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Auf und davon

Auf und davon

Titel: Auf und davon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Thomas
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Binde“,
bemerkte Nathan unfreundlich.
    „Ich könnte zurückfahren und eine
kaufen“, erbot sich Julia. „Das dauert nicht lang, ich finde bestimmt bald eine
Apotheke.“
    Nathan schaute ihr nach, wie sie
davonfuhr, nicht gerade elegant, aber ohne zu wackeln, und es tat ihm leid, daß
er gemein und grob und unfair zu ihr gewesen war.
    Bald war sie wieder da mit einer
elastischen Binde, Watte und einer Dose Limonade. „Du schuldest mir ein Pfund
achtunddreißig“, sagte sie.
    „Laß uns was trinken, ich hab Durst.“
    „Die Limo ist nicht zum Trinken, sie
ist für die Watte, damit sie kalt wird. Weil wir kein Wasser haben. Der
Apotheker hat gesagt, wir sollen was Kaltes auf deinen Arm tun. Die Limo war im
Kühlfach, sie ist eisig.“
    Mit der kalten Limonadenkompresse
fühlte sich der Arm gleich viel besser an, und durch die Binde war das Pochen
nicht mehr ganz so stark. Nathan dachte zwar, daß Julia die Binde ein klein
wenig zu fest gewickelt hatte, aber er beklagte sich nicht. Sie hatte auch noch
irgendwas im Kopf, daß der Arm in eine Schlinge gelegt werden müßte, und wollte
aus Nathans zweitem T-Shirt eine improvisieren, doch Nathan lehnte ab. Mit der
Binde ging es ihm schon soviel besser, daß er dachte, er könnte ein Stück
fahren, aber dazu brauchte er beide Hände.
    Sie kamen jetzt viel schneller voran.
Wenn sie nur gewußt hätten, wohin sie eigentlich fuhren. Nathan hoffte zwar,
daß sie in Richtung Exmoor radelten, doch sie hatten noch niemanden getroffen,
den sie hätten fragen können, und zwanzig Meilen schafften sie an diesem Tag ohnehin
nicht. Das war ganz ausgeschlossen. Was sie suchten, war ein Feld, irgendein
Feld mit einem Fluß, in dem sie sich waschen konnten. Und keine Häuser.
    Sie fuhren zwar an Feldern vorbei, aber
es waren immer noch Häuser in Sichtweite und kein Fluß. Außerdem war auf der
Straße, auf der sie fuhren, ziemlich viel Verkehr, und sie mußten sich sehr
darauf konzentrieren, dicht am Fahrbahnrand zu bleiben.
    Irgendwann kamen sie zu einer Kreuzung.
Geradeaus ging es nach Barnstaple. Nathan und Julia lasen das Wort gemeinsam.
Auf dem Wegweiser, der nach rechts zeigte, stand Minehead, und Nathan war
dafür, daß sie in diese Richtung fuhren, aber nur, weil er den Namen schon
einmal gehört hatte.
    Nach einer Weile erklärte Julia, sie
sei sicher, daß sie sich auf derselben Straße befänden, die sie am Morgen mit
dem Bus entlanggefahren waren. Sie schlug vor, bei nächster Gelegenheit in eine
Nebenstraße einzubiegen und gezielt nach einem Feld mit einem Fluß Ausschau zu
halten.
    An der nächsten Kreuzung fuhren sie
links ab. Die Straße war schmal und kurvig und auf beiden Seiten von hohen
Hecken begrenzt. Jetzt waren sie wirklich auf dem Land. Man sah nur Felder und
kaum noch Häuser. Sie schauten über jedes Gatter, an dem sie vorbeikamen, aber
einen Fluß konnten sie nicht entdecken. Immer in der Hoffnung, hinter dem
nächsten Gatter einen zu sehen, fuhren sie weiter.
    Die Sonne brannte vom Himmel, und die
Hügel waren sehr steil. Selbst im kleinsten Gang schaffte man einige davon
nicht. Immer wieder mußten sie absteigen und schieben. Es war sehr anstrengend,
sie bekamen Hunger und Durst, und es gab nichts zu trinken.
    „Du hättest uns auch Limo zum Trinken
mitbringen sollen und nicht nur welche für meinen Arm“, beklagte sich Nathan.
    „Du kannst nicht erwarten, daß ich an
alles denke“, gab Julia unfreundlich zurück.
    „Nicht an alles, aber wenigstens daran.“
Nathans Handgelenk schmerzte wieder mehr. Außerdem war er erschöpft und
fürchtete, bald nicht mehr weiterfahren zu können.
    „Ach, halt die Klappe“, fuhr ihn Julia
an. Ihr taten die Beine so weh, daß sie es kaum noch aushielt.
    Und dann sahen sie es. Hinter einem
Gatter lag eine leuchtendgrüne Wiese mit Butterblumen und Gänseblümchen darauf.
Die Wiese glich einem See, der in großen Wellen zu einem Flüßchen hin abfiel.
Das Flüßchen schlängelte sich dunkelglänzend zwischen Bäumen hindurch. Dahinter
stieg das Gelände wieder steil an, und dort war auch ein Wald, ein dichter
Schutzschild, eine grüne Burg, in der sie vor neugierigen Augen sicher waren.
Besser hätte es nicht sein können.
    Sie stießen das Gatter auf und schoben
die Fahrräder durch. Mit den Rädern rannten sie den gewellten Hang hinunter,
und obwohl Nathan bei jedem Schritt einen Stich im Arm spürte, besserte sich
seine Laune ebenso wie die von Julia. Sie ließen die Fahrräder ins Gras fallen,
warfen sich

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