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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Studienanfängern hatte.
    «Wir haben gewettet, was sie hinterher über ihn sagen würden. Die Amerikaner sagten meist: ‹Na, ist das nicht der Inbegriff des englischen Aristokraten?› Aber manche fragten auch: ‹Braucht er dieses Glas im Auge, oder gehört es nur zu seinem Kostüm?›»
    Harriet lachte, denn sie mußte an Miss Schuster-Slatt denken.
    «Nun hör mal –» sagte Mrs. Peake, die eine mitfühlende Seele zu sein schien.
    «Den Vettern vom Lande», fuhr Mr. Peake erbarmungslos fort, «verschlug es jedesmal die Sprache, und man mußte sie bei Buol mit Kaffee und Eis wiederbeleben.»
    «Laßt euch durch mich nicht stören», sagte Peter, von dessen Gesicht man nichts mehr sah als eine knallrote Ohrspitze.
    «Aber du hast dich gut gehalten, Wimsey», sagte Mr. Peake jetzt wohlwollend. «Rank und schlank wie früher. Reicht’s noch für einen Sprint zwischen den Wickets? Ich kann nicht behaupten, daß ich noch viel tauge, höchstens fürs Altherrenspiel, was, Jim? Das kommt von der Ehe – sie macht einen faul und fett. Aber du hast dich nicht verändert, kein bißchen. Keinen Deut. Absolut unverkennbar. Und mit diesen Lümmeln auf dem Fluß hast du völlig recht. Ich hab es satt bis obenhin, daß sie dauernd gegen einen stoßen oder einem ihre Stake vor den Bug setzen. Nicht einmal genügend Anstand, sich zu entschuldigen, haben sie. Finden nur alles urkomisch. Diese dummen Flegel. Und wie einem ihre Grammophone in die Ohren brüllen! Sieh sie dir an. Sieh sie dir doch nur mal an! Da kann dir schon schlecht werden. Wie das Affenhaus im Zoo!»
    «Die edle Nacktheit der Antike?» meinte Harriet.
    «Das meine ich nicht. Ich meine, wie sie an der Stange hochklettern. Sehen Sie mal dieses Mädchen da – Hand über Hand, und hoch mit ihr! Und dann dreht sie sich zum Abstoßen um, als wollte sie einen verstopften Abfluß säubern. Wenn sie nicht aufpaßt, liegt sie gleich drin.»
    «Angezogen ist sie danach», sagte Wimsey.
    «Ich will dir mal was sagen», erklärte Mr. Peake in vertraulichem Ton. «Das ist der eigentliche Grund für ihre Kostümierung. Sie rechnen damit, hineinzufallen. Es ist ja ganz nett, mit messerscharfen Bügelfalten hier aufzukreuzen, aber wenn du dabei über Bord gehst, ist es um so komischer.»
    «Wie wahr! Aber ich glaube, wir versperren die Durchfahrt. Fahren wir lieber weiter. Ich besuche dich demnächst mal, wenn es Mrs. Peake recht ist. Adieu!»
    Die Kähne trennten sich.
    «Mein Gott», sagte Peter, als sie außer Hörweite waren, «es ist schön, alte Freunde wiederzutreffen. Und sehr heilsam.»
    «Ja; aber finden Sie es nicht ein bißchen bedrückend, wenn sie immer noch dieselben Witze machen wie schon vor hundert Jahren?»
    «Und wie! Das ist der große Nachteil, wenn man hier wohnt. Die Umgebung hält einen jung. Zu jung.»
    «Eigentlich ziemlich traurig, nicht?»
    Der Fluß war hier breiter, und wie zur Antwort beugte er das Knie zum Staken, daß der Kahn wippte und das Wasser gurgelnd unter dem Bug hindurchrauschte.
    «Möchten Sie Ihre Jugend noch einmal zurückhaben, Harriet, wenn Sie könnten?»
    «Nicht um alles in der Welt.»
    «Ich auch nicht. Für nichts, was Sie mir geben könnten. Das ist vielleicht übertrieben. Für eines, das Sie mir geben könnten, hätte ich vielleicht doch gern zwanzig Jahre meines Lebens wieder. Aber nicht dieselben zwanzig Jahre. Und wenn ich noch einmal in den Zwanzigern wäre, würde ich mir wohl nicht dasselbe wünschen.»
    «Was macht Sie da so sicher?» fragte Harriet, die plötzlich an Mr. Pomfret und den Proproktor denken muße.
    «Die lebhafte Erinnerung an meine Narreteien … Harriet! Wollen Sie mir etwa sagen, daß nicht alle jungen Männer in den Zwanzigern Narren sind?» Er stand vor ihr, ließ die Stake ins Wasser hängen und sah auf sie hinab; seine hochgezogenen Augenbrauen gaben seinem Gesicht fast etwas Karikaturhaftes.
    «Na, na, na … ich will übrigens nicht hoffen, daß es Saint-George ist. Das gäbe höchst unglückliche familiäre Komplikationen.»
    «Nein, nicht Saint-George.»
    «Hab ich mir schon gedacht; seine Streiche sind nicht so intelligent. Aber irgendwer. Nun, ich weigere mich jedenfalls strikt, erschrocken zu sein, denn Sie haben ihn ja seiner Wege geschickt.»
    «Die Schnelligkeit, mit der Sie Schlüsse ziehen, gefällt mir.»
    «Sie sind unrettbar ehrlich. Wenn Sie irgend etwas Drastisches angestellt hätten, wüßte ich es durch Ihren Brief. Dann hätten Sie nämlich geschrieben: ‹Lieber

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