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AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen

AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen

Titel: AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Dueck
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ließ man möglichst niemanden warten, es war ein Gebot der Höflichkeit. Im Zeitalter der nackten Effizienz aber muss wie an der Börse »der bezahlen, der es eilig hat«.
    Standardisierung, dabei Standardprodukte und Premium trennen
    Wird eine Vollauslastung angestrebt, so entstehen aber auch viele Probleme. »Ich habe weniger Kunden beraten, aber die sind zufriedener.« – »Ich habe wenig kassiert, aber dafür mehr eingeräumt.« – »Ich habe kaum Versicherungen verkauft, aber dafür mehr Zertifikate.« – »Ich habe mir die Zeit genommen, wundervolle Artikel für die Zeitung zu schreiben. Für diese ist die Zeitung anderswo gerühmt worden. Ich will jetzt mehr Geld als das übliche Zeilenhonorar.« – »Ich habe ziemlich lange geputzt, aber dafür ist es jetzt sauber.«
    Kurz: Man kann weniger Kunden bedienen, aber dafür besser. Dieses Faktum führt zu unendlich viel Streit. Deshalb wird in unserer Gesellschaft die Qualität der Dienstleistungen zunehmend genau festgelegt (»Service Level Agreement«). Man vereinbart bei Putzdiensten nicht simples »Saubermachen«, sondern so etwas: »Staubwischen Di + Do, Saugen täglich, Fenster alle 14 Tage, Heizungen abstauben sechs Mal pro Jahr, Toilette Damen alle zwei Stunden, Herren …« Nun kontrolliert man, ob die Dienstleistenden alle Handgriffe genau nach Vertrag erledigten. Von Zeit zu Zeit werden Kundenumfragen durchgeführt. Man entlässt Mitarbeiter, bei denen sich Beschwerden häufen.
    Sind Dienstleistungen nun als objektive Messgrößen in Verträgen vereinbart, müssen sie auch vorher objektiv definiert werden. Zum Beispiel: »Durchführung einer telefonischen Überweisung.« Oder: »Annahme eines Wertpapierkaufauftrags.« Oder: »Urinanalyse auf Bakterien.« Durch diese vertraglichen Vereinbarungen und die dadurch notwendige Leistungsobjektivierung werden Dienstleistungselemente mehr und mehr überall standardisiert. »Staubsaugen in Bochum« ist genauso bundeseinheitlich definiert wie »Staubsaugen in Hockenheim«. Es bilden sich einheitliche Vorstellungen von Dienstleistungen und einheitliche Vertragsnormen.
    Wenn Dienstleistungen aber einheitlich festgelegt sind, weiß man auch, welche Qualifikation ein Mitarbeiter für die jeweilige Arbeit benötigt. Es gibt zu allen Dienstleistungen bald auch Tabellen, wie viel Lohn sie in der Regel kostet (»Fliesenlegen pro qm, Schneidezahnplombe auswechseln, neue Lichtmaschine einbauen«). Für alles gibt es Leistungszahlen und Verrechnungspreise.
    Alle Arbeiten werden nun in kleinere Komponenten aufgeteilt, meist in einen kleinen »kreativen« Expertenteil und einen großen Routineteil. Der teuer bezahlte Arzt versucht, nur noch die Diagnose zu stellen und die Behandlung durch Helfer erfolgen zu lassen (röntgen, professionelle Zahnpflege, Laboruntersuchungen). Professoren denken nach und übergeben die Laborexperimente niedrig bezahlten Doktoranden, die für den späteren Titelerwerb ein Hungergehalt hinnehmen. Der Kfz-Meister riecht kurz am Auto, stellt den Fehler fest und lässt einen Lehrling reparieren. Der Chefberater diskutiert mit dem Auftragnehmer die benötigten Informationen und schickt dann Juniorberater (so heißen dort Lehrlinge) mit Fragebögen los. Die Arbeiten werden konsequent in Hochlohn-, Mittellohn- und Niedriglohnanteile zurechtgeschnitten. Damit wird sichergestellt, dass jeder Mitarbeiter auf seinem Niveau immer ausgelastet ist, also keine Arbeiten tun muss, die ein niedriger Bezahlter auch tun könnte.
    Deshalb werden überall Niedriglohn-Callcenter vor die teure Beratung oder Dienstleistung geschaltet. Nur noch wenig hoch bezahlte Arbeit wird »drinnen« von den eigentlichen Mitarbeitern erledigt. Callcenter schaffen es oft, neunzig Prozent aller Problemfälle selbst in wenigen Sekunden zur Zufriedenheit des Kunden zu lösen. Die teuren Experten sind nur noch für Spezialfälle da. In vielen Banken darf man als Kunde seine früheren Berater gar nicht mehr selbst sprechen, wenn das Anliegen auch vom Callcenter erfolgreich behandelt werden kann. Alles muss billig erledigt werden, soweit das geht!
    Beispiel: »Hallo Callcenter, ich möchte Frau Expert sprechen.« – »Sagen Sie bitte, was Sie von Frau Expert möchten? Ich bin sicher, dass ich selbst Ihnen schon helfen kann.« – »Nein, ich möchte direkt mit Frau Expert sprechen.« – »Das ist nicht erlaubt, nur dann, wenn ich Ihnen nicht selbst helfen kann.« – »Ich möchte hundert Millionen indische Rupien anlegen.« – »Aha,

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