Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
durch die egoistische Gewalt einzelner Klassen, sondern durch das lebendige Gemeinschaftsgefühl aller. Das neue Zeitalter ist vorbereitet. Der Mars hat uns den gewaltigen Dienst geleistet, uns zu zeigen, wie die Not des Daseins bezwungen werden kann durch eine reichere Ausbeutung der Natur und eine größere Selbstbeherrschung der Menschen. Er hat die historischen Fesseln gebrochen, die uns verhinderten, die neuen Ideen in der Menschheit lebendig zu machen. Er hat die Völker geeint in dem gemeinsamen Bewußtsein, daß sie als Kinder der Erde zusammengehören und ihre häuslichen Streitigkeiten zu begraben haben, um die Kräfte des Planeten zusammenzufassen; er hat uns gezeigt, daß es gilt, dem überlegenen und geeinten Planeten zu begegnen, nicht um ihn zu bekämpfen als einen Feind, sondern um seiner Freundschaft würdig zu werden und ihn als Bundesgenossen zu begreifen. Menschliche Wissenschaft und menschliche Arbeit möge unser Leben mit dem Bewußtsein durchdringen, daß es nur nötig ist, dem Gesetz der Vernunft zu folgen, um auch unsern Willen auf der Höhe des sittlichen Ideals zu halten. Wagen wir es zu denken und an uns selbst zu glauben! Fahren wir fort zu lehren und zu lernen, damit wir verstehen, was menschliche Freiheit erfordert! Und aus der Vertiefung des befreiten Menschengefühls heraus einigen wir uns in einem großen geistigen Bund, daß wir von uns sagen können: Hier ist die Menschheit, hier ist die Gemeinschaft des Willens, uns frei unterzuordnen dem Gesetz der Vernunft, hier ist die Erde, um dem Mars die Bruderhand zu reichen! Und dann, das laßt uns mit Gewißheit glauben, wird der ältere Bruder uns ebenso frei die Hand entgegenstrecken und sprechen: Ihr seid würdig der Freiheit, die Ihr Euch gewonnen habt, nehmt sie hin, wir verzichten freiwillig auf unsre Herrschaft. Unser Ziel ist erreicht, wenn Ihr Menschen seid.« – Daran waren Mitteilungen über die Organisation des Bundes geknüpft.
Indessen hatte Se in den Zeitungen geblättert, als sie plötzlich ausrief: »Höre, La, hier steht etwas, das dich interessieren wird, von Oß und Saltner –«
La griff nach dem Blatt. Noch hatte sie kaum die Stelle gefunden, als die Tür sich öffnete und Isma eintrat.
Ihre Überraschung war groß und die Begrüßung lebhaft. Und doch fühlte sich Isma befangen. Warum hatte ihr Ell nichts von dem bevorstehenden Besuch gesagt? Sie fühlte sich freier, als sie im Lauf des Gespräches vernahm, daß Ell gar nichts von dem Eintreffen Las wußte, und gewann bald die Überzeugung, daß es nicht der Wunsch war, Ell wiederzusehen, der La nach der Erde geführt habe. La erzählte von ihren Eindrücken und Erlebnissen auf dem Weg vom Hotel zu Isma, und Se erhielt die ersehnte Kräftigung. Dann brachte Se das Gespräch auf den Zeitungsartikel über Oß und Saltner.
Es war darin gesagt, daß auf Veranlassung des Instruktors für Bozen, Oß, der bekannte Forschungsreisende Saltner steckbrieflich verfolgt werde wegen öffentlicher Anreizung zum Ungehorsam gegen die Gesetze, Widerstands gegen den vorgesetzten Numen, Bedrohung des Instruktors, Mißbrauchs amtlicher Papiere und Befreiung von Gefangenen. Es war noch hinzugefügt, daß hoffentlich die Schwere der Anklage sich nicht bestätigen werde, da es bekannt sei, daß gegen den Instruktor Oß selbst eine Untersuchung wegen Überschreitung der Amtsgewalt schwebe und seine Abberufung bevorstehe. Saltners Aufenthalt sei unbekannt, doch werde von allen Behörden aufs angelegentlichste nach ihm geforscht.
La sagte kein Wort. Sie suchte ihre Erregung zu beherrschen. Aber das Herz schlug ihr in Angst und Sorge. Gewiß hatte Oß Saltner gereizt, um seine Rache an ihm nehmen zu können. Und sie fühlte sich schuldig als die geheime Ursache dieser Gegnerschaft. Sie horchte mit Bangigkeit auf die Erklärungen, die Isma jetzt auf Ses Frage gab.
Ell hatte Isma am Tag vorher besucht, an demselben Tag, an welchem er genauere Nachricht über die Vorgänge in Bozen erhalten hatte und auch die ersten Mitteilungen an die Zeitungen gelangt waren. Die Klagen über Oß waren zuerst beim Unterkultor in Wien erhoben worden. Dieser befand sich in der schwierigen Stellung, daß er amtlich dem Kultor des gesamten deutschen Sprachgebiets in Berlin verantwortlich, in der Durchführung seiner Anordnungen aber an die Zustimmung der politischen Oberbehörde, nämlich an das österreichische Ministerium gebunden war. Infolgedessen konnte er nicht ohne weiteres die Suspendierung des Oß
Weitere Kostenlose Bücher