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Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Augenschein zu nehmen. An der Stirnseite, parallel zur Straße und hinter dem Absperrband, befanden sich drei Metallgittertüren, alle geschlossen.
    »Was ist das?«, fragte Brunetti und zeigte auf die Türen.
    »Die Lagerräume für die Wohnungen, Signore.« Zucchero wies auf eine ebenfalls geschlossene vierte Gittertür in einer der Seitenwände, halb versteckt hinter einer Reihe Topfpalmen. »Da drüben ist noch eine, Signore.«
    »Sehen wir uns die mal an«, sagte Brunetti.
    Die drei gingen zu der einzelnen Tür, die im Schatten zweier Palmen lag. Brunetti fiel eine Kette auf, die um die Gitterstäbe und durch einen an den Holzrahmen genagelten Metallbügel gezogen war. »Tenente Scarpa hat alle Vorhängeschlösser ersetzen lassen, Signore. Aber ich habe die Schlüssel.« Zucchero schob sich an Brunetti vorbei, griff durch das Gitter und drückte auf einen Lichtschalter, so dass sie ins Innere sehen konnten.
    Der Raum war leer, der Boden sauber ausgefegt, aber nicht erst kürzlich; seit der letzten Reinigung waren winzige Stückchen Putz herabgerieselt und lagen jetzt wie staubige Inseln auf dem Betonmeer. Die Wände waren vollständig kahl, abgesehen von einigen Stellen, wo die weiße Tünche abgeblättert war.
    Brunetti griff hinein und machte das Licht aus, dann gingen sie über den Hof zur ersten der drei anderen Türen. Die schrägstehende Sonne beleuchtete einen Teil der Mauer und durch das Gitter hindurch auch den Lagerraum, jedenfalls den ersten Meter des Bodens. Der Boden war mit großen Terrakottafliesen ausgelegt und lag zwei Stufen über dem Hofniveau, was die Feuchtigkeit verminderte und vielleicht auch bei acqua alta Schutz bot. Zucchero öffnete das Schloss und zog die Tür auf. Brunetti senkte den Kopf und trat ein, tastete nach dem Schalter und machte Licht.
    Im Gegensatz zu dem leeren Lagerraum von vorher quoll dieser förmlich über: Kisten, Koffer, Rucksäcke, alte Farbdosen, Plastikeimer, aus denen Lappen hingen, leere Marmeladen- und Gurkengläser. An der hinteren Wand stand die Geschichte der Kindheit: ein zusammenklappbares Babybett, dessen Plastikeinlage als Abdeckung diente, so dass nur die Laufrollen und ein Teil der Beine zu sehen waren. Ein Mobile aus Tieren und Glöckchen war auf ein Bücherregal gestürzt. In zwei Pappkartons drängte sich ein ganzer Zoo von stark abgewetzten Stofftieren. Neben dem Mobile standen zwei noch ungeöffnete Pampers-Pakete, vielleicht in Erwartung des nächsten Kindes.
    Als Brunetti zurücktrat, stieß er mit Griffoni zusammen. Er bat um Verzeihung, ließ ihr den Vortritt und löschte das Licht. Zucchero schloss die Tür wieder ab.
    Als Zucchero den dritten Lagerraum aufschloss, blieb Griffoni draußen. Der Raum war genauso groß wie der andere, etwa drei Meter breit und mindestens fünf Meter tief; auf beiden Seiten Regale vom Boden bis zur Decke, vollgestellt mit Kartons, alle gleich groß und aus gewöhnlicher brauner Pappe. Keine Kartons, wie man sie gelegentlich aus dem Supermarkt nach Hause bringt und dann zweckentfremdet, sondern spezielle Lagerkartons. Auf der Vorderseite eines jeden klebte ein ordentlich beschrifteter Zettel. »Zia Marias Teeservice«, »Taschentücher«, »Winterschuhe«, »Wollschals«, »Araldos Bücher«. Und so weiter, Überbleibsel eines Lebens, ordentlich in Schachteln verpackt – nur nichts wegwerfen, es könnte ja noch einmal gebraucht werden.
    Brunetti wandte sich von dem Leben ab, das hier aufgestapelt war, machte das Licht aus und folgte Zucchero zum vierten Lagerraum. Griffoni hielt sich dicht hinter ihnen, sie alle schwiegen.
    Zucchero schloss auf, und Brunetti machte Licht. Der Raum war so groß wie der andere und mit ähnlichen Regalen ausgestattet. Auch hier lagerten Zeugen vergangener Leben oder jedenfalls Zeugnisse dafür, dass viele Leben durch die Hände der Besitzer gegangen waren. In den Regalen links standen etliche leere Vogelkäfige, mindestens zwanzig Stück. Aus Holz, aus Metall, in allen Größen und Farben. In einigen hingen noch die Wasserspender, längst ausgetrocknet, mit dunklen Rändern, an denen man den Wasserstand zum Zeitpunkt ihrer Einlagerung ablesen konnte. Alle Türchen waren zu, keine der kleinen Holzschaukeln bewegte sich. Die Käfige waren gesäubert, trotzdem hing ein strenger Vogelgeruch in der Luft. Vor den Käfigen stand ein Stapel Kartons, ähnlich denen von vorhin. Von anderer Hand beschriftet, enthielten sie »Lucios Pullover«, »Lucios Stiefel« und »Eugenias

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