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AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen

AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen

Titel: AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Dueck
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folgten Reorganisationswellen überall:
     
Mitarbeiter bekommen Multijobs, die sie voll auslasten: Wenn kein Kunde kommt, erledigen sie Aufgaben, die auf Stapel liegen und nicht sofort abgearbeitet werden müssen. Der Arbeitgeber teilt die Arbeit eben so ein, dass der Mitarbeiter keine Wartezeiten hat.
Mitarbeiter werden nur noch für die Zeit bezahlt, in der sie ihrem Job nachgehen, oder sie bekommen den Lohn nach der Menge oder Anzahl der erbrachten Leistungen (Flugpersonal, Taxi, Putzdienst, Computerreparatur). Damit lädt der Arbeitgeber das Risiko der Unterauslastung dem Arbeitnehmer auf. Der bekommt einfach kein Geld, wenn keine Kunden kommen.
Man stattet einen Dienstleistungsbereich kalt berechnend mit zu wenig Personal aus, sodass immer viele Kunden warten müssen. In diesem Fall hat das kostenträchtige Personal immer Arbeit am Abfertigungsschalter. Hier trägt der Kunde das Risiko. Das finden wir besonders an Flughäfen, am besten ein paar Mal hintereinander (Einchecken, Sicherheitskontrolle, Passkontrolle etc.). Dort warten hoch bezahlte Geschäftsleute, damit Niedriglohnkräfte nicht warten müssen. Damit die Kunden nicht irgendwann vor Ärger wegbleiben, werden sie periodisch nach ihrer Zufriedenheit befragt, dann lindert man die Not gegebenenfalls etwas, wenn es sein muss. Das heißt »Auslastungsoptimierung«. Oder man »informiert« die wartenden Kunden, wie lange es noch dauert. (»Sie haben jetzt den siebten Platz in der Telefonwarteschleife erreicht.«)
Kunden bekommen Dienstleistungen nur noch nach Terminvereinbarung. Das sehen wir bei Rechtsanwälten, Ärzten, Vermögensberatern, Versicherungsagenten und bald auch im Reisebüro: »Dann haben wir auch wirklich Zeit für Sie, wir sind ganz für Sie da und bereiten uns auf Sie vor, wir bitten um Verständnis.« Dadurch drängt man Kunden in ein Dienstleistungszeitraster, bei dem der Dienstleistende seine volle Auslastung anstreben kann. Wenn sich Löcher im Stundenplan ergeben, sorgt zum Beispiel ein Callcenter für Termine. Sie werden bestimmt öfter von einem Callcenter angerufen: »Ihr Bankberater möchte Sie gerne sprechen.« Da versucht das Callcenter, den Stundenplan für den Bankberater lückenlos voll zu bekommen. Es hat die Funktion der aufdringlichen Marktschreier, die im Urlaub neben dem Speisekarten-Aufsteller eines Restaurants lauern und Leute zum Eintreten auffordern.
Kunden bekommen viel zu knappe Termine, die für die Ausführung ihres Wunsches wahrscheinlich nicht ausreichen. Dadurch vermeidet man Wartezeiten auf den nächsten Kunden, die entstehen, wenn der Kunde zum Beispiel einen Termin für eine halbe Stunde hat, aber schon nach einer Viertelstunde fertig bedient ist. Kennen Sie das von Ihrem Zahnarzt? Der sagt: »Ich habe in der vorgesehenen Stunde nur eine Plombe geschafft, die andere nicht. Ich unterbreche die Behandlung für den nächsten Patienten. Sie müssen daher erneut kommen. Erbitten Sie am Empfang einen Folgetermin.«
     
    Weil die Kundenwünsche mit den Dienstleistenden nicht richtig zusammenpassen, muss ja zwingend irgendwie gewartet werden. Das verursacht Ineffizienz und folglich Kosten. Wer trägt die? Das ist heute eine Machtfrage – natürlich wartet der Ohnmächtige. Wer als Unternehmer zu wenige Kunden hat und in Not ist, umwirbt sie mit seinem eigenen Zeitaufwand (»Ich besuche Sie jederzeit gerne!«). Handwerker mit vollem Auftragsbuch lassen uns betteln kommen. Die Bahn lässt immer uns warten, wir haben gar keine Wahl. In Berufen mit Arbeitslosigkeit werden die Risiken den Mitarbeitern aufgebrummt, die nun kein festes Gehalt mehr bekommen, sondern Abrechnungen über eine Anzahl ihrer Leistungen (also von aufgezogenen Winterreifen, verkauften Bausparverträgen, erfolgreichen Terminvereinbarungen im Callcenter oder für die Zahl der für die Zeitung verfassten Artikel). Wenn der Kunde etwas wirklich sehnsüchtig will, wartet er unter Umständen gerne und auch lange. Er bezahlt sogar für das Warten, denn er kauft Getränke oder Snacks, weil er sich das Warten angenehm machen will. In Vorfreude warten wir bei Ägyptenflügen stundenlang auf den Check-in. Im Disneyland ist Warten eine Halbtagsbeschäftigung. Bei Ausflügen im Ausland darf man oft ein oder zwei Stunden etwas besichtigen oder auf einen Turm steigen, aber viele warten lieber hinter einem Getränk gleich an der Ecke, dass der Bus sie endlich wieder abholt und der Reiseleiter die bleiern lastende Zeit der Selbstständigkeit aufhebt.
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