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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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entlangschleiche, springt plötzlich jemand hinter einem Busch hervor und schnappt mich. Mir ist das Herz in die Hosen gerutscht. Ich wollte nur noch verduften.»
    «Was war das für eine Person?»
    «Ganz in Schwarz gekleidet und irgendwas Schwarzes um den Kopf gewickelt. Ich konnte nur die Augen sehen, und die sahen furchtbar aus. Ich konnte nur sagen: ‹Himmel noch mal!› Und sie darauf: ‹Welche willst du?› Mit einer abscheulichen Stimme, wie Kleister. Jedenfalls war das gar nicht schön, auch nicht, was ich erwartet hatte. Ich behaupte ja nicht, daß ich ein braver Junge bin, aber solche Absichten hatte ich da gar nicht. Also sag ich: ‹Nichts da, ich habe nur gewettet, daß ich nicht erwischt werde, aber jetzt bin ich erwischt worden, und nun gehe ich wieder; entschuldigen Sie.› Darauf sagt sie: ‹Ja, geh nur. Hübsche Jungen wie dich ermorden wir hier nämlich und essen ihr Herz.› – ‹Mein Gott, wie unangenehm›, hab ich gesagt. Mir gefiel das ganz und gar nicht.»
    «Denken Sie sich das alles jetzt aus?»
    «Ehrlich, nein. Dann hat sie gemeint: ‹Der andere hatte auch blonde Haare.› – ‹So, wirklich?› hab ich geantwortet. Und dann hat sie noch etwas gesagt, das habe ich aber vergessen – sie schien mir irgendwie so einen hungrigen Blick zu haben, wenn Sie verstehen, was ich meine – jedenfalls war mir das Ganze sehr peinlich und ich habe gesagt: ‹Entschuldigen Sie, ich glaube, ich verziehe mich jetzt lieber›, und hab mich losgerissen (sie hatte ungemein kräftige Hände) und bin wie der Blitz wieder über die Mauer zurück.»
    Harriet sah ihn an, aber er schien vollkommen ernst zu sein.
    «Wie groß war sie?»
    «Ungefähr Ihre Größe, glaube ich, vielleicht auch ein bißchen kleiner. Ehrlich, ich war zu erschrocken, um viel zu sehen. Ich glaube auch nicht, daß ich sie wiedererkennen würde. Sie machte nicht den Eindruck, als ob sie noch jung wäre, aber das ist auch schon alles, was ich Ihnen sagen kann.»
    «Und Sie sagen, Sie haben diese außergewöhnliche Geschichte bisher für sich behalten?»
    «Ja. Klingt gar nicht nach mir, wie? Aber das hatte etwas an sich – ich weiß nicht. Wenn ich das meinen Freunden erzählt hätte, die hätten das zum Brüllen komisch gefunden. Aber das war’s nicht. Darum habe ich nichts gesagt. Irgendwie erschien mir das nicht richtig.»
    «Ich bin froh, daß Sie sich nicht darüber lustig gemacht haben.»
    «Ja, nicht? Der Junge hat doch einen guten Kern. Na ja, das war’s. Fünfundzwanzig, elf, neun; diese elende Karre frißt vielleicht ein Öl und Benzin – aber das tun diese starken Motoren alle. Die Sache mit der Versicherung wird noch peinlich. Bitte, liebe Tante Harriet, muß ich weitermachen? Es deprimiert mich so.»
    «Sie können auch warten, bis ich weg bin, und die Schecks und Umschläge selbst schreiben.»
    «Sklaventreiberin. Ich breche gleich in Tränen aus.»
    «Ich besorge Ihnen ein Taschentuch.»
    «Sie sind die unweiblichste Frau, die ich je kennengelernt habe. Onkel Peter hat mein aufrichtiges Mitgefühl. Sehen Sie sich das an! Neunundsechzig, fünfzehn – laut vorliegender Rechnung; möchte wissen, wofür das alles war.»
    Harriet sagte nichts und stellte weiter Schecks aus.
    «Na, wenigstens scheint in der Buchhandlung nicht viel zusammengekommen zu sein. Lumpige sechs Pfund zwölf.»
    «Nur für einen halben Penny Brot zu dieser unbilligen Menge Sekt.»
    «Haben Sie diese Angewohnheit zu zitieren von Onkel Peter?»
    «Sie brauchen Ihrem Onkel Peter nicht alles in die Schuhe zu schieben.»
    «Müssen Sie’s mir immer reinreiben? Da, für Spirituosen auch so gut wie nichts. Die Trinkerei völlig aufgegeben. Ist das nicht erfreulich? Natürlich läßt mein alter Herr mir mal ein Fläschchen oder zwei zukommen. Hat Ihnen der Niersteiner neulich geschmeckt? Onkel Peter war so freundlich. Wieviel ist noch da?»
    «Noch so einiges.»
    «Oh, mir tut der Arm so weh!»
    «Wenn Sie zu müde sind –»
    «Nein, es geht schon.»
    Eine halbe Stunde später sagte Harriet: «Das ist jetzt alles.»
    «Gott sei Dank! Und jetzt erzählen Sie mir was Schönes.»
    «Nein, ich muß zurück. Unterwegs stecke ich das alles in den Briefkasten.»
    «Sie wollen doch nicht wirklich fort? Auf der Stelle?»
    «Doch, auf der Stelle zurück nach London.»
    «Könnte ich nur mit Ihnen tauschen! Sind Sie im nächsten Trimester wieder hier?»
    «Das weiß ich noch nicht.»
    «Ogottogott! Dann geben Sie mir einen lieben Abschiedskuß.»
    Da Harriet

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