Aufbrach aus der nacht (Liebesromane) (Tagebücher der Dunkelheit: Band 3) (German Edition)
sein Hemd für einen Verband in Streifen riss, glitt Quent mit seiner Hand in Theos Hosentasche und holte sich heimlich die Schockpistole raus, die er in seinem Stiefel verschwinden ließ.
„Ich werde kooperieren, wenn du sie gehen lässt. Er muss medizinisch versorgt werden und glaub mir, sollte er sterben“, sagte Quent zu Seattle, „wird man Jagd auf dich machen.“
„Sehe ich aus, als würd’ ich mich da drum scheren?“, erwiderte Seattle. „Die können Jagd auf mich machen, so viel sie wollen, wer auch immer die sind, aber es wird ihnen nichts nützen.“ Quent konnte das Nääh Nääh Nääh bei Seattles Verhöhnung fast mithören.
Als die Schockpistole bequem an seinem Knöchel anlag, stand Quent auf. „Lass sie gehen und ich spiele brav mit. Falls nicht, werde ich mir den Weg hier raus erkämpfen und du hast rein gar keine Verhandlungsmasse mehr.“
Seattles Gesicht wurde hart, was die Narbe an seinem Kinn noch länger machte, aber er musste kapiert haben, dass er hier keine Wahl hatte. Quents überlegene Kraft und Verhandlungsposition gaben ihm die Oberhand hier. Fürs Erste.
Der Kopfgeldjäger nickte dem breiten Kerl, der Fence in seiner Gewalt hatte, kurz und heftig zu und die Pistole wurde gesenkt. Fence warf Quent einen bedeutungsvollen Blick zu – Wollen wir die Dreckskerle vermöbeln? –, aber Quent schüttelte nur kurz den Kopf.
Theo brauchte Hilfe und es galt keine Zeit zu verlieren. Die Chancen ihn rechtzeitig nach Envy zurückzubringen standen miserabel, aber zumindest könnte Fence es versuchen. Und zumindest würde Lou dann Theo wiedersehen können.
Und außerdem, wenn Seattle vorhatte Quent für ein Kopfgeld – vermutlich bei Fielding – einzutauschen, dann würde das ihn näher ans Ziel bringen: nach Mekka hinein zu gelangen. Und von dort aus könnte er es dann selbst erledigen.
„Ich will, dass die alle hier bleiben“, sagte Quent mit einer Handbewegung zu Seattles Männern. „Während meine Begleiter gehen.“
„Wer hat hier das Sagen?“, sprach der Kopfgeldjäger mit einer Stimme, die sich recht weinerlich anhörte.
„Ich“, sagte Quent mit einem bitterernsten Lächeln zu ihm. Warte erst ab, wenn sie weit genug weg sind. Dann wirst du wirklich sehen, wer hier das Sagen hat. Blöder Wichser.
Fence wartete nicht weiter ab. Er eilte rüber und hob Theo mit seinen wuchtigen Armen mühelos hoch und ging dann in den Wald hinein, wo vermutlich sein Pferd noch stand. Sein letzter Blick zurück zu Quent wünschte diesem Glück und Entschlossenheit.
„Also dann“, sagte Quent ein bisschen später. „Was jetzt?“
„Komm mit mir“, sagte Seattle, jetzt deutlich weniger der Maulheld wie vorher. Als er das bemerkte, spurte einer seiner Handlanger anscheinend nicht schnell genug, denn der Kopfgeldjäger hob seine Waffe und drückte ab. Nicht das geringste Zögern.
Quent drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um den Mann zu Boden fallen zu sehen. Noch so ein Volltreffer. Dieser hier genauso tödlich wie der in Theos Brust.
„Nicht gerade der beste Weg das Personal bei Laune zu halten“, kommentierte Quent trocken.
Jetzt da er wieder klar gemacht hatte, wie groß sein Schwanz war, brüllte Seattle im Kommandoton. „Fesselt ihn.“ Diesmal spurten seine Männer sofort. Zwei von ihnen eilten herbei, um Quents Hände hinter seinem Rücken zusammenzubinden, und er ließ es zu, denn er wusste, das Endergebnis war genau das, was er wollte. Sie klopften ihn ab, überprüften all seine vielen Taschen, aber – dummerweise – nicht seine Stiefel.
Als Nächstes wurde etwas Dunkles und Muffliges grob über seinen Kopf gestülpt und damit war der Startschuss gefallen.
. . .
Was für ein verfickt-beschissener Ort dieses Mekka doch war.
Zoë fühlte sich allein dadurch, dass sie dort in dem engen Raum zwischen zwei Gebäuden stand, schon erdrückt und eingeengt. Und dieses Gefühl hatte nichts damit zu tun, dass sie auf der holprigen Reise über Wasser in einen Behälter mit Wolle eingezwängt gewesen war.
Verfluchtes Schwein, dass sie keinen schwachen Magen hatte. Oder sie hätte gekotzt und den kratzigen, stinkenden Scheiß ganz sicher ruiniert. Sie hoffte nur, dass die dieses Zeug wuschen, bevor sie daraus Kleider machten oder niemand würde das tragen wollen. Und sie würde noch eine Woche nach Schaf stinken.
Die zwei Gebäude erhoben sich rechts und links von ihr, das Weiß davon machte
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