Aufgebügelt: Roman (German Edition)
»Nichts! Meinen ganzen Tag hat der mir vermiest. Wahrscheinlich hat er mich schon vergessen.«
»So ein Quatsch«, versuche ich sie zu trösten. »Der ist beleidigt. Männer sind schnell mal beleidigt! Wart ab, der meldet sich schon!«
»Ja, und wenn nicht?«, fragt sie. »Was mache ich dann?«
»Hast du dich bei ihm gemeldet?«, will ich wissen.
»Also eigentlich wollte ich nicht, aber dann habe ich doch kurz geschrieben«, stammelt sie, und an ihrem Tonfall kann ich erkennen, dass sie es bereut.
»Das war nicht so gut! Du weißt doch: Willst du gelten …«
»… mach dich selten«, beendet sie meinen Satz. »Das ist doch Scheiße, altmodische Scheiße. Warum muss ich so was machen?«, will sie wissen.
»Ach, Schätzchen«, antworte ich, »du hast recht und trotzdem nicht recht. Es ist doof, aber so funktioniert es halt. Leider haben sich die Spielregeln in Bezug auf Liebe in den letzten Jahrhunderten nicht sehr verändert. Die Männer übrigens auch nicht! Geh schlafen, er wird sich schon melden. Wenn du willst, kannst du dein Handy bei mir lassen, dann kommst du gar nicht in Versuchung, ständig drauf zu starren oder was zu schreiben!«
Sie guckt erschrocken: »Mein Handy? Ich soll ohne mein Handy ins Bett gehen?«
Sie tut gerade so, als hätte ich gesagt, sie solle auf der Straße schlafen.
Ich nicke: »Ja, oder mache es aus. Der wird sich jedenfalls wundern, und wenn er sieht, dass du auch mal nicht online bist, wird er sich schon bemühen.«
Sie schaut nachdenklich. »Meinst du echt?«, fragt sie mich.
»Es könnte doch gut sein«, sage ich und freue mich, dass wir seit langem mal wieder richtig miteinander sprechen.
Sie zögert noch immer. »Ach was soll’s! Vielleicht schlafe ich dann wirklich besser«, entscheidet sie und drückt mir das Handy in die Hand. »Nicht dran rummachen, Mama! Und nix lesen – versprich’s mir!«, gibt sie mir noch Anweisungen. Sicherheitshalber schaltet sie es aus.
Ich verspreche es und lege es auf meinen Nachtisch.
»Ich hab dich lieb!«, sagt sie, als sie sich zur Tür umdreht.
»Komm mal her, mein Schatz«, antworte ich, stehe auf und nehme sie fest in den Arm. »Ich dich auch – und wie. Wir haben es manchmal schwer miteinander, aber du weißt, lieb habe ich dich immer.«
Ich drücke ihr einen dicken Kuss auf die Wange und sie küsst zurück.
»Uah, du bist ja nackt!«, sagt sie noch, und weg ist sie.
Das war endlich mal wieder einer schöner Tagesausklang. Versöhnlich und liebevoll. Mein Nagellack ist trocken, und ich kuschle mich in mein Bett. Was auch immer da auf mich zukommt morgen, hier zu Hause sind Menschen, die mich lieb haben. Das ist schön, denke ich, stelle meinen Wecker und fühle mich seit langem mal wieder richtig wohl.
3
Ich wache auf, noch bevor der Wecker klingelt. Ich bin aufgeregt und habe unruhig geschlafen. Ich fühle mich wie eine Drittklässlerin vor ihrer ersten Klassenfahrt. Ich springe, ganz gegen mein Langschläfernaturell, sofort aus dem Bett und gehe runter in die Küche. Erst mal einen Kaffee trinken und dann in aller Ruhe alles zusammensuchen. Ich habe Zeit, beruhige ich mich. Ich muss um 7:45 Uhr am Lufthansaschalter stehen. Es langt, wenn ich gegen sieben losfahre. Ich werde mein Auto am Flughafen parken. Das ist zwar teuer, aber immer noch günstiger, als mit dem Taxi zu fahren. Außerdem fahre ich ja mit Sabine zum Wellness, und da würde man ja nicht mit dem Taxi hinfahren – entweder würde ich Sabine abholen oder Sabine mich. Ich muss wenigstens heute Morgen mein Lügenkonstrukt noch irgendwie aufrechterhalten. Leider hat mein Nagellack die Nacht nicht gut überstanden. War doch noch nicht richtig durchgetrocknet. Ebenmäßig ist anders. Er hat eine Art Strichmuster, irgendwie so als hätte jemand meine Fußnägel ausgepeitscht. Ich möchte einmal einen Lack finden, der hält, was er verspricht! Na egal, es wird ja keine eingehende Fußkontrolle geben, und jetzt kann ich es eh nicht mehr ändern. Ob ich doch noch mal schnell drüberpinsele? Aber dann? In meine Pumps? Das Risiko gehe ich mal besser nicht ein. Ich werde den Lack mitnehmen und zwischendrin nachbessern.
»Moin, Andrea!«, begrüßt mich da Rudi.
»Guten Morgen, Rudi. Auch einen Kaffee?«, antworte ich.
»Gern. Musst du net los?«, fragt er.
»Ja, und deshalb wäre es auch nett, wenn du den Kindern was zum Frühstück machen könntest. Ich werd kurz vor sieben fahren.«
Es wäre zu ärgerlich, wenn ich durch einen schnöden Stau meinen Flug
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