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Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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fertig. »An seiner linken Schläfe ist ein Hämatom; möglich, dass er dort getroffen wurde, vielleicht von einer Faust.«
    »Aber die Löwenskulptur?«, fragte Brunetti.
    »Ob das die Tatwaffe war?«, fragte Rizzardi, und als Brunetti nickte, sagte er: »Ganz eindeutig. Wir haben Blut und Hirnmasse daran gefunden, und das Muster der Verletzungen passt haargenau zur Form des Löwen.« Brunetti traute sich nicht, zu fragen, wo der Löwe abgeblieben war. Rizzardi faltete das Handtuch einmal in der Mitte und legte es auf den Rand der Spüle. »Eine Variante des Tathergangs könnte sein, dass jemand ihn geschlagen hat – und er auf die Skulptur gestürzt ist.« Rizzardi bückte sich und hielt eine Hand etwa vierzig Zentimeter über den Boden. »Die Löwenfigur befindet sich etwa in dieser Höhe, also wäre er mit beträchtlicher Wucht daraufgeprallt.«
    Er richtete sich wieder auf. »Dann hätte der Täter nur noch Fontanas Kopf anheben und ihn gegen den Marmorlöwen schlagen müssen. Eigentlich kein Problem.«
    »Wie lange hat er danach noch gelebt?«, fragte Brunetti.
    »Wie ich das sehe, hätte jeder dieser Schläge gereicht, ihn umzubringen, aber es dürfte eine Weile gedauert haben, bis das Blut ins Gehirn eingedrungen ist und die Körperfunktionen außer Betrieb gesetzt hat.«
    »Keine Chance?«
    »Wie bitte?«
    »Wenn man ihn früher entdeckt hätte?«
    Rizzardi lehnte sich gegen die Spüle, schlug die Füße übereinander und verschränkte die Arme vor der Brust. Brunetti, dem die Kälte im Raum fast schon körperlich weh tat, fragte sich angesichts der leichten Sommersachen, die Rizzardi unter seinem Baumwollkittel trug, ob er diese Haltung einnahm, um sich warm zu halten. Er beobachtete, wie Rizzardi sich die Frage Punkt für Punkt durch den Kopf gehen ließ, bevor er antwortete.
    »Nein«, sagte der Doktor. »Unwahrscheinlich. Nicht nach dem zweiten und dritten Schlag. Es gibt Abdrücke an Kinn und Hals – schwach ausgebildete Hämatome –, wo er festgehalten wurde.« Zur Illustration hob Rizzardi die Hände und presste sie um einen fiktiven Kopf zusammen. »Aber der Mörder hatte entweder Handschuhe an oder seine Hände mit irgendetwas umwickelt, würde ich sagen.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Die Hämatome. Hätte er mit bloßen Händen zugegriffen, wären die Abdrücke tiefer und an den Rändern deutlicher ausgeprägt, aber irgendetwas hat sie abgeschwächt. Hätte er mit bloßen Händen zugegriffen, müsste es Kratzspuren von seinen Fingernägeln geben, egal wie kurz die waren.« Er hob die Hände, als wollte er die Gebärde wiederholen, ließ sie aber wieder sinken. Rizzardi zog den Laborkittel aus und legte ihn parallel zu dem Handtuch über das Spülbecken. »Da ist noch etwas«, sagte er.
    Sein Ton ließ Brunetti aufhorchen.
    »Sperma.« In dem Moment ging Rizzardis Blick zu den drei abgedeckten Körpern, doch in derselben Richtung lag auch die Tür zum Kühlraum.
    Brunetti kannte historische Berichte über spontane Ejakulationen von Erhängten; vielleicht war es hier ähnlich. Oder aber er war mit einer Frau zusammen gewesen, bevor er nach Hause kam. Bei so einer Mutter wäre es nur logisch, wenn Fontana, der Ärmste, derlei verheimlichte.
    Nachdem Brunetti lange genug geschwiegen hatte, sagte Rizzardi: »In seinem Anus.«
    »Oddio«, entfuhr es Brunetti, während die Realität sich in seinem Kopf neu zusammensetzte und in vollkommen veränderter Gestalt wieder vor ihn trat.
    »Genug, um den Mann zu identifizieren?«
    »Wenn ihr den Mann findet«, gab Rizzardi zurück.
    »Lässt sich den vorhandenen Spuren gar nichts entnehmen?«, fragte Brunetti.
    Wie hört sich ein Achselzucken an, wird es womöglich durch das Brummen der Kühlaggregate verstärkt? Etwas dergleichen glaubte Brunetti zu hören, als Rizzardi die Schultern hob und wieder fallen ließ. »Die Blutgruppe, für alles Weitere brauchen wir eine Vergleichsprobe.«
    »Wie lange dauert es, die Blutgruppe zu bestimmen?«, fragte Brunetti.
    »Eigentlich nicht lange«, fing Rizzardi an, »aber…«
    »Aber wir haben August«, beendete Brunetti den Satz für ihn.
    »Richtig. Also könnte es eine Woche dauern.«
    »Oder länger?«
    »Möglich.«
    »Könntest du das nicht beschleunigen?«
    »Ich wette, dass in diesem Augenblick jeder Polizist im Land genau diese Frage stellt und dass jeder medico legale sie ans Labor weitergibt.«
    »Das heißt also, nein?«, fragte Brunetti.
    Rizzardi entfernte sich ein paar Schritte von der Spüle und

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