Auf zwei Planeten
vor.«
»Was essen Sie denn?« fragte der Fremde.
»Immer chemisch, ich habe eine große Familie. Und – es schmeckt auch besser. Aber, wissen Sie, man will es mit keinem verderben – und das Gewachsene gilt für patriotischer. Ich habe sehr patriotische Gäste.«
»Vor allen Dingen bringen Sie mir etwas, ich habe nicht viel Zeit. Also chemisch.«
»Kohlenwurst, Retortenbraten, Mineralbutter, Kunstbrot, alles modern, aus der besten Fabrik, à la Nume.«
»Was Sie wollen, nur schnell.«
Der Wirt verschwand, und der Fremde griff eifrig nach einer Zeitung, die auf dem Nebentisch lag. Es war das ›Friedauer Intelligenzblatt‹. Mit einer plötzlichen Regung des Ekels wollte er das Blatt wieder beiseite schieben, aber er überwand sich und begann zu lesen. Zufällig haftete sein Blick auf ›Gerichtliches‹.
»Wegen mangelhaften Besuchs der Fortbildungsschule für Erwachsene wurden achtundzwanzig Personen mit Geldstrafen belegt; eine Person wurde wegen dauernder Versäumnis dem psychologischen Laboratorium auf sechs Tage überwiesen. Dem psychophysischen Laboratorium wurden auf je einen Tag überwiesen: drei Personen wegen Bettelns, eine Person wegen Tierquälerei, fünf Personen wegen Klavierspielens auf ungedämpften Instrumenten. Die Klaviere wurden eingezogen. Der ehemalige Leutnant v. Keltiz, welcher seinen Gegner im Duell verwundete, wurde zu zehnjähriger Dienstleistung in Kamerun, die beiden Kartellträger zu einjähriger Deportation nach Neu-Guinea verurteilt. Allen wurden die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt. Der vom Schwurgericht zum Tode verurteilte Raubmörder Schlack wurde zu zehnjähriger Zwangsarbeit in den Strahlenfeldern von Tibet begnadigt.«
Kopfschüttelnd sah der Fremde nach einer andern Stelle und las: »Die Petition, welche mit mehreren tausend Unterschriften aus Friedau an den Verkehrsminister gerichtet war und die Bitte aussprach, unserer Stadt eine Haltestelle für das Luftschiff Nordpol-Rom zu gewähren, hat wieder keine Beachtung gefunden. Unsere Leser wissen wohl, warum unsere Stadt bei gewissen einflußreichen Numen schlecht angeschrieben steht. Wir werden uns trotzdem nicht abhalten lassen, immer wieder darauf hinzuweisen, daß das rätselhafte Verschwinden unseres großen Mitbürgers und Ehrenbürgers Torm im Mai vorigen Jahres noch immer nicht aufgeklärt worden ist, wie unangenehm die Erinnerung daran auch für manche sein mag.«
Das Blatt zitterte in der Hand des Fremden. Seine Augen überflogen noch einmal die Stelle. Da trat der Wirt mit den Speisen herein. Der Gast legte die Zeitung möglichst unbefangen beiseite.
»Der Retortenbraten ist leider ausgegangen«, sagte der Wirt. »Aber die Kohlenwurst ist zu empfehlen, von richtiger Friedauer Schweinewurst gar nicht zu unterscheiden. Bestes Mineralfett darin, nicht etwa Petroleum, die Kohle ist aus atmosphärischer Kohlensäure gezogen, der Wasserstoff aus Quellwasser, der Stickstoff ist vollständig argonfrei, die Zellbildung nach neuester martischer Methode im organischen Wachstumsapparat hergestellt mit absoluter Verdaulichkeit –«
»Es ist wirklich sehr gut«, sagte der Gast, mit großem Appetit essend. »Aber wo haben Sie denn Ihre Chemie her?«
»Ich? Was meinen Sie denn? Muß ich nicht jeden Tag zwei Stunden in der Fortbildungsschule sitzen? Denken Sie, ich gehe nur hin, um meine zwei Mark Lern-Entschädigung einzustreichen? Da war neulich einmal so ein König oder Herzog vom Mars hier durchgereist, der sich die Erde beschauen wollte, der wollte mich durchaus als chemischen Küchenchef mitnehmen, habe es aber abgeschlagen, weil es auf dem Mars keine Hühner gibt. Und ein richtiges Rührei, das ist das einzige Erdengut, wovon ich mich nicht trennen kann. Soll ich Ihnen vielleicht eins machen lassen?«
»Ich danke, geben Sie mir noch ein Glas Bier.«
»Sofort. Nicht wahr, das ist fein? Das exportieren wir sogar nach dem Mars. So was haben sie dort noch gar nicht gekannt, wie das Friedauer Batenbräu.«
»Verkehren denn auch Martier bei Ihnen?«
»Nume meinen Sie? Oh, ich könnte sie schon aufnehmen, habe ein paar Extrazimmer. Gewiß verkehren sie hier, ich meine, sie werden noch verkehren, ich werde auf dem Mars annoncieren lassen. Fritz, noch ein Bier für den Herrn! Das ist mein Oberkellner. Ist so vornehm daß er erst abends um acht Uhr antritt. Sie werden gleich sehen, wie voll mein Lokal wird, jetzt ist nämlich die Fortbildungsschule aus, dann kommen die Herren hierher.«
»Wo ist denn die
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