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Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Titel: Aufgebügelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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war.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragt die junge Frau sogar noch mitfühlend. Ich muss ja grausig aussehen.
    »Nein, doch, also eigentlich schon. Alles okay! Bin nur ein bisschen in Eile«, antworte ich und öffne endlich die Tür zu den Damentoiletten.
    Im großen Spiegel über den Waschbecken kann ich gleich sehen, dass mein Gesicht tatsächlich knallrot, meine Wimperntusche verschmiert ist und meine Bluse Schwitzringe aufweist. Ich tupfe mir die Achseln, den Nacken und den Rücken, so gut es mit Einmalhandtüchern eben geht, trocken. Er wird mich ja nicht schon im Flieger antatschen, und wenn wir erst in Venedig, in unserem Palasthotel sind, hüpfe ich schnell unter die Dusche.
    Das Handy klingelt. Ich sehe auf dem Display, dass es Gustav Johannes ist. Wenigstens das – meine Strategie hat gewirkt. Eine Nacht Handyausschalten, und schon meldet sich der kleine, adelige Stinkstiefel. Was nun? Gehe ich dran und erkläre, warum Claudia nicht im Besitz ihres Handys ist, oder lasse ich ihn noch ein bisschen zappeln? Zappeln ist meine Entscheidung. Bei anderen und für andere kann ich unglaublich konsequent sein – ginge es um mich selbst, ich würde garantiert schwächeln und drangehen.
    Nach fünf Minuten Tupfen und Wischen und Make-up-Make-Over bin ich einigermaßen wiederhergestellt. Ich stelle das Handy auf lautlos. Jetzt ganz entspannt bis zum Lufthansa-Business-Check-in-Schalter. Besser keine zu schnellen Bewegungen, obwohl mich der Hitze-Flash ja im Sitzen getroffen hat.

    Schon von weitem sehe ich ihn. Er ist wirklich groß. Und er sieht gut aus – jedenfalls aus der Entfernung und von hinten. Ich ziehe meinen Bauch ein, bemühe mich, cool zu gucken, und schlendere auf ihn zu.
    »Hi, Tom!«, sage ich, und er dreht sich um.
    »Ach, hallo, du musst die Andrea sein, oder?«, fragt er und scannt mich ohne Hemmungen von Kopf bis Fuß.
    »Ja, die müsste ich wohl sein!«, antworte ich und bin direkt ernüchtert. Der hat mich nicht mal sofort erkannt.
    »Ja dann«, sagt er noch und klingt nicht gerade begeistert.
    Kein Kuss zur Begrüßung, keine Umarmung, nicht mal ein Händeschütteln. Ich stehe da wie ein junger Mann bei der Musterung. Werde ich für tauglich befunden oder direkt ausgemustert und nach Hause geschickt? Was für ein unsäglich blödes Gefühl. Ich hätte doch heimfahren sollen!
    »Und freust du dich?«, fragt er da.
    Ich nicke. Meine Güte, ich verhalte mich wie eine Fünfjährige, die zum ersten Mal einem fremden Mann gegenübersteht. Leider sind keine Eltern dabei, hinter denen ich mich verstecken kann. Ich bin doch sonst nicht so dermaßen auf den Mund gefallen!
    »Gut, dann stelle ich dir erst mal die anderen vor«, redet Tom weiter.
    Die anderen? Welche anderen, schießt es mir durch den Kopf und platzt dann aus mir heraus: »Welche anderen?«
    So viel zum romantischen, lauschigen Wochenende.
    »Na ja, das ist eine Makler-Incentive-Reise. Insgesamt vier Kollegen und Begleitung – alle eingeladen vom Verband. Habe ich dir das nicht gesagt?«, informiert mich Rakete.
    »Ne, aber kein Problem. Venedig ist so oder so schön!«, zeige ich mich flexibel.
    »Venedig?« Er guckt, als hätte ich Saturn gesagt. »Wie kommst du denn auf Venedig?«, rätselt er und ergänzt: »Wir fliegen nach Istanbul, neue Märkte erobern und schauen, ob da eine Zusammenarbeit mit den türkischen Kollegen geht. Und weil alle jemanden dabeihaben, wollte ich nicht allein auflaufen.«
    Wie charmant. Es ist ein Schnorrertrip, und ich bin eine Art Lückenbüßer.
    Er scheint zu merken, dass er nicht wirklich freundlich war, und legt versöhnlich den Arm um mich: »Egal! Wie auch immer, wir machen uns ein hammergeiles Wochenende!«
    Er hat tatsächlich geil gesagt! Ich hasse diesen Ausdruck bei erwachsenen Menschen. Geil zu sagen, ist auf akustische Art so in etwa wie ein Ed-Hardy-T-Shirt zu tragen und keinesfalls altersgerecht. Ich schaue mir Rakete gründlich an. Wenigstens an seinem Aussehen gibt es wirklich nichts zu meckern. Ein kantiges, markantes, aber hübsches Gesicht. Faltig, Dreitagebart und graues, gegeltes Haar. Einen Tick zu lang für meinen Geschmack. Groß, mindestens einen Kopf größer als ich, und schlank. Fast schon zu schlank. Er sieht gepflegt aus. Schmalgeschnittener Anzug, Einreiher, dazu T-Shirt und Turnschuhe. Im Haar eine Sonnenbrille. Ja, er ist ein affiger Gockel, aber eindeutig ein Hingucker. Hätte schlimmer sein können, und vielleicht ist ein bisschen Gesellschaft ja auch nett und nimmt

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