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Auf verlorenem Posten

Auf verlorenem Posten

Titel: Auf verlorenem Posten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Er hatte weder Zeit zum Duschen gehabt, noch hatte er eine frische Uniform anziehen können. Er wußte von den Schweißflecken auf dem Hemd unter der hastig übergeworfenen Jacke. Wenigstens hatte Corporal Levines Warnung ihm hinreichend Zeit verschafft, Leute zur Seite antreten zu lassen. Formelle Höflichkeit wurde auf einem Schiff in der Werft nicht unbedingt erwartet, doch McKeon wollte nicht riskieren, die neue Kommandantin gleich am Anfang zu verärgern. Außerdem hatte die Fearless einen Ruf zu verlieren …
    McKeon straffte den Rücken, und etwas wie Schmerz durchzuckte ihn, als die neue Kommandantin um die letzte Krümmung der Röhre bog. Ihr weißes Barett leuchtete im Scheinwerferlicht. McKeon spürte, wie sein Gesicht gefror, als er die schlanke, grau- und cremefarbene Gestalt erblickte, die auf ihrer Schulter ritt. Er hatte nicht gewußt, daß sie eine Baumkatze besaß, und unterdrückte den irrationalen Groll, der beim Anblick des Tiers jäh in ihm aufstieg.
    Commander Harrington schwebte mit Leichtigkeit durch die Röhre heran, dann schwang sie in der Luft herum und ergriff die letzte scharlachrote Haltestange, die den Beginn des internen Schwerefeldes der Fearless markierte. Sie überquerte die Grenzfläche wie eine Turnerin, die aus den Ringen steigt, und landete leichtfüßig vor ihm. McKeons Eindruck der persönlichen Kränkung wurde auf verrückte Weise stärker, als er feststellte, wie wenig das Photo in ihrer Personalakte ihr gerecht wurde. Das dreieckige Gesicht in der Akte hatte streng und unnahbar, fast kalt gewirkt, besonders durch die Art, wie das dunkle, kurzgeschnittene Kraushaar es einrahmte, doch die Bilder hatten gelogen. Das Leben und die Vitalität, die scharfkantige Attraktivität hatten sie nicht eingefangen. Niemand würde Commander Harrington jemals ›hübsch‹ nennen, dachte er, doch sie besaß etwas wesentlich Wichtigeres. Diese wie gemeißelt wirkenden starken Gesichtszüge, die großen, dunkelbraunen Augen, exotisch schräg und funkelnd vor mühsam zurückgehaltener, überschäumen wollender Freude entwerteten vergängliche Attribute wie ›hübsch‹. Sie war sie selbst, einzigartig, unmöglich mit jemand anderem zu verwechseln, und das machte alles nur noch schlimmer.
    McKeon erduldete ihre Musterung mit stoischer Miene, aber er kämpfte darum, seinen unbestimmten, bitteren Zorn zu unterdrücken. Er salutierte zackig; die Männer nahmen Haltung an, die Befehle des Bootsmanns dröhnten. Sämtliche Aktivität im Bereich der Eingangsschleuse verebbte, und dann legte Harrington die Hand an die Stim und erwiderte den Gruß.
    »Bitte um Erlaubnis, an Bord zu kommen.« Ihre Stimme war ein kühler, klarer Sopran, erstaunlich hell für eine Frau ihrer Größe; sie reichte problemlos an McKeons einhundertundachtzig Zentimeter heran.
    »Erlaubnis erteilt«, antwortete er. Es war eine Formalität, doch eine Formalität mit tieferem Sinn: Solange sie das Kommando nicht offiziell übernahm, war sie an Bord von McKeons Schiff nicht mehr als eine Besucherin.
    »Danke«, sagte sie und kam an Bord, als er zurücktrat und die Luke freigab.
    Er beobachtete, wie ihre schokoladenfarbenen Augen über den Eingangsbereich und die stillstehenden Männer schweiften, und fragte sich, was sie wohl dachte. Das wie in Stein gemeißelte Gesicht gab eine exzellente Maske ab (abgesehen von den blitzenden Augen, dachte er säuerlich), und er hoffte, daß seines den gleichen Zweck erfüllte. Es war nicht fair von ihm, ihr zu grollen. Das Kommando über einen Leichten Kreuzer war kein Posten für einen Lieutenant Commander, doch Harrington war fast fünf Jahre – über acht T-Jahre – jünger als er. Nicht nur war sie Voll-Commander, nicht nur glänzte auf der Brust ihrer Uniformjacke der gestickte Goldstern, der ein vorhergehendes Kommando über ein hyperraumtüchtiges Schiff anzeigte, sie sah auch noch jung genug aus, um seine Tochter zu sein. (Na gut, nicht ganz so jung, aber seine Nichte.) Natürlich war sie eine Lebensverlängerte zweiter Generation. Er hatte den frei zugänglichen Teil ihrer Akte genau genug studiert um das zu wissen. Die Prolong-Behandlung schien für Empfänger in zweiter und dritter Generation noch wirksamer zu sein als für Behandelte der ersten Generation. Andere Aspekte von Honors Laufbahn milderten McKeons Groll ein wenig: ihre Vorliebe für unorthodoxe taktische Schachzüge zum Beispiel, das CGM [Conspicuous Gallantry Medal – Orden für herausragende Tapferkeit. (Anm. d.

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