Auf Umwegen ins Herz
Felix. Mit ihm ging Isa letzten Winter mehrere Wochen aus, gerade zu der Zeit, als ich die Wahrheit über Georg erfuhr. Felix fiel in Isas klassisches Beuteschema: groß, sportlich, gut aussehend. Bestenfalls eine Kanone im Bett. Und entweder waren die Männer Ärsche oder Langweiler. Oder beides. Sie schmückten sich mit der blonden Schönheit an ihrer Seite, doch waren nie tiefe Gefühle im Spiel. Von beiden Seiten.
„Wie könnte ich Felix vergessen. Immerhin hast du mir ihn in allen Einzelheiten beschrieben. Inklusive seines besten Stücks.“ Isas detailgetreue Erzählungen über ihre Bettgeschichten brannten sich immer bildhaft in meine Gedanken ein, und jedes Mal, wenn ich ihnen anschließend begegnete, musste ich an die Schweinereien denken, die sie nur Tage zuvor getrieben hatten.
„Inklusive seines besten großen Stücks“, korrigierte mich meine Freundin prompt mit einem Zwinkern.
„Aaaaah, hör auf, ich will das doch nicht wissen, hast du das schon wieder vergessen?“ Ich hielt mir die Ohren zu.
„Nein, aber ich finde es jedes Mal wieder lustig, wenn du so prüde reagierst.“
„Ich bin doch nicht prüde …“ Genau im richtigen Moment bekamen wir unsere süßen Cocktails serviert. Wir tranken erst einen Schluck, bevor ich schnell wieder zum eigentlichen Thema wechselte. „Also, was wolltest du mir sagen? Wieso habe ich mit Julian einen Glücksgriff gelandet?“
„Aus persönlicher Erfahrung kann ich dir sagen, dass es zwei Sorten Mann gibt …“
„Nur zwei?“, hakte ich nach und sog gierig am Strohhalm.
„Genau. Die einen sind hübsch, die anderen herzlich.“
„Aaaaaahja …“ Ich verstand kein Wort.
„Nehmen wir die beiden Beispiele von eben: Felix und die Busfahrer. Felix ist äußerst attraktiv. Er trägt Designerklamotten, er achtet im Allgemeinen auf sein Äußeres. Er ist sportlich. Beruflich erfolgreich.“
Ahja? Von seinem Job hatte sie zwischen den Sexeskapaden nichts erzählt.
„… Und: Er ist sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst. Ergo muss er sich um kein weibliches Wesen bemühen, denn er weiß, dass sie ihm alle zu Füßen liegen. Wird ihm eine langweilig, lässt er sie stehen und schnappt sich die Nächste. Für ihn ist eine Frau ein Schmuckstück, ein netter Zeitvertreib. Wenn es nicht mehr gefällt, wird es ausgetauscht.“
„Und die Busfahrer?“
„Die Busfahrer sind das komplette Gegenteil. Sie sind optischer Durchschnitt. Sie fallen nicht auf durch ihr Äußeres. Was bedeutet, dass sie mit ihrem Inneren überzeugen müssen. Und das tun sie – sie sind witzig, unterhaltsam, höflich. Ich bin mir sicher, dass sie ihre Partnerin auf Händen tragen. Denn würden sie genauso oberflächlich und selbstverliebt handeln wie Felix, würden sie erst gar keine abkriegen.“
„Und was hat das nun mit Julian zu tun?“ Ich war mir nicht sicher, ob ich ihre Erklärung wirklich hören wollte, doch ich war zu neugierig auf ihren gedanklichen Output.
„Julian ist beides. Er bemüht sich, kämpfte bis zuletzt um dich und hat dich mit Worten und Taten verzaubert. Sieh dich an, du grinst ununterbrochen! Also, wenn du meinen Rat hören willst: Lass den Burschen ja nicht laufen, denn so eine gut aussehende, charakterstarke Version des männlichen Geschlechts gibt es viel zu selten.“ Okay, die Erklärung gefiel mir.
„Aye, aye, Captain!“ Ich salutierte vor ihr, und wir kicherten wie kleine Mädchen. „Aber eines musst du mir noch erklären: In welche Sparte fällt Marco?“
Isas Blick wurde nachdenklich, und sie begann, gedankenverloren mit dem Strohhalm ihren Cocktail umzurühren. Ich war mir nicht sicher, ob ich in dem gedämpften Licht nicht einen kleinen Funken Sehnsucht in ihren Augen erkennen konnte, doch nach einem leisen Seufzer sagte sie: „Marco ist wohl auch einer dieser seltenen Fälle. Versteh mich nicht falsch, ich freue mich für ihn und Lena. Aber manchmal denke ich schon an die Zeit von damals zurück. Er ist ein toller Mann, und ich bin froh, dass wir heute noch Freunde sein können. Ein kleiner Trost für …“
„Entschuldigung, wenn ich die Damen störe, aber darf ich fragen, wieso zwei so schöne Frauen ohne Begleitung hier sind?“
Oh, wie sehr ich so bescheuerte Anmachsprüche hasste. Ich unterdrückte ein genervtes Augenrollen. Das war’s dann wohl mit unserem gemütlichen Frauenabend. Isa warf gekonnt ihre Mähne über die Schulter und stieg sofort mit vollem Charme auf das Gesäusel ein.
Nach einer guten Stunde war ich mit
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