Auferstehung der Toten
Glaubensbekenntnis erhoben, weil das hat er immer noch gewußt, daß nach der Predigt das Glaubensbekenntnis kommt, so was vergißt du ja nicht. Er selber ist aber immer noch in seiner Büßerhaltung geblieben, irgendwie ist es ihm gemütlich vorgekommen. Kalt war es ja auch in der Kirche, draußen noch warm, aber innen schon saukalt, und wenn du so zusammengekrümmt kauerst, ist natürlich wärmer.
«Ich glaube an Gott», stimmt der Pfarrer an, und dann auch die Gläubigen im Chor:
«den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde,
und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn.»
Viele Gläubige sind es nicht gewesen, nur ein erbärmliches Häuflein, das mit alten, verbrauchten Stimmen das Gebet heruntergeratscht hat:
«Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige katholische Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben. Amen.»
Und dann natürlich ist es dem Brenner wieder so gegangen. Aus der Pubertät hat er das gekannt, aber daß es jetzt immer noch so ist. Das soll jetzt nicht irgendwie ding klingen. Aber jetzt hat ihn wieder diese unglaubliche Geilheit erfaßt. Genau so, wie es ihm früher immer gegangen ist, kaum daß er eine Kirche von innen gesehen hat.
Damals hat er geglaubt, es hängt damit zusammen, daß er in die Messe gehen muß, quasi mit dem Zwang. Aber jetzt trotzdem, obwohl er freiwillig da ist. Oder manchmal hat er auch geglaubt, es hängt mehr mit dem Körper zusammen, Beengtheit, unnatürliche Bewegungslosigkeit, weil in so einer Kirchenbank kniest du ja drinnen wie in einem Schraubstock. Oder er hat es sich mehr psychisch gedacht, quasi die Kirche will den Sex unterdrücken, jetzt wehrt sich die Natur.
Jedenfalls, jetzt ist es wieder soweit gewesen. Dreißig Jahre später, und nicht die geringste Veränderung, das hat der Brenner nicht recht glauben wollen, aber es war so. Kaum daß der Pfarrer mit der Wandlung anfängt. Und wie dann direkt bei der Wandlung die linke Ministrantin mit ihrer Handglocke schellt, das ist gewesen wie bei diesen Hundeexperimenten, ich weiß nicht, ob du das schon einmal gehört hast, da klingelt es immer, wenn der Hund eine Wurst kriegt, und bald ist es soweit, da genügt das Klingeln allein, und dem Hund rinnt schon das Wasser im Mund zusammen. Russische Hunde sind das gewesen.
Und in dem Moment, wo die Ministrantin klingelt und der Pfarrer den Kelch in die Höhe hebt, taucht vor dem Brenner, praktisch geistiges Auge, die junge Lehrerin Kati Engljähringer auf.
Jetzt mußt du wissen, damit du nicht weiß Gott was über den Brenner denkst, daß der immerhin schon ein Dreivierteljahr in Zell allein gelebt hat. Ein Mann im besten Alter, wie man so sagt. Und das mit der Betty, mit der amerikanischen Versicherungsbeamtin, das ist auch schon wieder ein paar Wochen hergewesen.
Außerdem, es hat ihn selber gewundert, aber aus irgendeinem Grund hat er die Betty nie so richtig begehrt. Vielleicht nur, weil es alles zu einfach war, mit den Zimmern nebeneinander. Und wenn er ehrlich war, so richtig gefreut hat es ihn erst im nachhinein, wie er bemerkt hat, daß der Journalist Mandl hinter ihr hergewesen wäre.
«Dies ist mein Leib», hat der Pfarrer jetzt gesagt, und vielleicht ist es auch seine Sex-Predigt gewesen, daß der Brenner jetzt an nichts anderes mehr denken hat können. Auf einmal ist ihm die Engljähringer als die hübscheste Frau vorgekommen, die er in seinem ganzen Leben gesehen hat. Aber unter uns gesagt: Das hat er fast bei jeder Frau gedacht, wenn sie nur dunkelbraune Haare, aber eine milchweiße Haut gehabt hat, so eine durchsichtige, daß man die Sommersprossen nicht sieht, höchstens aus zwei Zentimetern Entfernung.
Aber vielleicht ist es auch nur gewesen, weil der Brenner mit seinen Ermittlungen in diese Zwickmühle geraten ist. Daß er nicht gewußt hat, was er mit dem falschen Alibi des Vergolders anfangen soll. Vielleicht war das der Grund, daß es dem Brenner gegangen ist wie einem Fünfzehnjährigen, also, wenn dich das Leben so richtig aufreibt mit seinem Durcheinander. Und da ist ihm eben die warme weiße Haut der Lehrerin Kati Engljähringer eingefallen. Die hat zuerst ihr Probejahr hier gemacht, und dann ist sie hängengeblieben, oder die Schulbehörde hat sie nicht mehr weggelassen, so um die 27 muß die jetzt auch schon gewesen sein.
Gleich neben dem Kircheneingang sind zwei Telefonzellen, und da hat er sich jetzt die Nummer von der
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