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Aufgeflogen - Roman

Aufgeflogen - Roman

Titel: Aufgeflogen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Moment sind sie still.
    »Ich war es nicht. Aber was wäre, wenn   …«
    Christoph wagt es nicht, den Satz zu Ende zu sagen.
    Eugenia zuckt die Schultern.
    »Ist es ein Verbrechen, wenn man um sein Leben kämpft? Wenn man sich selbst schützt?«
     
    Christoph steht auf.
    »Ich suche sie. Ich finde sie. Ich helfe ihr.«
    Er korrigiert sich: »Ich helfe euch.«
    Eugenia schüttelt den Kopf.
    »Lass es, Christoph. Du meinst es gut, aber du machst alles nur noch schlimmer. Lass meine Tochter in Ruhe und geh zurück in deine Welt.«
     
    Auf dem Weg mit seinem Roller zurück in die Stadt überlegt er. Hat die Polizei sein Kennzeichen? Suchen sie ihn? Oder nimmt er sich jetzt einfach zu wichtig? Wenn er in Köpenick Geld bei der Bank abhebt, können die das sofort überprüfen? Bringt er sie damit auf die Spur zum Waldhaus? Er weiß es nicht, er kann nicht mehr klar denken.
     
    Es ist Mittag, er hat Hunger, er ist kaputt. Seine Kraft reicht gerade noch, einen Plan zu machen: Geld aus dem Automaten ziehen, ein ordentliches Essen in einer Kneipe in Köpenick. Dann wird er vom alten Handy aus seine Mutter anrufen, sie beschwichtigen, ihr sagen, dass es ihm gut geht. Auch wenn es nicht stimmt. Er will auch wissen, was läuft. Vielleicht war die Polizei noch einmal da, vielleicht weiß sie etwas, was ihm nützen kann. Außerdem spürt er eine ganz große Sehnsucht, mal wieder mit einem Menschen zu sprechen, der ein vollkommen normales Leben führt.
     
    Das Essen schmeckt ihm nicht, aber er hat Hunger. Er ist froh, endlich mal wieder satt zu werden. Die Mahlzeit und das Sitzen machen ihn müde, aber alles ist besser, als abgerissen und hungrig durch die Gegend zu stromern wie ein räudiger Hund.
    Er hätte es ahnen können, er hätte sie beschützen müssen. Das weiß er jetzt. Seine Eifersucht, seine Wut und Enttäuschung, das ist alles lächerlich. DieserMann hat Isabel Gewalt angetan und sie hatte keine Möglichkeit außer Flucht. Aber wohin fliehen, wohin sich retten?
    Er hätte für sie da sein müssen. Er hat versagt.
     
    Ben ist nicht zu erreichen. Klar, der sitzt noch in der Schule. Das hat er vollkommen vergessen. Er spricht auf die Mailbox. Tut so harmlos wie möglich. Dass es ihm gut geht, alles okay. Er ist für ein paar Tage abgetaucht. Würde gern wissen, ob die Polizei bei ihm war, was sie ihn gefragt haben. Wenn er ihn also zurückrufen könnte   …
    Christoph ist nicht sicher, ob Ben sich meldet. Zwar hat er eine große Klappe, aber ob er sich in Schwierigkeiten bringen will? Infos für den flüchtigen Freund der abgetauchten Verdächtigen, die noch dazu illegal hier ist?
     
    Einen Moment zögert Christoph, doch dann ruft er seine Mutter zurück. Bevor sie weiterhin versucht, ihn zu erreichen. Bevor sie sich noch mehr Sorgen macht.
    »Ja?«
    Sie klingt atemlos.
    »Ich bin’s.«
    »Endlich!«
    Keine Vorwürfe, kein böses Wort, nur Erleichterung. Christoph spürt ihre Liebe und ist für einen Momentfroh. Wenigstens ein Mensch, der noch zu ihm hält. »Mama«, sagt er und ihm wird in dem Moment klar, dass er das seit vielen Jahren nicht mehr gesagt hat.
    »Wie geht es dir, Christoph?«
    »Mama, alles okay.«
    »Du willst mir sicher nicht erzählen, wo du bist und was du machst.«
    Doch, er würde es ihr gerne sagen. Aber er weiß, dass es nicht klug ist. Er beißt sich auf die Lippen, damit er nichts Falsches sagt. Er mag gar nicht reden, sie soll das Zittern in seiner Stimme nicht hören, seine Rührung, dass mal jemand ein paar nette Worte für ihn übrig hat nach all dem Stress der letzten Tage.
    »Was kann ich für dich tun, mein Junge?«
    »Sag der Polizei nicht, dass ich angerufen habe.«
    »Sie würden gerne noch einmal mit dir reden.«
    »Ich kann jetzt nicht.«
    »Wann kommst du wieder?«
    »Keine Ahnung.« Er überlegt einen Moment. »Aber hoffentlich bald.«
    »Wie geht es Isabel?«, fragt seine Mutter.
    Er weiß es doch selbst nicht. Er hat keine Ahnung, wo sie sein könnte und was sie macht.
    »Auch wenn es gegen das Gesetz ist und dein Vater mich für diese Bemerkung am liebsten hinter Gitter bringen würde: Ich finde es toll, dass du deine Freundin in dieser Notlage nicht im Stich lässt.«
    »Danke, Mom.«
    Er legt schnell auf, kann nicht mehr sprechen. Er war fast am Ende, aber die Worte seiner Mutter haben ihm die Kraft gegeben, weiter für Isabel und um Isabel zu kämpfen.
    Er wird sie suchen, sie finden, ihr helfen.
     
    Gerade will er auf seinen Roller steigen, als sein zweites Handy

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