Auf vier Pfoten nach Santiago: Mit dem Hund auf dem Jakobsweg (German Edition)
gestern schon einmal hier waren. Es ist kühl, aber man kann es aushalten. In Tosantos merke ich, dass ich den Zimmerschlüssel aus Claras Haus noch in der Jackentasche habe. Rainer fragt mich, ob’s mir da so gut gefallen hat,dass ich den Schlüssel habe mitgehen lassen, für alle Fälle. Natürlich, nix anderes! Schnell rufe ich Clara an, die den Verlust schon bemerkt hat. Sie lacht und versichert mir, dass das kein Problem sei. Ich sage ihr, dass wir gerade vor der örtlichen Herberge stehen und wir dort den Schlüssel abgeben, ob sie ihn da bitte abholen kann. „Klar, das geht in Ordnung.“
Ich gehe in die Herberge und schildere der Frau die Situation und frage sie, ob ich den Schlüssel bei ihr deponieren kann und Clara hole ihn dann da ab. „Ja, das ist möglich“, gibt sie mir zur Antwort. Jetzt ist das auch geklärt. Zurückgehen hätten wir auf keinen Fall gewollt. Weiter gehen wir nach Villambistia. Unterwegs rufe ich schon mehrere Unterkünfte in San Juan de Ortega an und frage für kommende Nacht, leider keine Chance. Dann telefoniere ich mit einer Herberge in Agés. Der Senor am anderen Ende sagt zu, ich reseviere sofort, klasse! Uns kommen zwei Männer entgegen, die ganz markante Hütchen tragen, vorne mit einem kleinen Emblem, ähnlich wie Soldaten und ich sage zu Rainer: „Du, die sind uns vor zwei Tagen schon einmal begegnet.“ „Das kann nicht sein“, meint er, „da hast du was falsch gesehen. Die laufen doch nicht vor und dann wieder zurück.“ Anhand der Hütchen sind mir die beiden aber aufgefallen und ich bin mir ziemlich sicher, sage aber nichts mehr. Als die Männer uns dann aber zwei Tage später wieder begegnen, spreche ich sie an und tatsächlich: Sie gehen immer ein bis zwei Etappen Richtung Santiago und dann wieder zurück. Auf die Frage nach dem Warum, sagen sie uns, dass die Strecke in beiden Richtungen total verschieden aussieht. Die Landschaft und das Panorama möchten sie deshalb von vorne und von hinten sehen. So machen sie das jedes Jahr eine Woche lang. Auch eine Art des Pilgerns, so haben wir das noch nicht betrachtet.
Weiter führt der Weg nach Villafranca Montes de Oca. Dort gibt es eine Bäckerei, da duftet es himmlisch nachfrischem Brot aus dem Holzofen und einige Leute stehen davor. Wir kaufen natürlich so ein Brot und es gibt auch einige Lebensmittel im Laden, ich nehme noch eine Art Bierschinken mit. Damit belegen wir das frische Brot und essen auf einem Bänkle vor der Bäckerei, das tut gut. Frisch gestärkt wagen wir die nächsten dreizehn Kilometer mit einem Anstieg auf gute eintausend Meter. Es beginnt mal wieder zu regnen. Heute habe ich Schmerzen im Knie, eigentlich sollte ich mich vor dem Jakobsweg operieren lassen, habe das aber abgesagt, weil ich ja unbedingt dieses Jahr den Weg machen wollte. Ein Jahr später kam ich dann um die Operation nicht mehr herum und ich hätte unmöglich nach sechs Wochen den Camino gehen können, frühestens ein halbes Jahr nach der OP. Das weiß ich jetzt und bin froh darüber, so entschieden zu haben, aber das sei nur am Rande erwähnt.
Gravierendere Schmerzen habe ich im linken Schienbein. Ein junger Spanier, José, überholt uns an einem Aufstieg. Immer wieder überholt er uns oder wir ihn, und kommen dann natürlich ins Gespräch. Er ist auf Gran Canaria geboren und wohnt in Granada. Auf die Frage, ob er alleine unterwegs ist, antwortet er uns, dass sein Freund gestern auf einem matschigen Weg ausgerutscht sei und sich am Knie verletzt habe. Jetzt fährt er mit dem Bus nach Atapuerca, dort wollen sie sich wieder treffen. Rainer läuft heute einen „heißen“ Schuh. Er ist einiges schneller unterwegs als José, der auch Schmerzen in den Beinen hat, und ich. Die Schmerzen im Schienbein sind fast unerträglich, woher kommen die bloß, denke ich? Die Unterhaltung über Gott und die Welt, Evolution und Glauben lenkt mich ab. José hilft mir bei meinen fehlenden Vokabeln, die ich mit Händen und Füßen umschreibe. Am Wegesrand fliegt eine Hummel und setzt sich auf eine Blume. „Abeja grande“ (große Biene), sage ich und schaue fragend zu José. „En Español ‚Abejorro’ (Hummel), antwortet er lachend und schon habe ich wieder eine neueVokabel gelernt. Es ist toll, wie ich so langsam Fortschritte mache, da ich ja jeden Tag ein wenig üben kann und die Leute mich verbessern. Bobby rennt immer wieder voraus zu Rainer, dann wieder zurück zu mir. Er macht heute doppelte Strecke.
Gegen halb drei kommen wir in San
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