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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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wenn man ihn erst hinter sich hat. Es tut mir leid, daß ich mich immer in so einem klapprigen Zustand präsentiere. Das tue ich natürlich mit Absicht, um auf mich aufmerksam zu machen und Mitleid zu erregen; ich fürchte nur, das Manöver wird mit der Zeit zu durchsichtig. Möchten Sie einen Likör zum Kaffee, oder einen Cognac? Zwei alte Cognac, James.»
    «Sehr wohl, Mylord. Dies hier wurde unter dem Tisch im Speiseraum gefunden, Madam.»
    «Noch etwas von Ihren verstreuten Besitztümern?» meinte Wimsey, als sie die Postkarte annahm; dann sah er sie erröten und angewidert das Gesicht verziehen. «Was ist?»
    «Nichts», sagte Harriet und steckte das häßliche Gekritzel in ihre Handtasche.
    Er sah sie an.
    «Bekommen Sie so etwas oft?»
    «Was?»
    «Anonymen Dreck?»
    «Jetzt nicht mehr so oft. Ich habe in Oxford so was bekommen. Früher kriegte ich’s mit jeder Post. Machen Sie sich nichts draus, ich bin daran gewöhnt. Ich wünschte nur, ich hätte einen Blick darauf geworfen, bevor ich hierherkam. Es ist garstig von mir, es hier in Ihrem Club herumliegen zu lassen, wo das Personal es lesen kann.»
    «Wie kann man nur so fahrlässig sein! Darf ich’s mal sehen?»
    «Bitte nicht, Peter.»
    «Geben Sie’s mir.»
    Sie gab es ihm, ohne aufzusehen. « Frag mal deinen betitelten Freund, ob er gern Arsen in der Suppe hat. Was hast du ihm denn gegeben, damit er dich rausboxt? »lautete der unschöne Text.
    «Mein Gott, was für eine Schweinerei!» sagte Wimsey erbittert.
    «Das habe ich Ihnen also eingebrockt. Ich hätte es wissen müssen. Es war ja kaum zu hoffen, daß es anders sein würde. Aber Sie haben nie etwas gesagt, und da habe ich mir die Freiheit genommen, selbstsüchtig zu sein.»
    «Was soll’s? Die Folgen sind nun mal so. Da kann man gar nichts machen.»
    «Ich hätte aber so rücksichtsvoll sein können, Sie dem nicht auszusetzen. Sie haben sich ja weiß Gott genug bemüht, mich loszuwerden. Ich glaube, Sie haben sogar jeden denkbaren Hebel angesetzt, um mich aus den Angeln zu heben, außer diesem.»
    «Nun ja, ich wußte doch, wie schrecklich es für Sie wäre. Ich wollte Ihnen nicht weh tun.»
    «Sie wollten mir nicht weh tun?»
    Sie sah ein, daß dies in seinen Ohren vollkommen übergeschnappt klingen mußte.
    «Wirklich, Peter. Ich weiß, daß ich Ihnen schon so ziemlich alles an Häßlichkeiten gesagt habe, was mir einfiel. Aber auch bei mir gibt es Grenzen.» Eine plötzliche Welle von Zorn schwappte über sie. «Mein Gott, denken Sie wirklich so von mir? Glauben Sie, es gibt keine Gemeinheit, zu der ich nicht fähig wäre?»
    «Sie wären völlig im Recht gewesen, wenn Sie mir gesagt hätten, daß ich Ihnen durch meine ständige Aufwartung das Leben erschwere.»
    «So? Sie würden also von mir erwarten, daß ich sage, Sie gefährden meinen guten Ruf, wo es keinen guten Ruf zu gefährden gibt? Ihnen erkläre, daß Sie mich, vielen Dank auch, vor dem Galgen gerettet, aber am Pranger stehengelassen haben? Ihnen sage, mein Name ist Schmutz, aber behandeln Sie ihn bitte wie eine Lilie? So scheinheilig bin ich nun auch wieder nicht.»
    «Verstehe. Bleibt dennoch die häßliche Tatsache, daß ich Ihnen das Leben nur noch ein bißchen bitterer mache. Es war großherzig von Ihnen, das nicht zu sagen.»
    «Warum wollten Sie dieses Ding unbedingt sehen?»
    «Weil ich», sagte er, indem er ein Streichholz anriß und die Flamme an eine Ecke der Postkarte hielt, «zwar durchaus bereit bin, vor Straßenlümmeln mit Pistolen Reißaus zu nehmen, anderem Unheil aber lieber ins Auge blicke.» Er ließ die brennende Karte in den Aschenbecher fallen und zerdrückte die Asche, wobei sie sich an das Briefchen in ihrem Talarärmel erinnert fühlte.
    «Sie haben sich nichts vorzuwerfen – Sie haben es mir nicht gesagt; ich bin von selbst darauf gekommen. Ich gestehe also meine Niederlage ein und werde Lebwohl sagen. Soll ich?»
    Der Kellner brachte die Cognacs. Harriet starrte auf ihre Hände und flocht die Finger ineinander. Peter sah ihr ein paar Minuten zu, dann sagte er sanft:
    «Machen Sie nicht so eine tragische Miene dazu. Der Kaffee wird kalt. Immerhin habe ich ja den Trost, daß ‹Ihr nicht, doch Schicksal mich besiegte›. Meine Eitelkeit bleibt unversehrt, und das ist ja auch schon etwas.»
    «Peter, ich fürchte, ich bin nicht sehr konsequent. Ich war heute abend mit der festen Absicht hierhergekommen, Ihnen zu sagen, Sie sollen es bitte aufgeben. Aber ich will meine Kriege lieber selbst ausfechten.

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