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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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kalten Blick zu der unglückseligen Miss Cattermole, bei der es soeben zum Schlimmsten kam.
    «Also, wir haben das jedenfalls auch nicht so gewollt», sagte Mr. Pomfret, indem er den Blick abwendete. «Aber was sollten wir tun? Ihren Portier bestechen zu wollen, ist sinnlos», fügte er treuherzig hinzu. «Das ist schon versucht worden.»
    «So?» meinte Harriet. «Nein, bei Padgett werden Sie kein Glück haben. War sonst noch jemand vom Shrewsbury da?»
    «Ja – Miss Flaxman und Miss Blake. Aber die hatten ordnungsgemäß Ausgang und sind gegen elf wieder gegangen. Da war also alles in Ordnung.»
    «Sie hätten Miss Cattermole mit nach Hause nehmen sollen.»
    «Natürlich», sagte Mr. Pomfret. Er sah finsterer drein denn je. Offenbar, dachte Harriet, wäre es Miss Flaxman gar nicht unrecht, wenn Miss Cattermole Schwierigkeiten bekäme. Miss Blakes Motive waren undurchsichtiger; aber sie war wahrscheinlich nur willensschwach. Harriet faßte in diesem Moment den gänzlich gewissenlosen Entschluß, Miss Cattermole nicht in Schwierigkeiten zu bringen, wenn sie es eben verhindern konnte. Sie ging zu der kraftlos daliegenden Gestalt und richtete sie auf. Miss Cattermole stöhnte zum Steinerweichen. «Sie wird jetzt wieder», sagte Harriet. «Wo hat das dumme Ding sein Zimmer? Wissen Sie das?»
    «Ja, doch, um ehrlich zu sein, ich weiß es», antwortete Mr. Pomfret. «Klingt schlimm, aber bitte – man zeigt sich nun mal gegenseitig die Zimmer, wissen Sie, auch wenn die Vorschriften dagegen sind und so. Es ist irgendwo da drüben, durch diesen Torbogen.»
    Er machte eine unbestimmte Gebärde zum Neuen Hof hin.
    «Gütiger Himmel!» sagte Harriet. «Auch das noch. Sie werden leider mit anfassen müssen. Für mich allein ist sie ein bißchen zu schwer, und wir können sie nicht hier in dieser feuchten Kühle liegen lassen. Wenn uns jemand sieht, werden Sie’s eben durchstehen müssen. Was macht Ihr Fuß?»
    «Besser, danke», sagte Mr. Pomfret. «Ich denke, ich werde das Stückchen schon noch humpeln können. Sie sind übrigens furchtbar anständig.»
    «Los, angefaßt», sagte Harriet grimmig. «Vergeuden Sie keine Zeit mit großen Reden.»
    Miss Cattermole war ein kräftig gebautes junges Mädchen und nicht gerade leicht. Außerdem war sie in einem Zustand völliger Kraftlosigkeit. Für Harriet, behindert durch ihre hohen Absätze, und Mr. Pomfret, dem der verstauchte Knöchel zu schaffen machte, war der Weg über die Höfe alles andere als ein Triumphzug. Auch waren sie ziemlich laut; unter ihren Füßen knirschten Kies und Steine, und die schlaffe Gestalt zwischen ihnen ächzte und stöhnte und ließ die Beine schleifen. Harriet rechnete jeden Augenblick damit, daß irgendwo ein Fenster aufgerissen wurde oder eine aufgeregte Professorin herausgerannt kam und eine Erklärung für Mr. Pomfrets Anwesenheit um diese frühe Morgenstunde verlangen würde. Sie waren sehr erleichtert, als sie endlich den richtigen Eingang fanden und die hilflose Miss Cattermole ins Haus bugsieren konnten.
    «Wie jetzt weiter?» erkundigte Mr. Pomfret sich in heiserem Flüsterton.
    «Ich muß Sie wieder hinauslassen. Ich weiß nicht, wo ihr Zimmer ist, aber ich kann Sie nicht hier im ganzen College herumrennen lassen. Augenblick. Wir laden sie erst mal im nächstbesten Badezimmer ab. Da ist eins. Um die Ecke. Immer sachte.»
    Gehorsam machte Mr. Pomfret sich wieder an die Arbeit.
    «So!» sagte Harriet. Sie legte Miss Cattermole mit dem Rücken auf den Badezimmerboden, zog den Schlüssel aus dem Schloß, kam heraus und schloß die Tür hinter sich ab. «Sie wird dort ein Weilchen bleiben müssen. Jetzt muß ich Sie erst loswerden. Ich glaube nicht, daß uns jemand gesehen hat. Wenn uns auf dem Rückweg jemand begegnet, waren Sie auf Mrs. Hemans Hausball und haben mich nach Hause begleitet. Verstanden? Es wird nicht sehr überzeugend klingen, weil Sie so etwas gar nicht dürften, aber es ist immer noch besser als die Wahrheit.»
    «Ich wünschte nur, ich wäre auf Mrs. Hemans Hausball gewesen», erwiderte der dankbare Mr. Pomfret. «Ich hätte jeden Tanz mit Ihnen getanzt und alle Sondernummern. Könnten Sie mir vielleicht sagen, wer Sie sind?»
    «Ich heiße Vane. Und Sie sollten den Tag nicht vor dem Abend loben. Es geht mir nicht in erster Linie um Ihr Wohl. Kennen Sie Miss Cattermole gut?»
    «Ziemlich. O ja. Natürlich. Ich meine, wir haben viele gemeinsame Bekannte und so. Sie war ja sogar mit einem alten Schulkameraden von mir

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