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Aufgeflogen - Roman

Aufgeflogen - Roman

Titel: Aufgeflogen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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klingelt. Er lässt seinen Helm und die Tasche fallen, zieht es heraus.
    »Isabel!«
    »Nein, Eugenia.«
    Er bemüht sich, sich die Enttäuschung nicht zu sehr anmerken zu lassen. Hört nicht, wie verzweifelt sie ist.
    »Es war alles umsonst, Christoph. Ich habe alles falsch gemacht, alles, alles.«
    Er kann sie kaum verstehen, so sehr zittert ihre Stimme.
    »Was ist passiert?«
    »Ich habe mein Kind mit in mein Unglück genommen, dabei hätte Isabel ein schönes Leben   …«
    Er denkt, sie redet von der Sache mit Kröger.
    »Wir haben doch beide nichts gemerkt«, versucht er sie zu trösten und hört nur, dass sie gebetsmühlenartig wiederholt: »Alles falsch, alles falsch   …«
    »Eugenia, ich verstehe dich kaum.«
    Sie schnieft, dann hört er sie etwas deutlicher.
    »Johannes hat angerufen.«
    Christoph bekommt Angst. Was hat Bruckner ihr erzählt, dass sie so verzweifelt ist?
    »Isabel ist Deutsche. Weil ihr Vater Deutscher ist.«
    Ein fassungsloser Aufschrei: »Was habe ich meinem Kind nur angetan!«
    Dann legt sie auf. Christoph versucht, sie zu erreichen, aber sie geht nicht mehr ans Handy. Er ruft Bruckner an.
     
    »Mein Anwalt sagt, Isabel hätte die deutsche Staatsbürgerschaft besessen, sobald ich die Vaterschaft anerkannt hätte.«
    Sie wollten das Kind doch gar nicht, will Christoph einwenden, aber Bruckner redet einfach weiter: »Wenn ich gewusst hätte, dass es Isabel gibt, wenn mir Eugenia geschrieben hätte, dass sie nach Deutschland kommen möchte   …«
    »Wenn, wenn, wenn   …« Er schreit es in sein Handy.
    Endlich kann er jemanden beschuldigen, seine Wut abreagieren. Er weiß, dass er pampig ist, dass er unverschämt wird, aber er kann nicht anders, seine Verzweiflung muss raus.
    »Sie sind ins Ausland und haben sich dann einen neuen Namen zugelegt   … Sie wollten doch nicht gefunden werden.«
    Bruckner reagiert gelassen.
    »Ich habe in Spanien gearbeitet und bei der Heirat den Namen meiner Frau angenommen, den Namenihres Vaters, dessen Praxis ich übernommen habe. Daran ist nichts Kriminelles.«
    Christoph muss sich eingestehen, dass Bruckner recht hat. Und er versteht sich selbst nicht. Isabel ist Deutsche. Hat er sich das nicht immer gewünscht? Warum schreit er nun den Mann an, der das alles noch möglich machen kann?
    Bruckner redet weiter: »Eugenia hätte sich an die deutschen Behörden wenden können. Die sind verpflichtet, ihr zu helfen, den Kindsvater zu ermitteln. Sagt mein Anwalt.«
    Christoph wird bitter, stellvertretend für Isabel und Eugenia: »Wer geht denn zu einer Behörde, wenn er illegal im Land ist?«
    »Sie hätte mit Isabel bleiben können. Fast fünfzehn Jahre Illegalität   – völlig umsonst.«
    »Sie ist total verzweifelt«, sagt Christoph nach einem langen Schweigen.
    »Fährst du zu ihr?«
    »Ich glaube, das ist Ihr Job. Ich muss Isabel finden.«
    Erst nach Ende des Gesprächs atmet er tief durch und überlegt.
    Allmählich spürt er zumindest ein bisschen Freude und Erleichterung.
    Jetzt könnte alles gut werden, oder?
    Aber nur, wenn Isabel nicht Krögers Mörderin ist.
    Hoffentlich, hoffentlich hat sie damit nichts zu tun.
    Er muss ihr sagen, was er soeben erfahren hat.

16.   Kapitel
    »Kann ich mich wieder umdrehen?«
    »Ja.«
    Mehmet wendet sich um und sieht ihr dabei zu, wie sie an dem T-Shirt herumzupft, das er ihr mitgebracht hat. Er lächelt.
    »Klar, Esra ist größer als du. Und dicker.«
    »Ich hoffe, du sagst ihr das nicht.«
    Mehmet grinst nur.
    »Danke fürs Leihen. Ich bin froh, dass ich endlich mal was Frisches anziehen kann.«
    »Tut mir leid, dass ich nicht in eure Wohnung rein bin. Aber ich dachte: Wenn die Polizei etwas merkt   …«
    »Bestimmt besser so.« Isabel lächelt ihn zaghaft an.
     
    Sie haben sich für die Umkleideaktion ins Künstlerhaus Bethanien verdrückt. Oben im zweiten Stock, wo leer stehende Ateliers sind. Sie hatten sich im Park getroffen, aber dann hatte es angefangen zu regnen. Keiner hat bemerkt, dass sie die Treppen hinaufgegangen sind, keiner achtet hier auf sie. Sie setzen sich auf die Stufen. Hier können sie ungestört reden. Besser als in jedem Café, besser als auf der Straße. Mehmethat etwas zu essen mitgebracht, auch zu trinken. Isabel schlingt in sich hinein. Sie hat Hunger. Und nur noch sehr wenig Geld. Die Handykarte ist fast leer, der Akku so gut wie alle.
    Sie schickt noch schnell eine SMS an ihre Mutter. Dass es ihr gut geht, dass alles in Ordnung ist.
    Eugenias Antwort wartet sie gar

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