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Aufbruch der Barbaren

Aufbruch der Barbaren

Titel: Aufbruch der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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den Toten reden zu können. Was dieser Edelmann weiß, mag für uns und die Horde sehr wichtig sein!«
    »Ich bewundere deinen Mut, Hordenführer«, sagte Juccru mit blassem Gesicht.
    Die Krieger fingerten unschlüssig an ihren Äxten.
    »Vorwärts!« rief Urgat verärgert. »Wir sind auf einem Kriegszug! Was wollt ihr euren Söhnen und Töchtern erzählen? Daß ihr vor ein paar Erfrorenen Angst hattet?«
    Das verfehlte nicht seine Wirkung. Die Krieger machten sich daran, den Edelmann, der bis zu den Waden im Eis steckte, loszuhacken.
    Sie hatten seine Füße fast aus dem Eis, als ein Windstoß fauchend über den Strom fegte. Die Krieger sahen erschrocken hoch.
    Da barst das Eis unter ihnen. Wie die erstarrten Gestalten um sie es getan hatten, warfen auch sie die Arme hoch, als sie einsanken. Vieren gelang es, sich herumzurollen und das feste Eis zu erreichen. Ein fünfter klammerte sich an eine der Eisgestalten.
    Drei sanken ein, und noch während sie in die plötzliche Bodenlosigkeit fielen, aus der deutlich das Rauschen des Wassers zu hören war, griff eine unirdische Kälte nach ihnen, und ein Schatten fiel über ihre Körper.
    Sie erstarrten in einem Atemzug – in gespenstischer Lautlosigkeit – und reihten sich in die eisumhüllten Krieger, deren glasige, tote Augen mitleidlos beobachteten.
    »Zurück!« brüllte Nottr.
    Er half einem der Krieger, die sich auf das feste Eis retten konnten, auf die Beine und riß ihn zurück in die Sicherheit des Ufers. Urgat packte einen zweiten. Die übrigen beiden stolperten wie gelähmt in die zupackenden Fäuste Nottres, der zurück auf das Eis lief.
    Der eine, der sich an die Eisgestalt geklammert hatte, hing wie erstarrt an ihr. Auf Nottrs Zurufe kam er schließlich so weit zur Besinnung, daß er den Kopf wandte, und sie sahen, daß er noch lebte.
    Doch als er, angespornt durch seine Kameraden, zitternd seinen eisigen Retter losließ und den Boden berührte, klaffte das Eis auf und verschlang ihn bis zur Brust. Ein Panzer von Eis verschloß seinen zum Schrei geöffneten Mund.
    Krieger und Anführer gleichermaßen zogen sich hastig vom Ufer zurück, bis der Schamane sagte: »Ich spüre nichts mehr. Hier ist der Zauber zu Ende.«
    So hielten sie keuchend an und versuchten das Entsetzen zu überwinden, das ihnen tief in die Knochen gefahren war. Sie waren einem schrecklichen Schicksal entronnen. Es war nicht einfach nur der Tod. Den Tod in einer Schlacht fürchteten sie nicht. Aber durch einen Zauber zu sterben, durch die Macht eines Dämons, erfüllte ihre lorvanischen Herzen mit kaum zu bewältigendem Grauen.
*
    Da an eine Überquerung der Furt nicht zu denken war, solange der Zauber anhielt, postierte Nottr ein Dutzend Wachen in sicherer Entfernung, ließ weitere fünfzig Krieger der Vorhut in Sichtweite der Furt lagern und trug ihnen auf, jede Veränderung sofort zu melden. Auch die Krieger, die an der Furt dabeigewesen waren, ließ er zurück, denn eine falsche Bemerkung würde Gerüchte wie ein Lauffeuer durch die Horde schicken.
    Als er mit Urgat und dem Schamanen die Hauptmacht erreichte, bestürmten ihn die Stammeshäuptlinge mit Fragen. Aber es war später Nachmittag, und Nottr konnte ihre Neugier befriedigen, indem er ihnen sagte, daß die Vorhut die Furt erreicht hatte, und daß sie am nächsten Morgen alles für eine Überquerung vorbereiten wollten.
    Sie waren ohnehin dankbar, das Lager einmal früher aufschlagen zu können und mehr Zeit für Opis und Palaver zu haben, als der Ritt es ihnen bisher erlaubt hatte.
    Zudem erfuhr er, daß die größere Distanz, die die Wölfe seit dem Morgen hielten, sich auch auf die Jagd ausgewirkt hatte. Die Jäger waren erfolgreich gewesen, allerdings längst nicht erfolgreich genug, um die Versorgung wirklich in den Griff zu bekommen, auch wenn der Großteil der Horde an diesem Tag weniger hungern würde.
    Die Unpassierbarkeit der Furt bedeutete ein wirkliches Problem, dessen sich wohl nur wenige bewußt waren. Der Weg, den die Horde genommen hatte, würde für Menschen und Tiere für lange Zeit keine Nahrung bieten. Der Trek war wie eine Plage über das Land gerollt und hatte es von Leben leergefegt. Zurück würden sie auf einem anderen Weg reiten müssen, wenn sie nicht verhungern wollten. Die großen Wolfsrudel, die den Trek begleiteten, hatten den Streifen der kahlgefressenen Landschaft so weit verbreitert, daß sie mehrere Tage reiten müßten, um auf unberührtes Land zu stoßen.
    Natürlich kam eine Umkehr nicht in

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