«, sagte sie; dass er Commissario war, hatte sie entweder vergessen, oder sie ging absichtlich darüber hinweg. »Er war zweiundfünfzig Jahre alt, vergessen Sie das bitte nicht. Er hatte sein eigenes Leben, seine eigenen Freunde, ich habe versucht, mich da so wenig wie möglich einzumischen.«
    Griffoni murmelte etwas Verständnisvolles über die Leiden einer Mutter, und Vianello bedachte Signora Fontanas aufopferndes Verhalten mit einem Nicken.
    »Verstehe«, sagte Brunetti. »Haben Sie sich normalerweise morgens gesehen, bevor er zur Arbeit ging?«
    »Immer«, beteuerte sie. »Ich hätte meinen Jungen doch morgens nie ohne caffè latte und ein Marmeladenbrot aus dem Haus gelassen.«
    »Aber heute früh, Signora?«, fragte Vianello.
    »Es fing damit an, dass Signor Marsano laut an die Tür schlug und rief, es sei etwas passiert. Ich war noch im Nachthemd und konnte nicht aufmachen, und als ich mich angezogen hatte, war schon die Polizei da und wollte mich nicht nach unten lassen.« Sie sah in die teilnahmsvollen Gesichter der drei und sagte: »Die wollten eine Mutter nicht zu ihrem einzigen Sohn lassen«, und wieder wirkte ihr Verhalten auf Brunetti inszeniert, auch wenn er ihre Absicht nicht durchschaute.
    Als Signora Fontana sich etwas beruhigt zu haben schien, fragte Griffoni: »Hat er Ihnen gesagt, wohin er gestern Abend gehen wollte, Signora?«
    Die Frau ignorierte sowohl die Frage als auch die Fragestellerin und wandte sich an Brunetti. »Ich gehe früh zu Bett, Signore. Araldo war hier, als ich mich hingelegt habe. Wir haben zusammen zu Abend gegessen.«
    Da keiner der Polizisten etwas sagte, erklärte sie: »Er muss noch spazieren gegangen sein. Vielleicht konnte er bei der Hitze nicht schlafen.« Sie sah sie nacheinander prüfend an, ob sie ihr auch Glauben schenkten.
    »Haben Sie gehört, wie er gegangen ist?«, fragte Griffoni.
    Signora Fontana machte ein verzweifeltes Gesicht. »Warum fragen Sie mich das alles? Ich sagte doch: Araldo hatte sein eigenes Leben. Ich weiß nicht, was er getan hat. Was wollen Sie denn noch von mir

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