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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Ihren großen Städten?« fragte einer der Martier.
    »Hauptsächlich von der Verbrennung der Kohle«, erwiderte Grunthe.
    »Aber warum nehmen Sie die Energie nicht direkt von der Sonnenstrahlung? Sie leben ja vom Kapital statt von den Zinsen.«
    »Wir wissen leider noch nicht, wie wir das machen sollen. Übrigens sind die Kohlen doch nur zurückgelegte Zinsen, die unsere geehrten Vorfahren im Tierreich nicht aufzehren konnten.«
    »Die Wolken sind häßlich, man kann ja nichts deutlich sehen«, sagte La.
    »Ich wünschte«, sprach Hil mehr für sich als zu den andern, »wir hätten bei uns einen Teil Ihrer Wolken. Welch gewaltige Wasserbecken haben Sie auf der Erde!«
    »Es ist aber hier an der Stadt wirklich nichts zu sehen«, bemerkte Fru. »Die Luft ist zu unruhig in größerer Höhe über der Stadt, wir bekommen keine klaren Bilder.«
    »Lassen Sie uns einmal meine Heimat schauen«, rief Saltner. »Bitt’ schön! Da ist die Luft klar wie auf dem Mars.«
    »Das wollen wir sehen«, sagte La. »Aber Heimweh dürfen Sie nicht bekommen.«
    »Ich will Ihnen sagen, wie Sie reisen müssen. Drehen Sie einmal so, daß wir nach Westen kommen –«
    »Wie weit ist es bis nach Ihrer Heimat?«
    »Von Berlin? Nun so siebenhundert Kilometer oder etwas mehr werden’s wohl sein.«
    »Nun, da kommen wir doch rascher zum Ziel, wenn wir erst noch einmal die hundertfache Vergrößerung nehmen und dann einstellen. So, jetzt dirigieren Sie. Das Bild faßt nunmehr hundert Kilometer im Durchmesser.«
    »Also westlich bitte – aber nicht zu schnell, sonst erkenn ich nichts. Das ist Potsdam, nun weiter –. Das ist die Elbe – meinen Sie nicht, Grunthe? Das dort muß Magdeburg sein – halt! Nun immer direkt südlich.«
    Fru ließ die Karte von Deutschland über die Tafel wandern. Der Harz, die Hügel- und Waldlandschaften Thüringens und des fränkischen Jura zogen schnell vorüber, die bayerische Hochebene beherrschte das Bild.
    »Das dort muß München sein, da ist’s schön!« rief Saltner. »Bitte, machen Sie einmal groß. Und dann erst weiter, dann kommen die Alpen.«
    Fru stellte den Apparat wieder auf tausendfache Vergrößerung und schaltete das optische Relais ein. Die Hauptstadt Bayerns zeigte ihre Kuppeln.
    »Jetzt dachte ich doch wirklich einen Augenblick«, rief La, »dort eine Frau zu erkennen. Aber das müßte ja eine seltsame Riesin sein.«
    »Das ist sie auch«, sagte Saltner lachend. »Es ist die Bildsäule der Bavaria, die Sie sehen.«
    »Bavaria? Wodurch hat sich die Frau so verdient gemacht, daß man ihr Bildsäulen setzt? Hat sie ein Problem gelöst?«
    »Die Bierfrage«, sagte Saltner.
    »Die Bildsäule stellt die Personifikation eines unsrer Staaten vor«, erklärte Grunthe.
    »Warum nehmen Sie aber dazu nicht einen Mann?« fragte La wieder.
    »Das hätte Grunthe auch sicher getan, wenn er gefragt worden wäre«, neckte Saltner.
    »Ich denke«, sagte Grunthe, »es ist Zeit weiterzureisen.«
    »Nun immer weiter nach Süden!« rief Saltner.
    Die Vorberge der Alpen erschienen im klaren Licht der Nachmittagssonne. Ein dunkler Bergsee erfüllte die Wand, dahinter erhoben sich die Spitzen der bayerischen Alpen –
    »Der Walchensee!« rief Saltner.
    »Das ist schön – so schön gibt es nichts bei uns –«, sagte La.
    »Wartens nur«, rief Saltner, der jetzt alles um sich und beinahe selbst La vergaß. »Es kommt noch schöner. Nun drehens nur langsam!«
    Es war ein wunderbares Wandelpanorama, das sich jetzt entfaltete. Je höher die Gebirgswelt anstieg, um so klarer und reiner wurde die Luft und damit die Schärfe der Bilder. Man betrachtete das Gebirge aus einer Entfernung von neun Kilometern und unter einem Neigungswinkel von annähernd zwanzig Grad, also wie aus einer Höhe von dreitausend Metern, doch so, daß man unter dieser Neigung stets einen Umkreis von zehn Kilometern Durchmesser vor sich hatte, entsprechend einem Flächenraum von achtzig Quadratkilometern. So sah man jetzt gerade den Nordabfall der Karwendelwand vor sich, aber man blickte darüber hinweg auf die dahinterliegenden Gebirgsketten. Alles dies erschien im höchsten Grade plastisch, genau wie ein Relief der Gegend; denn das Fernrohr wirkte durch seine Konstruktion wie ein Stereoskop.
    So schob sich die Gegend nach und nach vor den Blicken der Zuschauer vorüber, als ob dieselben in einem Luftballon schnell darüber hinschwebten. Der Einschnitt des Inntals wurde passiert, und nun leuchteten hell im Sonnenstrahl die Ferner der Ötztaler Alpen.

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