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Auf und davon

Auf und davon

Titel: Auf und davon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Thomas
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gegessen, jedoch ohne Appetit, obwohl es einen ganzen Tag her war,
seit sie das letzte Mal etwas gegessen hatte. Für Nathans Abenteuer konnte sie
keinerlei Begeisterung aufbringen, sah aber auch keine Alternative für sich.
Auch sie konzentrierte sich ganz auf eine Sache: bei Nathan zu bleiben, koste
es, was es wolle.
    „Wie kommen wir nach Watchet, Jule?“
überlegte Nathan laut. „Weiß nicht.“ Julia wollte nicht mehr nachdenken. Was
immer Nathan sagte, würde sie tun, solange er nicht von ihr verlangte, ihn zu
verlassen.
    „Die Polizei sucht bestimmt die Straßen
ab, und ein Rad haben wir ja sowieso nicht mehr. Es muß einen Weg geben.“ Julia
konnte ihm nicht helfen.
    „Ob es hier einen Bus gibt? Was meinst
du, Jule, gibt es hier einen Bus? ... Aber wir wissen nicht, wo die Haltestelle
ist.“
    „Die Polizei wird den Busfahrern gesagt
haben, daß sie die Augen nach uns offenhalten sollen“, sagte Julia. Ihre
Lebensgeister erwachten langsam wieder.
    Das war gut möglich.
    „Wir könnten ein Auto anhalten.“ Der
Vorfall vom vergangenen Abend hatte Nathan auf die Idee gebracht. „Wir könnten
per Anhalter fahren.“
    „Ist das nicht gefährlich? Es gibt doch
so viele böse Menschen.“
    „Aber nicht Frauen!“ sagte Nathan
triumphierend.
    „Ich glaube, daß es auch ein paar böse
Frauen gibt“, wandte Julia ein.
    „Mir egal. Ich versuch’s auf jeden
Fall. Kommst du mit oder nicht?“
    „Okay“, sagte Julia, obwohl sie genau
wußte, daß sie es eigentlich nicht tun sollten.
    „Auf Polizeiautos müssen wir natürlich
aufpassen — und manchmal haben sie auch Straßensperren. Aber das müssen wir
einfach riskieren.“
    „Was sind Straßensperren?“ fragte
Julia.
    „Ach, nichts Wichtiges.“
    Es interessierte sie auch nicht
wirklich. Sie wollte, daß das Abenteuer bald zu Ende war, so oder so. Wichtig
war nur, daß sie bei Nathan bleiben konnte. „Schau mal“, sagte sie ohne große
Anteilnahme, „die Polizei sucht die Felder ab.“ Und wie nebenbei fügte sie
hinzu: „Sie kommen in unsere Richtung.“ Sie krochen durch den Wald, der sich
bis in alle Ewigkeit hinzuziehen schien. Und ein gutes Stück von den Feldern
entfernt, auf denen die Polizei suchte, schlugen sie sich zur Straße durch.
    Wenigstens regnete es nicht. Aber es
war hell, und man konnte sie von der Straße aus sehen. Sie krochen im Schutz
der Hecken und spähten durch die letzte Hecke am Straßenrand, für den Fall, daß
dort ein Polizeiauto stand, doch es war weit und breit keines in Sicht. Nathan
rannte zum nächsten Gatter und wollte darüber klettern.
    „Zurück!“ rief Julia plötzlich. „Runter!“
    „Polizei?“ fragte Nathan.
    Das Polizeiauto kam im Schrittempo die
Straße entlang. „Warte, bis sie vorbei sind.“ Julia spähte wieder durch die
Hecke. „Alles klar.“
    „Glaubst du, sie kommen zurück?“
    „Dann müssen wir eben wieder rennen.“
Es hörte sich an, als habe Julia vom Rennen genug für ihr ganzes Leben.
    Sie kletterten über das Gatter. Es
waren eine ganze Menge Autos unterwegs an diesem Morgen.
    „Du siehst furchtbar aus“, stellte
Julia plötzlich fest. „Ich wahrscheinlich auch.“
    Sie zupften sich gegenseitig Zweige und
Blätter aus den Kleidern, damit sie wenigstens wieder einigermaßen anständig
aussahen. Schließlich wollten sie in einem Wagen mitgenommen werden.
    „In dem da sitzt eine Frau“, sagte
Julia.
    Nathan trat einen Schritt vor und
streckte den Daumen raus, wie er es bei Trampern im Fernsehen gesehen hatte.
Der Wagen hielt sofort, und eine sehr freundlich aussehende Frau streckte den
Kopf aus dem Fenster. „Wollt ihr nach Minehead?“ fragte die Frau.
    Das war wenigstens ein Anfang. „Ja. Wir
haben den Bus verpaßt“, sagte Nathan.
    „Okay, steigt ein.“ Die Frau öffnete
die hintere Tür. „Du liebe Güte, ihr seid ja ganz naß! Hat es hier geregnet?“
    „Nur ein kurzer Schauer“, antwortete
Nathan.
    Zum Glück schien die Frau nicht sehr
redselig zu sein. Sie hatte das Radio eingeschaltet und hörte irgendeine
äußerst langweilige Musik. Kurz bevor sie in die Stadt kamen, schaltete sie das
Radio aus und fragte nach hinten: „Ihr wolltet nach Minehead, ja?“
    „Wir treffen dort unsere Eltern“, sagte
Nathan.
    „Okay. Wo soll ich euch rauslassen? Ich
fahre nach Watchet.“ Watchet! Das Auto fuhr bis nach Watchet! Nathan konnte es
fast nicht glauben. „Können wir bis Watchet mitfahren?“
    „Ich dachte, ihr würdet eure Eltern in
Minehead

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