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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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denen man Frauen beibringt, Männerarbeiten zu machen und die Männer zuerst zu bestehlen und dann zu ermorden.»
    Sie wandte sich an die Rektorin.
    «Wissen Sie nicht, was Sie da tun? Ich habe Sie hier schon herumsitzen und über die Arbeitslosigkeit jammern hören – aber Sie sind es doch, Frauen wie Sie sind es doch, die den Männern die Arbeit wegnehmen und ihnen das Herz brechen und ihr Leben kaputtmachen. Kein Wunder, daß Sie selber keine Männer bekommen und jede Frau hassen, die einen bekommt. Gebe Gott, daß Ihnen kein Mann in die Finger fällt, sage ich! Sie würden Ihre eigenen Männer vernichten, wenn Sie welche hätten – nur wegen eines alten Buchs oder Schriftstücks … Ich habe meinen Mann geliebt, und Sie haben ihm das Herz gebrochen. Und wenn er ein Dieb und Mörder gewesen wäre, hätte ich ihn geliebt und zu ihm gehalten. Er wollte diesen alten Papierfetzen nicht einmal stehlen – er hat ihn nur beiseite gebracht. Kein Mensch hatte einen Schaden davon. Dieser Fetzen Papier hätte keinen Mann und keine Frau und kein Kind auf der Welt am Leben erhalten – nicht einmal eine Katze; aber Sie haben ihn deswegen umgebracht.»
    Peter war aufgestanden und hatte sich hinter Miss de Vine gestellt, die Hand an ihrem Puls. Sie schüttelte den Kopf. Unbewegt und unversöhnlich, dachte Harriet; deswegen setzt ihr Puls nicht einen Schlag aus. Die übrigen Kollegiumsmitglieder wirkten nur wie vor den Kopf geschlagen.
    «O nein!» rief Annie, als hätte sie Harriets Gedanken gelesen.
    «Sie fühlt nichts! Keine von Ihnen fühlt überhaupt etwas. Ihr Teufelsweiber – ihr haltet alle zusammen. Ihr habt nur Angst um eure eigene Haut und euern erbärmlichen Ruf. Hab ich euch nicht allen schön Angst gemacht, wie? O Gott, was habe ich gelacht, wenn ich sah, wie ihr euch alle angeschaut habt! Ihr konntet euch ja nicht einmal mehr gegenseitig trauen. Ihr seid euch nur alle darin einig, anständige Frauen und ihre Männer zu hassen. Ich wollte, ich könnte euch allen miteinander den Hals umdrehen. Aber das wäre noch viel zu gut für euch. In Hunger und Elend müßte man euch stürzen, wie uns. In der Gosse möchte ich euch alle liegen sehen. Ja, so hätte ich euch gern gesehen – euch! – verhöhnt und in den Dreck getreten und beschimpft und verachtet, wie wir es waren. Es würde Ihnen guttun, mal Ihr Geld mit Fußbodenschrubben verdienen zu müssen wie ich, und Ihre Hände für etwas Nützliches zu gebrauchen und zum Abschaum der Menschheit ‹Madam› zu sagen … Aber jedenfalls hab ich euch mal zum Zittern gebracht. Ihr konntet nicht einmal herauskriegen, wer es war – dazu reichten eure großartigen Gehirne nicht. Davon steht nämlich nichts in euren Büchern – vom Leben und der Ehe und von Kindern, wie? Nichts von verzweifelten Menschen – von Liebe – oder von Haß oder überhaupt irgend etwas Menschlichem. Ihr seid ahnungslos und dumm und hilflos. Ein Narrenhaufen seid ihr. Überhaupt nichts könnt ihr allein tun. Sogar ihr, ihr dummen alten Hexen – ihr mußtet euch erst einen Mann holen, der euch die Arbeit machte.
    Sie haben ihn hergeholt.» Sie beugte sich mit flammendem Blick über Harriet, als wäre sie am liebsten über sie hergefallen und hätte sie in Stücke gerissen. «Und Sie sind die gemeinste Heuchlerin von der ganzen Brut. Ich weiß, wer Sie sind. Sie hatten einmal einen Liebhaber, und der ist gestorben. Sie haben ihn davongejagt, weil Sie zu stolz waren, ihn zu heiraten. Sie waren seine Geliebte und haben ihn ausgesaugt, aber er war Ihnen nicht gut genug, um Sie zu einer ehrlichen Frau zu machen. Gestorben ist er, weil Sie nicht da waren, um sich um ihn zu kümmern. Wahrscheinlich sagen Sie auch noch, sie hätten ihn geliebt. Sie wissen doch gar nicht, was Liebe heißt. Liebe heißt, daß man mit seinem Mann durch dick und dünn geht und alles auf sich nimmt. Aber Sie nehmen die Männer und benutzen sie und werfen sie wieder weg, wenn Sie die Nase voll von ihnen haben. Die Männer schwirren um Sie herum wie die Wespen ums Marmeladenglas, bis sie hineinfallen und sterben. Was werden Sie mit dem da machen? Sie schicken nach ihm, wenn Sie ihn brauchen, damit er die Dreckarbeit für Sie macht, und dann haben Sie ihn über und jagen ihn wieder davon. Ihm sein Essen zu kochen und seine Sachen zu flicken und seine Kinder zur Welt zu bringen wie eine anständige Frau, dazu haben Sie keine Lust. Sie benutzen ihn nur als Werkzeug, um mich zu zerbrechen. Sie möchten mich im Gefängnis und

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