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Auferstehung 2. Band (German Edition)

Auferstehung 2. Band (German Edition)

Titel: Auferstehung 2. Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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Pflanzen geschmückt, mit prächtigen Vorhängen an den Fenstern und einem teuren und geschmacklosen Mobiliar ausgestattet war, wie man es nur bei Leuten sieht, die ohne Mühe und niedrige Mittel allzu schnell reich geworden sind. In dem Wartezimmer fand Nechludoff zehn Klienten, die wie bei einem Zahnarzt traurig an den Tischen saßen, darauf warteten, bis sie an die Reihe kamen, und in der Lektüre alter illustrierter Zeitungen einigen Trost suchten. Doch der Sekretär des Advokaten, der im Hintergründe des Salons an einem imposanten Schreibtisch thronte, erkannte Nechludoff sofort, trat auf ihn zu und sagte ihm, er würde seinen Chef von seiner Anwesenheit unterrichten.
    In demselben Augenblick öffnete sich die Thür von Fajnitzins Zimmer, und man sah den Advokaten heraustreten, der eine äußerst lebhafte Unterhaltung mit einem vierschrötigen jungen Manne mit einem dicken, roten Gesicht fortsetzte, der einen sehr schönen neuen Anzug trug. Seine und Fajnitzins Gesichtszüge zeigten den eigentümlichen Ausdruck, den man auf den Zügen von Männern liest, die eben ein ausgezeichnetes, allerdings nicht sehr sauberes, aber doch ausgezeichnetes Geschäft beendet haben.
    »Das ist Ihre Schuld, Väterchen!« sagte Fajnitzin lächelnd, »Ich möchte gern ins Paradies kommen, aber meine Sünden lassen es nicht zu!«
    »Das ist gut, das ist gut, alter Spaßvogel; man weiß schon, wie es damit steht.«
    Dabei fingen beide affektiert zu lachen an.
    »Ah, Fürst, haben Sie die Güte, einzutreten,« sagte Fajnitzin, als er Nechludoff bemerkte, und führte ihn in sein Arbeitszimmer, das im Gegensatz zu seinem Salon mit strenger Einfachheit ausgestattet war.
    »Legen Sie sich bitte keinen Zwang auf; rauchen Sie ganz nach Belieben,« sagte er, indem er Nechludoff gegenüber Platz nahm und sich bemühte, das Lächeln zu verbergen, das der Gedanke an das eben abgeschlossene gute Geschäft in ihm hervorrief.
    »Ich danke!« versetzte Nechludoff; »ich komme wegen des Falles Maslow ...«
    »Ja, ja, ganz recht! Ach, was sind diese reichen Bürger doch für Hallunken! Sie haben doch eben den Kerl gesehen, der vorhin fortging? Denken Sie sich, er hat zwölf Millionen Kapital! Aber wenn er Ihnen einen Fünfundzwanzigrubelschein abknüpfen kann, dann wird er ihn Ihnen eher mit den Zähnen fortreißen, ehe er ihn Ihnen läßt!«
    Der Advokat sagte das in vertraulichem, scherzhaftem Tone, als wollte er Nechludoff daran erinnern, daß er mit ihm auf gleicher Stufe stand, während er weder mit seinem vorigen Besucher, noch mit denen, die im Salon auf ihn warteten, etwas gemein hatte.
    »Ich bitte Sie um Verzeihung, aber der Kerl hat mich wirklich zu sehr geärgert; ich mußte mein Herz ein bißchen ausschütten,« fuhr er fort, als wollte er sich wegen der Abschweifung entschuldigen. – »Kommen wir jetzt zu unserer Sache! Ich habe die Akten genau studiert. Dieses verdammte Verteidigerchen war ja unter der Kanone! Er hatte sich alle Annullierungsgründe entgehen lassen!«
    »Und was beschließen Sie?«
    »Ich stehe in einer Minute ganz zu Ihrer Verfügung,« – »Sagen Sie ihm,« erklärte er seinem Sekretär, der eben eingetreten war und ihm eine Karte übergeben hatte, »sagen Sie ihm, es wird so geschehen, wie ich gesagt habe; wenn er die Mittel hat, so ist es gut; wenn nicht, geschieht nichts!«
    »Aber er meint, er könne auf Ihre Bedingungen nicht eingehen!«
    »Dann geschieht also nichts,« entgegnete Fajnitzin, und sein so fröhliches und liebenswürdiges Gesicht wurde für einen Augenblick düster und bösartig.
    »Man behauptet, die Advokaten verdienten Geld, ohne etwas zu thun,« sagte er, sich wieder zu Nechludoff wendend, mit diensteifrigem Lächeln, »Denken Sie sich, ich habe einen bösen Schuldner von einem schlimmen Prozeß befreit, den zu verlieren er alle Chancen hatte, und jetzt wenden sich alle seine »Gesinnungsgenossen« an mich! Und wenn Sie wüßten, was mir das für Mühe macht! Ich muß mir doch meinen Lebensunterhalt verdienen! Um aber auf Ihre Sache zurückzukommen, oder vielmehr auf die Sache, die Sie interessiert, so ist sie, wie ich Ihnen sagte, ganz liederlich geführt worden. Gute Gründe zur Annullierung des Urteils habe ich nicht gefunden, aber man kann schließlich immerhin den Versuch machen, welche zu entdecken. Sehen Sie, da habe ich einen Entwurf der Berufung für Sie fertiggestellt.«
    Er nahm ein Papier vom Tische und begann laut zu lesen, wobei er über die juristischen Formeln sehr schnell

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