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Auf und davon

Auf und davon

Titel: Auf und davon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Thomas
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Lied, das sie in der Schule gelernt hatten, und
seine Stimme klang auch in seinen eigenen Ohren erstaunlich rein.
    „Du singst gut, Nathan“, rief Julia
hinter ihm.
    Nathan freute sich über Julias Lob, und
in einem plötzlichen Anfall von Großmut und gutem Willen bot er ihr an, die
Mütze mit ihr zu tauschen. Sie konnte die ohne Aufschrift haben, und er würde
die mit dem verhaßten „KÜSS MICH“ darauf tragen.
    Julia akzeptierte das Angebot gern, und
sie hielten an, um zu tauschen.
    „Ich glaub, deine Haare sind ein
Stückchen gewachsen“, sagte Nathan, um ihr noch eine Freude zu machen. Julia
hob die Hand und fühlte. Sie hatte nicht den Eindruck, daß da schon ein
Unterschied war, aber es war lieb von Nathan, daß er es sagte.
    Sie stiegen wieder auf und fuhren
weiter.
    Bei jedem Wegweiser übte Julia das
Lesen. Washford, Billbrook, Carhampton, Dunster. Alles gelang ihr noch nicht
allein, aber Nathan half ihr.
    Am Stadtrand von Minehead erinnerte der
Geruch aus einer Frittenbude sie daran, daß es Mittagessenszeit war und sie
Hunger hatten. Sie kauften sich jeder eine Portion Pommes frites und einen
Hähnchenschenkel, und weil es ihnen nicht richtig erschien, in einer Stadt auf
dem Bürgersteig zu sitzen, fuhren sie weiter in Richtung Porlock, bis sie
wieder auf offener Straße waren und ein bequemes Grasplätzchen fanden, wo sie
ausruhen und essen konnten.
    „Ich hab einen Bärenhunger“, sagte
Julia.
    „Und ich erst!“ meinte Nathan.
    „Wir haben vergessen, was zu trinken zu
kaufen“, sagte Julia. Plötzlich hatte sie großen Durst.
    Auch Nathan war durstig. Er hatte
ziemlich viel Salz auf seine Pommes frites getan und bedauerte sehr, daß er sie
nicht mit Cola runterspülen konnte. „Wir fahren ein Stückchen weiter“, sagte
er, „es muß ja bald wieder ein Laden kommen.“ Er knüllte das Papier, in dem die
Fritten und der Hähnchenschenkel eingewickelt gewesen waren, zu einem festen
Ball zusammen und warf ihn in die Hecke.
    „Das macht man nicht“, schimpfte Julia.
„Man schmeißt seinen Abfall nicht einfach in die Büsche.“
    Nathan war beleidigt. Er vertrug keine
Kritik. Sie fuhren weiter, doch irgendwie war die gute Laune vom Morgen
verflogen. Sie hatten Durst und wurden langsam steif und müde. In die Pedale zu
treten war mehr Anstrengung als Spaß, und Läden waren an der Straße auch keine.
    „Du hättest an die Cola denken müssen“,
warf Nathan Julia vor. „In Minehead gab’s jede Menge Läden. Du vergißt immer
das Trinken.“
    „Und warum hast du nicht selber dran
gedacht?“ fragte Julia. „Du warst zu gierig auf dein Essen.“
    „Du warst genauso gierig.“
    „Kann dir doch egal sein.“
    „Ist mir auch egal. Mir ist egal, was
du sagst.“
    „Wir sind bestimmt bald in Porlock.“
Julia versuchte, aus diesem unsinnigen Schlagabtausch herauszukommen.
    Aber es wurde eine lange und
anstrengende Fahrt. Nathan und Julia sahen nicht, wie schön die bewaldeten
Hügel rechts und links der Straße waren. Schweigend fuhren sie vor sich hin und
spürten nur noch, wie sie immer müder wurden. Endlich lag nach einer Linkskurve
eine sehr steile Abfahrt vor ihnen. Die Räder rollten immer schneller, und
Julia stieß einen Triumphschrei aus, als sie im Vorbeifahren das Schild las. „Porlock!
Wir sind da!“
    „Hurra!“ Auch Nathans Laune besserte
sich wieder.
    Die Straße in Porlock war schmal mit
hübschen Häuschen zu beiden Seiten und vielen kleinen Geschäften. Sie kauften
jeder zwei Dosen Cola und tranken sie gleich auf dem Bürgersteig, obwohl sie in
einer Stadt waren. Dann kauften sie sich beide ein Eis, und Nathan kaufte sich
noch ein zweites. Er war nahe daran, sich auch noch ein drittes zu holen.
    „Nathan“, sagte Julia plötzlich, „ich
glaube, das ist der Berg.“
    „Welcher Berg?“
    „Du weißt schon, der Berg nach Exmoor.
Von dem Elizabeth gesprochen hat.“
    Sie waren so mit anderen Sachen beschäftigt
gewesen, daß sie den Berg ganz vergessen hatten. Erst jetzt merkten sie, daß
sie das entsetzliche Ding direkt vor sich hatten.
    „Den schaff ich nicht“, sagte Nathan. „Heute
nicht mehr. Meine Beine machen nicht mehr mit.“
    Auch Julias Beine wollten nicht mehr. „Was
machen wir dann?“
    „Keine Ahnung. Wir stellen die Zelte
irgendwo auf und schieben morgen den Berg rauf, wenn wir ausgeruht sind.“
    „Aber wo können wir hier die Zelte auf
schlagen? Meinst du, wir sollen ein Stück zurückfahren und dort nach einem Feld
schauen?“
    Nathan

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