Auf vier Pfoten nach Santiago: Mit dem Hund auf dem Jakobsweg (German Edition)
dann ändert sich vieles und man macht Dinge, die man früher nie gemacht hätte, sage ich ihm. Er wünscht uns auf jeden Fall noch viel Spaß. Zwischendrin ziehe ich wieder meine Sandalen an. Am rechten kleinen Zeh, unterhalb des Nagels, ist jetzt seit zwei Tagen auch eine kleine Blase und eine Entzündung macht sich breit. Das lenkt mich zwar vom Schienbein ab, aber besser ist das auch nicht. In Molinaseca setzen wir uns an einem Fluss nochmals in eine Gartenwirtschaft und trinken eine Cola. Jetzt merken wir, dass wir zwei Abende „gesündigt“ haben und etwas zu spät ins Bett gegangen sind, alles rächt sich. Unserem Tisch nähern sich drei Enten, aber Bobby schlägt sie sofort in die Flucht. Es ist sehr idyllisch an diesem Ort.
Die letzten sechs Kilometer nach Ponferrada gehen erstaunlich gut. Gegen vier Uhr treffen wir dort ein und gehen erst einmal in die Herberge, die sehr groß ist. Dort können wir mit Bobby nicht bleiben. Ich rufe in einer Pension an. Die Dame sagt mir, sie führen diese nicht mehr, da sie pensioniert seien. Sie gibt mir aber freundlicherweise die Telefonnummer eines kleinen Hotels. Sofort wähle ich die Nummer und bekomme auch gleich eine Zusage. Toll, wenn es so reibungslos läuft. Auf dem Weg zum Hotel treffen wir Markus wieder, er war nun doch zwei Tage lang flachgelegen und hatte in der letzten Herberge ein Einzelzimmer bekommen, um sich auszukurieren. Er fühlt sich wieder viel besser und ist im selben Hotel einquartiert wie wir.
Schnell haben wir das Hotel gefunden und holen in der Bar gegenüber unseren Zimmerschlüssel ab. Wir bezahlen gleich und fragen wegen einem Abendessen, denn das, wasdie Gäste hier essen, sieht sehr gut aus. Leider gibt es erst ab 21 Uhr wieder etwas, das ist uns heute zu spät. Im Zimmer duschen wir kurz und legen uns etwas aufs Bett. Eventuell könnten wir ja heute mal chinesisch essen, überlegen wir, das geht schnell. Auf dem Weg durch die Stadt frage ich einen Mann, der uns erklärt, wo der nächste Chinese ist. Das ist entschieden zu weit, heute geht nix mehr.
Ein Herr geht an uns vorbei und lächelt mich an, schaut auf meine Sandalen mit Socken, dann schaut er an sich hinunter, ich folge seinem Blick. Er trägt die gleiche Beinausstattung wie ich. Ich grinse ihn ebenfalls an und denke, man versteht sich ohne Worte. Unterwegs schauen wir uns noch die Tempelritterburg an, sie sieht fast ein wenig unwirklich aus, wie die Ritterburg, mit der früher mein Bruder gespielt hat. Als wir weitergehen, bleibe ich an einem Schaufenster hängen und sehe eine sensationelle Bluse. „Rainer, komm, die möchte ich haben.“ „Zum Anziehen wird nichts gekauft, das musst du doch mitschleppen“, ist seine Antwort. „Ach, die wiegt doch nichts, ich geh mal rein und frage, ob sie in meiner Größe da ist.“ Die einzige Bluse in meiner Größe trägt die Schaufensterpuppe und die Verkäuferin kann sie heute Abend nicht mehr runter machen. Morgen früh wäre das möglich. „Da bin ich schon wieder weg“, sage ich ihr. Schade, da kann man leider nichts machen. Ich ärgere mich schon ein wenig. Rainer lacht, als ich nach draußen komme und meint: „So a Schnapsidee, aufm Jakobsweg kauft man doch kei Blus.“ „So können das nur Männer sehen, typisch“, sage ich zu ihm. Jetzt gehen wir in ein Tapasrestaurant und essen noch verschiedene Kleinigkeiten, danach sofort zurück ins Hotel. Selbst Bobby möchte heute auch nicht mehr raus. Schon um neun schließen wir unsere Äuglein zu.
Um halb eins mitten in der Nacht stehe ich senkrecht im Bett. Gerade ist der Zimmernachbar nach Hausegekommen und hat den Fernseher auf volle Lautstärke eingestellt. Super, wir warten ein wenig, vielleicht merkt er es ja selber. Etwas später gehe ich dann doch rüber und klopfe an seine Türe. Er öffnet relativ schnell und ich bringe mein Anliegen vor. Er entschuldigt sich und dreht sofort leiser, netter Mensch. Wir schlummern durch bis um halb acht.
Die Tage vergehen irgendwie schneller als am Anfang, denke ich, als wir aufstehen, Rainer geht es genau so. Kurz nach acht verlassen wir das Hotel, es dauert lange, bis wir aus dem Ort raus sind. In Fuentes Nuevas frühstücke ich etwas, Rainer trinkt nur einen Kaffee. Danach führt uns der Weg durch Weinberge und Wälder, es ist wieder sehr beeindruckend. Bobby rennt heute förmlich über den Camino. In Cacabelos besichtigen wir ein tolles Anwesen, das in unserem Pilgerführer beschrieben ist. Dort bekommen wir ein Gläschen Wein und
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