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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ihre Schulter. «Die Bierkrüge, oder die Zinngefäße, oder die zweifelhafte Truhe mit den echten Woolworthgriffen?»
    «Die Schachfiguren», sagte Harriet. «Sie haben es mir angetan. Ich weiß auch nicht warum. Verwendung habe ich eigentlich nicht dafür. Sie haben mich einfach behext.»
    «‹Den Grund, den keiner kennt, laßt ihn genügen. Was wir erschaun, von unserm Auge wird’s geprüft.› Von etwas besessen zu sein ist ein ausgezeichneter Grund, es besitzen zu wollen.»
    «Ich möchte nur wissen, was sie wohl kosten.»
    «Wenn sie komplett und echt sind, zwischen vierzig und achtzig Pfund.»
    «Zuviel. Wann sind Sie zurückgekommen?»
    «Kurz vor dem Mittagessen. Ich war auf dem Weg zu Ihnen. Haben Sie etwas Bestimmtes vor?»
    «Nein – ich spaziere nur herum. Haben Sie irgend etwas Nützliches entdeckt?»
    «Ich habe England nach einem gewissen Arthur Robinson abgekämmt. Sagt Ihnen der Name etwas?»
    «Überhaupt nichts.»
    «Mir auch nicht. Ich bin an diese Aufgabe mit einer erfrischenden Vorurteilslosigkeit herangegangen. Hat sich im College irgend etwas getan?»
    «Hm, ja. Neulich ist nachts einmal etwas sehr Merkwürdiges passiert. Ich verstehe es nur nicht ganz.»
    «Fahren wir ein bißchen spazieren, und Sie erzählen mir unterwegs davon? Ich habe den Wagen bei mir, und es ist ein schöner Nachmittag.»
    Harriet drehte sich um und sah den Daimler am Straßenrand stehen.
    «O ja, gern.»
    «Wir bummeln ein bißchen durch die Gegend und trinken irgendwo Tee», fügte er förmlich hinzu, während er ihr in den Wagen half.
    «Wie originell, Peter!»
    «Nicht wahr?» Sie fuhren sittsam die dichtbevölkerte High Street hinunter. «Das Wort Tee hat etwas Hypnotisches an sich. Ich lade Sie ein, die Schönheiten der englischen Landschaft zu genießen, mir Ihre Abenteuer zu erzählen und sich die meinen anzuhören, einen Schlachtplan zu entwerfen, wie das Wohlbefinden und der Ruf von zweihundert Menschen zu retten wäre, mich mit Ihrer exklusiven Gesellschaft zu beehren und mir die Illusion des Paradieses zu schenken – und ich tue so, als ob das große Ziel aller Sehnsucht eine Kanne heißes Wasser und ein Tellerchen mit synthetischem Gebäck in der Teestube zur Guten Alten Zeit wäre.»
    «Wenn wir bummeln, bis die Lokale öffnen, können wir auch in einem Dorfgasthaus Käsebrot und Bier bekommen.»
    «Jetzt haben Sie etwas gesagt.
     
    Kristall’ne Bäche, deren Wohlgeschmack
Dem edlen Auge ew’ges Licht verleiht,
Durchfließen silberhell das Paradies
Dem göttlichen Zenokrates zur Freude. »
     
    Harriet fand darauf keine geeignete Antwort; sie beobachtete nur seine Hände, die leicht auf dem Lenkrad lagen. Der Wagen passierte Long Marston, Marston und Elsfield. Kurz daraufbog er in eine Nebenstraße ab, von dort in einen Feldweg und hielt an.
    «Es kommt der Augenblick, da man die fremden Meere der Gedanken nicht länger allein befahren kann. Wollen Sie zuerst erzählen, oder soll ich?»
    «Wer ist Arthur Robinson?»
    «Arthur Robinson ist der Herr, der sich in Sachen Habilitationsschrift so merkwürdig verhalten hat. Er war Magister Artium der Universität York, las von Zeit zu Zeit an verschiedenen Bildungsstätten, bewarb sich um den Lehrstuhl für neuzeitliche Geschichte in York und bekam es dort mit dem ungeheuren Gedächtnis und den detektivischen Fähigkeiten Ihrer Miss de Vine zu tun, die damals Rektorin des Flamborough College war und im Prüfungsausschuß saß. Er war blond, gutaussehend, damals etwa fünfunddreißig Jahre alt, ein angenehmer Mensch und allseits beliebt, allerdings in seiner Karriere ein wenig dadurch behindert, daß er in einer schwachen Stunde die Tochter seiner Zimmerwirtin geheiratet hatte. Nach der unglückseligen Geschichte mit der Habilitationsschrift schied er aus den akademischen Kreisen aus, und man hat nichts mehr von ihm gehört. Zur Zeit seines Verschwindens hatte er eine Tochter von zwei Jahren, und ein zweites Kind war unterwegs. Ich konnte einen früheren Freund von ihm ausfindig machen, der sagte, er habe seit dieser Geschichte auch nichts mehr von Robinson gehört, nehme aber an, daß er ins Ausland gegangen sei und einen anderen Namen angenommen habe. Er verwies mich an einen Mann namens Simpson, der in Nottingham wohne. Ich nahm Simpsons Spur auf und mußte feststellen, daß er voriges Jahr höchst ungelegen verstorben war. Nach London zurückgekehrt, habe ich mehrere Mitarbeiterinnen von Miss Climpsons Büro auf die Suche nach weiteren Freunden und

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