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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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verlobt – einem vom New College –, aber das ist in die Brüche gegangen. Geht mich ja nichts an; aber Sie wissen, wie das ist. Man kennt Leute einmal, und dann kennt man sie auch weiter. So geht’s.»
    «Ja, ich verstehe. Also, Mr. Pomfret, ich lege keinen besonderen Wert darauf, Sie oder Miss Cattermole in Schwierigkeiten zu –»
    «Ich hab doch gewußt, daß Sie ein feiner Kerl sind!» rief Mr. Pomfret.
    « Schreien Sie nicht so – aber so kann das nicht weitergehen. Solche abendlichen Partys darf es nicht mehr geben, und auch keine Mauerbesteigungen mehr. Sie verstehen. Egal mit wem. Das ist nicht fair. Wenn ich mit dieser Geschichte zur Dekanin gehe, kann Ihnen nicht viel passieren, aber Miss Cattermole muß von Glück reden, wenn sie nicht fliegt. Seien Sie doch um Himmels willen nicht so albern. Man kann in Oxford viel größeren Spaß haben, auch ohne sich um Mitternacht mit Studentinnen herumzutreiben.»
    «Das weiß ich ja. Ich finde es auch ziemlich fies, ehrlich.»
    «Warum tun Sie’s denn dann?»
    «Weiß ich nicht. Warum macht man dumme Sachen?»
    «Warum?» meinte Harriet. Sie kamen gerade an der Kapelle vorbei, und Harriet blieb stehen, um dem, was sie zu sagen hatte, Nachdruck zu verleihen. «Ich will Ihnen sagen, warum, Mr. Pomfret. Weil Sie nicht nein sagen können, wenn jemand zu Ihnen sagt, Sie sollen ein Kerl sein. Dieses dumme Wort hat schon mehr Leute ins Unglück gebracht als das ganze übrige Wörterbuch zusammen. Wenn Kerl sein heißt, junge Mädchen zu verleiten, gegen die Vorschriften zu verstoßen und mehr zu trinken, als sie vertragen können, dann sollten Sie zur Abwechslung mal kein Kerl sein, sondern ein Gentleman.»
    «Also hören Sie!» sagte Mr. Pomfret gekränkt.
    «Ich meine das ernst», sagte Harriet.
    «Na ja, ich verstehe schon», meinte Mr. Pomfret, indem er verlegen von einem Fuß auf den andern trat. «Ich will mein Möglichstes tun. Sie waren so ein verdammt feiner K– ich meine, Sie haben sich verhalten wie ein perfekter Gentleman –» er grinste – «und ich will versuchen – großer Gott! Da kommt jemand.»
    Auf dem Gang zwischen Speisesaal und Queen-Elizabeth-Bau näherten sich eilige, pantoffelgedämpfte Schritte.
    Impulsiv wich Harriet zur Seite und drückte die Tür zur Kapelle auf.
    «Da hinein», sagte sie.
    Mr. Pomfret huschte schnell hinter ihr vorbei in die Kapelle. Harriet machte die Tür hinter ihm zu und stellte sich selbst davor. Die Schritte kamen näher und hielten gegenüber dem Portal plötzlich inne. Die Nachtwandlerin stieß einen spitzen Schrei aus.
    «Huuh!»
    «Was gibt’s?» fragte Harriet.
    «Ach, Sie sind es, Miss! Haben Sie mich aber erschreckt! Haben Sie etwas gesehen?»
    « Was gesehen? Wer sind Sie übrigens?»
    «Ich bin Emily, Miss. Ich habe mein Zimmer im Neuen Hof, und ich bin aufgewacht und hab ganz bestimmt eine Männerstimme auf dem Hof gehört, und wie ich hinausschaue, da hab ich ihn gesehen, Miss, ganz deutlich, wie er mit einer von den jungen Damen hier in diese Richtung kam. Und da hab ich mir die Pantoffeln angezogen, Miss …»
    «Hol’s der Kuckuck!» sagte Harriet bei sich. Jetzt sollte ich doch wenigstens die halbe Wahrheit sagen.
    «Das ist in Ordnung, Emily. Es war ein Freund von mir. Er hat mich nach Hause gebracht und wollte unbedingt mal den Neuen Hof im Mondschein sehen. Da sind wir also einmal darüber- und wieder zurückgegangen.»
    (Eine schlechte Ausrede, aber wahrscheinlich weniger verdächtig als glattes Leugnen.)
    «Ach so, Miss. Ja. Entschuldigen Sie. Aber ich werde so nervös von all dem, was hier vorgeht. Und es ist ja auch ungewöhnlich, Miss, wenn Sie entschuldigen, daß ich das sage …»
    «O ja, sehr», antwortete Harriet, indem sie sich langsam in Richtung Neuer Hof in Bewegung setzte, so daß ihr das Hausmädchen wohl oder übel folgen mußte. «Es war dumm von mir, nicht daran zu denken, daß jemand dadurch gestört werden könnte. Morgen früh werde ich es der Dekanin erklären. Es war ganz richtig von Ihnen, herunterzukommen.»
    «Nun, Miss, ich wußte natürlich nicht, wer es war. Und die Dekanin nimmt es so genau. Und wo doch alle diese komischen Dinge passieren …»
    «Ja, das versteht sich. Natürlich. Es tut mir aufrichtig leid, daß ich so gedankenlos war. Der Herr ist aber jetzt fort und wird Sie nicht wieder aufwecken.»
    Emily wirkte nicht ganz überzeugt. Sie gehörte zu den Leuten, die alles dreimal sagen müssen, damit sie es einmal gesagt haben. So blieb sie am

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