Auf und davon
in diesem Moor.
Das ist alles ganz wild hier und kaum Leute.“
„Ist das hier also Exmoor?“
„Nein, kann ja wohl nicht sein. Aber es
muß in der Nähe sein. Und man muß gut zelten können dort. Sollen wir jetzt die
Zelte kaufen und nach Exmoor gehen?“
„Okay. Aber woher wissen wir, wo es
genau ist?“
„Wir fragen jemand.“
„Zuerst holen wir uns aber was zum Frühstück.“
In der Einkaufsstraße fanden sie einen
kleinen Laden, der gerade geöffnet hatte, kauften Milch und Brötchen, und
Nathan fragte, ob es ein Geschäft gäbe, wo man ein Zelt kaufen könne. Der
Lebensmittelverkäufer, ein junger Mann mit rotem Haar und einer langen Nase,
schaute ihn überrascht an.
„Ein Zelt? Hast du gesagt ein Zelt?“
„Ja, Sie wissen doch — zum Camping
machen.“
„Hm... ich glaube kaum, daß ihr hier
sowas kriegt. Nicht hier in Watchet.“
„Wo dann?“
„Hm... in Taunton, nehm ich an.“
„Wo ist das?“
„Du kennst doch Taunton. Du mußt es
kennen.“
„Ich kenn’s aber nicht“, sagte Nathan.
„Wir machen hier Ferien“, erklärte
Julia. „Wir kennen die Namen der Ortschaften noch nicht alle.“
Der junge Mann schien irritiert. „Aber
Taunton müßtet ihr doch kennen. Jeder hier kennt Taunton. Wo seid ihr denn
untergebracht?“
„Oh — in einem Wohnwagen. Da oben.“
Julia machte eine unbestimmte Bewegung mit der Hand, und der junge Mann nickte.
„Aha“, sagte er zweifelnd.
„Deshalb wollen wir auch ein Zelt“,
improvisierte Julia. „Im Wohnwagen ist nicht soviel Platz für uns und unsere
Eltern, deshalb wollen wir ein Zelt für uns. Eigentlich wollen wir zwei Zelte.“
Das zweifelnde Stirnrunzeln verschwand
vom Gesicht des jungen Mannes. „Ich verstehe. Dann müßt ihr nach Taunton.“
„Und wie kommen wir da hin?“
„Hat euer Vater kein Auto?“
„Klar, aber er hat keine Zeit.“
Das Stirnrunzeln kam zurück. „Dann
nehmt ihr am besten den Bus.“
„Wo fährt er ab?“
„Oben an der Straße, ihr seht es dann
schon.“
„Komm“, sagte Julia zu Nathan. Ihr
wurde langsam ungemütlich. Der junge Mann schaute sie etwas zu eindringlich an,
sie spürte seinen Blick noch im Rücken, als sie den Laden verließen. „Ich
glaube, er hat Verdacht geschöpft“, sagte sie, als sie auf dem schmalen
Bürgersteig hintereinander die Straße entlanggingen.
Sie setzten sich auf die Bank bei der
Bushaltestelle. Nathans Strandtasche zwischen sich, tranken sie die Milch und
aßen die Brötchen. Noch war der Wind kühl, doch es versprach ein schöner Tag zu
werden.
„Wenn wir uns bloß irgendwo waschen könnten“,
sagte Julia. „Wenn wir unsere Zelte haben, stellen wir sie an einem Fluß auf“,
sagte Nathan. Das taten die Leute in seinen Büchern immer. Sie waren hier auf
dem Land, also mußte es auch jede Menge Flüsse geben.
„Wenn bloß der Bus bald kommen würde“,
sagte Julia.
Das hatte sich auch Nathan schon
gewünscht. In der Stadt fuhren die Busse im Abstand von wenigen Minuten, und er
hatte selbstverständlich angenommen, daß sie Watchet in Null Komma nichts
hinter sich gelassen hätten. Doch die Milch und die Brötchen waren verputzt,
sie hatten eine Weile „Ich sehe was, was du nicht siehst“ gespielt, und der Bus
war immer noch nicht in Sicht. Zwei Leute, die zum Einkaufen in die Stadt
wollten, setzten sich zu ihnen auf die Bank, und dann endlich zuckelte ein Bus
heran.
„Da kommt er“, sagte Julia erleichtert.
„Das ist er nicht“, sagte Nathan, als
der Bus neben ihnen hielt und er das Schild in der Windschutzscheibe lesen
konnte. „Da steht nicht Taunton, sondern Minehead.“
„Sie haben komische Namen hier, was,
Nathan?“
Nathan antwortete nicht. Er schaute
angestrengt die Straße hinunter, von wo eine Frau mit leuchtenden Augen und
einer ganz bestimmten Absicht auf sie zukam.
Nathan stieß Julia in die Seite.
Ihrer Kleidung nach zu urteilen,
handelte es sich bei der Frau eher um einen Sommergast als um eine
Einheimische. Sie trug eine pinkfarbene Hose, die ihr viel zu eng war, und ein
pinkfarbenes T-Shirt, das ebensowenig paßte. Beim Gehen zitterte ihr
Doppelkinn, und man sah ihr irgendwie schon an, daß sie ausgesprochen neugierig
war. Während sie näherkam, lächelte sie und zeigte dabei ihre sämtlichen
falschen Zähne.
„Komm endlich, Bus“, murmelte Nathan.
Die Frau schnaufte ein wenig vom
Bergaufgehen, ließ sich neben Julia auf die Bank fallen und begann eine Art von
Unterhaltung.
„Wie heißt du denn,
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