Aufgedirndlt
war.
Insbesondere um die Sicherheit der Teilnehmer des Sautrogrennens sorgte sich Kurt Nonnenmacher, denn er selbst hatte als junger Mann mehrmals an diesem Wettkampf teilgenommen, der mit mehr oder minder schwimmfähigen Bottichen ausgetragen wurde. Regelmäßig havarierten die teilnehmenden Teams und drohten zum Hechtfraß zu werden. Nonnenmacher hoffte, dass in diesem Jahr alles gut ausgehen würde und man keinen Sautrogruderer vor dem Tod im Wasser würde retten müssen. Für die Beaufsichtigung des Fackelschwimmens des Tauchvereins hatte er Anne Loop und Sepp Kastner eingeteilt. Schwimmen würde er an diesem Abend sicher nicht mehr müssen. Ein richtig gutes Gefühl hatte er für dieses Seefest!
Wie man sich nur täuschen kann …
Anne Loop hatte den Dienst beim Seefest gerne übernommen, denn der Dienststellenleiter hatte ihr erlaubt, ihre Tochter Lisa auf die Streifengänge mitzunehmen. Und so wohnten die beiden gemeinsam mit Sepp Kastner dem atemberaubenden Auftritt von Hanni Hirlwimmer bei. Wie immer trug er Cowboystiefel zur bayerischen Lederhose, und wie immer riss er die Menschen mit. Das Lied, das er eigens für das diesjährige Seefest komponiert hatte, hieß »Tausendundeine Seenacht«. Es handelte von Romantik, Reichtum und Liebe, eben jenen Dingen, die die Menschen bewegen. Wie gut Hanni Hirlwimmer sein Handwerk verstand, mögen diese beispielhaft aufgeführten Verse illustrieren:
Sei mein Scheich, ich will dich gleich.
Du sollst mich heiraten und ich dein Geld.
Ich will ein Schloss, die ganze Welt.
Ich will tanzen, bis ich glücklich bin und reich.
Viele Nächte, tausendundeine,
will ich mit dir sein und nicht alleine.
Sei mein Held, halt meine Hand,
ich zieh mit dir ins Märchenland.
Dort bin ich Prinzessin,
und zwar nur für dich.
Das wird sich lohnen,
für dich und mich.«
Auch einen Refrain hatte sich Hanni Hirlwimmer ausgedacht, der – dessen war sich der Schlagerbarde sicher – in diesem Sommer jedes Bierzelt zwischen Berchtesgaden und Konstanz in ein Tollhaus der guten Laune verwandeln würde:
Hey, hey, ihr lieben Leute,
wir feiern hier und heute
tausendundeine Nacht,
wir feiern, dass es mächtig kracht,
ja, wir feiern, dass es mächtig kracht.
Der Song war nun nicht ganz das, was Anne Loop sich privat anhörte, aber zumindest Lisa fand das Lied lustig. Sepp Kastner befand, dass der Hirlwimmer es einfach »auf dem Kasten« habe, ja, er verwendete genau dieses Wort, und er erholte sich dank der frischen Luft und der guten Stimmung bis zum abschließenden Feuerwerk wiederganz ordentlich von der Nacht im Zeltlager.
Neben dem eigens für das Fest geschriebenen Lied des einheimischen Schlagerstars war das neue Auto des Bürgermeisters der nördlichsten Seegemeinde ein gern gewähltes Gesprächsthema an den Biertischen. Der Sportwagen, darüber war man sich einig, musste ein Vermögen gekostet haben. Allerdings war in der vergangenen Zeit in der Bürgermeisterfamilie niemand gestorben, weshalb man eine Erbschaft ausschloss und wilde Spekulationen über den plötzlichen Geldsegen anstellte.
Alle Diskussionen wurden aber zur Nebensache, als der Himmel über dem schwarzen, nur von Lampions erleuchteten See in bunte Farben zersprang. Nicht nur das Brillantfeuerwerk, das in diesem Jahr erstmals musikalisch begleitet wurde, war – so die einhellige Meinung sowohl unter den Feiernden als auch unter den verantwortlichen Polizeikräften und Würdenträgern wie Bürgermeistern und Räten – gelungen, nein, das ganze Seefest war das schönste seit vielen Jahren. Nicht einmal das Privatfeuerwerk des Prominenten vom anderen Seeufer, das dieses Mal ein wenig aufschneiderisch und arg lang geraten war, konnte da stören. Der Bernbacher Franz vom Organisationskomitee, der bislang den ganzen Abend nur umhergehetzt war und es vermieden hatte, Alkohol zu trinken, genehmigte sich vor lauter Erleichterung gleich eine ganze Maß auf ex.
Auch Anne war froh, dass das Seefest ohne größere Zwischenfälle abgelaufen war, und brachte nun, so schnell es ging, ihre todmüde Tochter nach Hause und ins Bett. Kastner seinerseits spielte kurz mit dem Gedanken, noch einen Abstecher ins Zeltlager der Hippiemädchen zu machen, doch dann besann er sich und ging lieber nach Hause, wo seine Mutter trotz der späten Stunde schon mit einer heißen Rindfleischbrühe und den üblichen Vorhaltungen auf ihn wartete.
Veit Höllerer fand den Tonfall, in dem ihn der Polizist nach seinem Namen fragte,
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