Auf und davon
bäuchlings auf den Boden und tranken aus dem Flüßchen. Zumindest
Julia warf sich auf den Boden. Nathan ließ sich etwas vorsichtiger nieder,
stöhnte und zog ein paarmal scharf die Luft ein. Dann trank auch er, bis er
nicht mehr konnte.
„Ich kann hören, wie das Wasser in
meinem Bauch herumgluckert“, sagte Julia und hüpfte ein paarmal auf und ab. „Hoffentlich
ist es auch sauber genug zum Trinken“, gab Nathan zu spät zu bedenken.
„Das nächste Mal kochen wir es ab“,
meinte Julia. Sie hatte gehört, das man das tat, wenn man sich wegen der
Reinheit nicht ganz sicher war. „Es sieht aber sauber aus. Man kann jeden
kleinen Stein auf dem Grund erkennen.“
Sie legten sich auf den Rücken, und die
warme Sonne tat ihren schmerzenden Gliedern gut.
„Ich bin zu faul, um die Zelte
aufzustellen“, sagte Julia. „Gibt’s was zu essen?“ fragte Nathan.
„Nur Brot. Für das andere müssen wir
den Kocher anmachen.“
Sie aßen trockenes Brot, und es
schmeckte so gut wie nie zuvor.
„Mir tut der Arm wieder weh“, sagte
Nathan, worauf Julia eine neue Kompresse auflegte, diesmal mit Wasser aus dem
Fluß gekühlt.
„Besser“, stellte Nathan zufrieden
fest. „Laß uns jetzt die Zelte auf stellen. Wo sollen wir sie aufstellen?“
Julia überlegte. „Weiter drüben“, sagte
sie, „bei den Bäumen, wo man uns vom Gatter aus nicht sehen kann.“
Beide hatten nie zuvor ein Zelt
aufgestellt, so daß es eine ganze Weile dauerte, bis es klappte. Daß Nathan nur
mit einer Hand richtig zupacken konnte, machte die Sache auch nicht einfacher.
Doch schließlich standen die Zelte Rückwand an Rückwand parallel zum Ufer. Sie
hingen ein bißchen durch, und ein paar der Heringe lösten sich immer wieder,
aber Julia hoffte, daß sie deshalb nicht gleich einstürzen würden. Sie kroch in
ihr Zelt und legte sich auf den Schlafsack. Der Innenraum war winzig, und die
Seitenwände sackten so weit ein, daß sie Julia fast berührten. Außerdem war das
Gelände abfallend, so daß sie die Füße in den Boden stemmen mußte, wenn sie
nicht gegen die Zeltwand kullern wollte. Besonders bequem würde die Nacht nicht
werden.
„Im Laden haben sie anders ausgesehen“,
stellte Nathan fest.
„Wir haben eben noch keine Übung im
Aufstellen“, meinte Julia, während sie wieder herauskroch. „Laß uns jetzt mal
den Kocher ausprobieren.“
Daheim haßte Julia das Kochen. Ihre
Mutter hatte nicht übertrieben, als sie sich bei Mr. Barlowe über sie beklagt
hatte. Freiwillig rührte sie in der Küche oder auch sonstwo im Haus keinen
Finger. Aber das hier war etwas anderes. Das war ihr ureigener Campingkocher,
Teil ihres ureigenen Abenteuers. Julia konnte es kaum erwarten, ihn
auszuprobieren.
Das Gas zum Brennen zu bringen, war
nicht schwer, doch es schien unendlich lang zu dauern, bis der Eintopf und die
Würstchen warm waren. Aber es war ein wunderbares Abendessen, das wunderbarste Abendessen
auf der ganzen Welt. Selbst Nathan sagte das.
Julia wusch die Teller und den Topf im
Fluß, und sie genoß diese Arbeit, zu der man sie daheim nur unter Drohungen
hätte zwingen können. Für Mrs. Henrey hätte sie selbstverständlich auch
abgespült, doch das war ebenfalls etwas anderes, bei ihr war es ein Privileg.
Julia wusch sich auch die Hände und Füße und das Gesicht und bestand darauf,
daß Nathan sich ebenfalls wusch. Um ein Bad zu nehmen, war das Flüßchen nicht
abgeschieden genug, doch Julia war sicher, daß sie irgendwann eine geeignete
Stelle finden würden.
Dann schlug sie vor, sich Nathans Arm
noch einmal vorzunehmen, und Nathan stimmte ihr gerne zu. Die kalten Kompressen
taten unendlich gut. Also löste Julia die Binde und wickelte sie neu und inzwischen
ziemlich gekonnt. Sie wurde immer besser.
„Du bist eine gute Krankenschwester“,
lobte Nathan.
Julia wurde rot vor Freude. „Das will
ich auch mal werden“, sagte sie. Der Gedanke war ihr gerade erst gekommen. „Wenn
ich mit der Schule fertig bin, möchte ich Krankenschwester werden.“
Nathan schwieg einen Augenblick. „Ich
glaube nicht, daß du das werden kannst, Jule“, meinte er schließlich. Er wollte
sie nicht kränken, aber Tatsachen waren Tatsachen.
„Warum nicht? Du hast doch eben selbst
gesagt, daß ich eine gute Krankenschwester bin.“
„Du bist eine sehr gute
Krankenschwester, eine ausgezeichnete sogar... aber du kannst nicht lesen.“
„Was hat das damit zu tun?“
„Man muß Prüfungen machen, wenn man
Krankenschwester werden
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