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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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verließen das Lokal.
    Die beiden Herren waren ihnen gefolgt. Als Se und La auf der Straße stehen blieben, um sich nach einer Droschke umzublicken, trat einer der Herren an sie heran.
    »Die Damen sind fremd und wissen den Weg nicht«, sagte er, den Hut lüftend, »dürfte ich vielleicht die Ehre haben –«
    Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, wendeten sie ihm den Rücken zu und setzten ihren Weg fort. Sie bemerkten alsbald, daß die beiden ihnen unter anzüglichen Bemerkungen folgten.
    »Das ist ja eine unverschämte Gesellschaft«, sagte Se, »es ist wirklich recht nett hier unter den Baten, man kann sich nicht einmal frei bewegen.«
    »Du mußt bedenken«, bemerkte La entschuldigend, »das sind ungebildete Leute, die nichts zu tun haben, sonst würden sie um diese Zeit nicht im Gasthaus sitzen. Dort drüben stehen übrigens Wagen.«
    »Ich werde ihnen aber erst eine kleine Ermahnung geben. Paß auf, wie sie verschwinden werden.«
    Se nestelte an ihrem Schleier und blieb dann stehen. Als sich die beiden Herren dicht hinter ihr befanden, drehte sie sich plötzlich um und riß den Schleier herab. Der Glanz ihrer mächtigen Augen und das Gebietende ihres Blickes zeigte den Abenteuerlustigen sofort, daß sie vor einer Nume standen. Erschrocken prallten sie zurück.
    »Macht, daß ihr in die Schule kommt!« rief sie ihnen zu.
    Beide entfernten sich aufs schleunigste.
    Se lachte. »Aber nun habe ich wirklich Hunger«, sagte sie. »Isma muß mir etwas zum Frühstück verschaffen.«
    Eine Droschke brachte sie vor das Haus, wo Isma wohnte. Enttäuscht sahen sie sich um, nachdem sie den Hof überschritten hatten. Kein Aufzug im Haus, und drei Treppen! Es war eine mühsame Partie. Se seufzte wiederholt.
    »Man braucht ja nicht in einem solchen Haus zu wohnen oder nicht so hoch«, sagte La begütigend.
    »Man braucht glücklicherweise überhaupt nicht auf der Erde zu wohnen, sollte ich denken.«
    »Nun ja, ich meinte nur, wenn man – zum Beispiel amtlich –«
    »Ach so.«
    Endlich standen sie vor der Tür, welche die Aufschrift ›Isma Torm‹ trug. Sie hatten nun ihre Schleier abgenommen. Auf ihr Klingeln öffnete sich die gegenüberliegende Tür, und eine ältere, freundliche Dame sagte, Frau Torm sei nicht zu Hause. Jetzt erkannte sie, daß sie zwei Damen vom Mars vor sich habe und erschöpfte sich in Entschuldigungen. Frau Torm werde sogleich nach Hause kommen, es sei jetzt ihre Zeit, und die Damen möchten nur einen Augenblick warten, es sei alles geimpft im Haus, und sie werde sie sogleich in Frau Torms Zimmer führen. Das geschah denn, und die unterhaltende Dame ließ sie nun allein.
    Die beiden Martierinnen sahen sich sorgfältig in dem freundlichen und geräumigen Zimmer um. In dem lebensgroßen Porträt an der Wand erkannte Se sogleich Ismas Gatten, dessen Bild ihr in allen Schriften über die Erde begegnet war. Mit besonderem Interesse betrachtete La die Einrichtung im einzelnen, nur irrte sie sich, wenn sie glaubte, etwa hier den Typus des Wohnzimmers einer deutschen Hausfrau vor sich zu haben. Denn wenn auch die Tätigkeit der weiblichen Hand unverkennbar war, so enthielt doch die Einrichtung nicht nur viele Züge des Studierzimmers eines Mannes, sondern auch allerlei, was von den landesüblichen Gewohnheiten abwich und an den Einfluß des Mars erinnerte. Da waren zahlreiche Kleinigkeiten, die von Ismas Planetenreise erzählten, eine Fluoreszenzlampe über dem Schreibtisch hing an einem Lisfaden, so daß sie in der Luft zu schweben schien, ein Bücherbrett war ganz nach martischem Muster eingerichtet, und es fehlte sogar nicht der Phonograph, ein Geschenk Ells.
    Unter den Drucksachen, die auf dem Tisch lagen, fiel La ein Flugblatt auf, das in mehreren Exemplaren vorhanden war. Es trug die Überschrift: ›An die Menschheit!‹ und begann mit den Worten: »Numenheit ohne Nume! Das sei der Wahlspruch des allgemeinen Menschenbundes, den wir aufrichten wollen unter allen Kulturvölkern der Erde.«
    La las weiter. Der Inhalt fesselte sie. In feurigen Worten war die ideale Kultur der Martier gepriesen, aber ebenso entschieden eifriger Protest erhoben gegen die Form, welche ihre Herrschaft auf der Erde angenommen hatte. »Ergreifen wir«, so hieß es, »was sie uns bieten, mit klarer Einsicht und offenem Herzen, so werden wir ihrer selbst nicht mehr bedürfen. Zeigen wir, daß wir das große Beispiel ihres Planeten begriffen haben, eine Gemeinschaft freier Vernunftwesen zu bilden, in der die Ordnung herrscht nicht

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